Zwei „Scout-Fahrer“ in Laufen vor Gericht
Skurrile Wendung im Laufener Gerichtssaal: Von der U-Haft in die Freiheit und andersherum
Zwei Männer, die als Scout-Fahrer für einen Schleuser agierten, standen in Laufen vor Gericht. Einer von ihnen, der bereits in Haft war, wurde freigelassen, während der andere nun ins Gefängnis muss. Was hinter diesem skurrilen Urteil des Amtsgerichts Laufen steckt:
Zill/Laufen – Der Fahrer des Kastenwagens hatte bei winterlichen Temperaturen 13 Syrer ungesichert auf die Ladefläche gepfercht. Ohne Licht und ohne Frischluft hatte er sie von Slowenien in die Bundesrepublik bringen wollen. Doch am Grenzübergang Zill (Landkreis Berchtesgadener Land) war Schluss. Diesen Mann hatte das Laufener Schöffengericht zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Doch dabei spielten auch zwei junge Syrer eine Rolle, die fast zeitgleich als Scout-Fahrer am nahen Grenzübergang Neuhäusl gestoppt wurden. Die beiden standen jetzt in Laufen vor dem Schöffengericht. Skurriles Ende: Jener, der in Hand- und Fußfesseln vorgeführt wurde, verließ den Gerichtssaal als freier Mann, während der von U-Haft Verschonte hinter Gitter wanderte.
Der Verdacht, dass dieser schwarze Mercedes bei Neuhäusl etwas mit der Kastenwagenschleusung beim nahen Zill zu tun hat, hatte sich laut Staatsanwaltschaft erst später aufgedrängt. Die beiden sollten vorausfahrend eigentlich Ausschau nach Polizeikontrollen halten. Vermutlich war ihnen mit dem anderen Grenzübergang ein Fehler passiert. Im Februar dieses Jahres lieferte Österreich die beiden in Wien lebenden Syrer nach Deutschland aus. Handy- und Navigationsdaten konnten gesichert werden, wie ein Beamter der Bundespolizei München berichtete. Sowohl das Fahrzeug mit den 13 Syrern als auch der Scout-Mietwagen waren während der Fahrt von der Straße abgekommen und beschädigt worden.
Skurriles „Handschelle-wechsle-dich“ – Syrer fleht Richter und Staatsanwältin an
Der 24-jährige Familienvater sollte als Fahrer des Scout-Wagens 700 Euro bekommen, der 20-Jährige als Beifahrer 200 Euro. Der soll spontan und kurzfristig eingesprungen sein, nachdem der eigentliche Komplize abgesprungen sein. Was Gericht und Verteidiger verwunderte, war, warum der Haftbefehl des Fahrers außer Vollzug gesetzt worden war, jener des untergeordneten Beifahrers aber nicht. Staatsanwältin Stefanie Grossman erklärte dies mit den Angaben des 24-Jährigen, die erst „den roten Faden“ der ganzen Geschichte erbracht habe. Auch in ihrem Antrag blieb sie dieser Linie treu, indem sie zwar für beide Angeklagte je 20 Monate beantragte, den Familienvater eine Bewährung zugestehen wollte, nicht aber dem 20-jährigen Beifahrer.
Rechtsanwalt Hans Hafner folgte als Verteidiger des 24-Jährigen dieser Linie, in dem er die „enorme Aufklärungshilfe“ seines Mandanten würdigte. „Es wäre das falsche Signal, würde so was nicht belohnt“, meinte Hafner, schließlich liefen nun Ermittlungen gegen den Auftraggeber. Wahlverteidiger Raphael Botor wunderte sich über „die Spielchen“ der Staatsanwaltschaft, denn die Planungen seien eindeutig über den 24-Jährigen gelaufen, der aber sei auf freien Fuß gekommen, während sein Mandant als „nur Beifahrer“ ohne jegliche Kenntnisse in U-Haft habe bleiben müssen. Im Übrigen hätte man für die Ermittlungen nicht sechs Monate brauchen müssen, denn von Mercedes habe er alle Fahrzeug- und Ortsdaten binnen zweier Wochen erhalten. Sein Mandant müsse „definitiv Bewährung“ bekommen. Unverständnis über die Staatsanwaltschaft äußerte auch Pflichtverteidigerin Katharina Pilsel: „Den unterschiedlichen Zeitpunkt der Geständnisse so unterschiedlich zu gewichten …“
So sahen es auch die drei Richter. „Die Aussage des 24-Jährigen hatte nicht den wesentlich großen Wert, der eine Aussetzung der U-Haft rechtfertigte“, erklärte Vorsitzender Martin Forster, während der 20-Jährige „mit seiner völlig untergeordneten Rolle“ hinter Gitter habe bleiben müssen. Und so entschied das Gericht genau andersrum: Der 24-jährige Fahrer muss für 26 Monate hinter Gitter, während die 20 Monate für den Beifahrer auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden.
„Des hamma ja nu nia g’habt“, reagierte einer der begleitenden Polizeibeamten auf den Umstand, dass sie nun die Hand- und Fußfesseln von einem zum anderen wechseln mussten und in der Haftanstalt explizit darauf verweisen, dass sie nun einen anderen mitbrächten. Dieser andere, der 24-jährige Familienvater, zeigte sich entsetzt, flehte zunächst den Vorsitzenden, dann die Staatsanwältin um Gnade an. Vergeblich. Eines wollte Martin Forster in der Verhandlung nicht unerwähnt lassen: „Praktisch alle Schleuser berufen sich hier auf Geldnot als Motiv, aber ein jeder besitzt ein teures I-Phone.“ Die Mobiltelefone aber werden als Tatmittel obligatorisch eingezogen. (hhö)