Unmut über Bürgerinitiative
Mögliches Aus für Reha-Klinik Reiter Alm in Ainring – Kommen nun Flüchtlinge?
So hatten sich die Gegner der geplanten psychosomatischen Reha-Klinik an der Reiter Alm das wohl nicht gedacht: Sollte nämlich der Investor vom Kaufvertrag zurücktreten, wird es keine Wiederbelebung der Gastronomie geben. Stattdessen könnten Flüchtlinge in das Objekt einziehen. Ein Besichtigungstermin steht laut Rechtsanwalt Starke schon fest. Auch macht er seinem Unmut über die Bürgerinitiative deutlich Luft.
Ainring – „Ich habe nächste Woche ein Meeting mit dem Landratsamt vor Ort. Dann wird geschaut, ob die Räumlichkeiten geeignet sind und ob ein attraktives Angebot kommt“, erklärt Rechtsanwalt Frank C. Starke über die mögliche Zukunft der Reiter Alm. Sein Mandant ist der Eigentümer der Immobilie, Paul Haslauer. „Das Objekt wurde dem Landkreis angeboten, es gibt noch keine konkreten Pläne für eine Nutzung als Flüchtlingsunterkunft“, bestätigt auch das Landratsamt auf Anfrage.
Zum Hintergrund
Eigentlich sollte auf der Reiter Alm eine psychosomatische Reha-Klinik entstehen. Im Oktober 2022 gab der Gemeinderat mit deutlicher Mehrheit die Zustimmung zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Januar 2023 folgte eine Infoveranstaltung. Damals wurde das Projekt den Bürgern ausführlich vorgestellt. Doch es formierte sich Widerstand. Die „Bürgerinitiative zum Schutz des Ainringer Högls“ , wie sie sich inzwischen nennt, sammelte Unterschriften. Sprecherin Gabriele Noreisch legte Bürgermeister Martin Öttl im Februar einen Bürgerantrag mit über 1500 Unterschriften gegen die geplante psychosomatische Klinik vor. Öttl schlug daher ein Ratsbegehren vor. Im Oktober soll voraussichtlich der Bürgerentscheid zum Thema Reiter Alm stattfinden.
Rücktrittsklausel ermöglicht Ende des Projekts
Doch die Reha-Klinik könnte noch vor dem Bürgerentscheid komplett über den Haufen geworfen werden. Der Investor, die Firma Brüderl aus Traunreut, kann laut Starke noch bis November vom Kaufvertrag mit Haslauer zurücktreten. Geschehen ist dies zwar noch nicht, aber „Brüderl spielt mit dem Gedanken. Das ist auch ein absolut realistisches Szenario“, betont der Rechtsanwalt.
Die Firma Brüderl äußert sich auf Anfage jedoch zurückhaltend: Die Gruppe sei aktuell noch nicht Eigentümer des Standorts, „da der Kaufvertrag mit aufschiebender Bedingung gekoppelt an ein Baurecht für eine psychosomatische Reha-Klinik beurkundet wurde. Weiters liegt unser Interesse nach wie vor ausschließlich darin, die Reha-Klinik zu realisieren.“ In jegliche Überlegungen des Eigentümers Haslauer zu alternativen Nutzungen des Standorts sei Brüderl nicht involviert.
Ärger wegen Zeitverzug und Bürgerinitiative
Im Telefonat zeigt sich Starke sehr verärgert – zum einen wegen des Zeitverzugs. „Ein Bebauungsplan hat 14 Stufen. Wir sind immer noch auf Stufe eins, nämlich beim Aufstellungsbeschluss.“ Würde es nach dem Bürgerentscheid im Oktober mit dem Bebauungsplan weitergehen, würde dieser ein weiteres Dreivierteljahr in Anspruch nehmen, „und zum Schluss wird der dann von Frau Noreisch noch einmal angegriffen.“ Während der vergangenen zwei Jahre seien die Baukosten gestiegen. Das Ärzteteam stehe schon seit langer Zeit fest und nun herrsche nur noch Unruhe. „Seit 1. Januar erhält Herr Haslauer keine Pacht mehr. Sollen wir noch fünf Jahre warten?“
Zum anderen macht Starke seinem Unmut über die Bürgerinitiative Luft. „Wir haben das Gespräch gesucht, auch einen Tag der offenen Tür angeboten.“ Doch nie sei von Seiten der Bürgerinitiative etwas angenommen worden. Dabei sei sehr nachhaltig geplant worden. „Das neue Gästehaus kommt in den Hang, der Verkehr durch die Tiefgarage von der Straße. Da passiert überhaupt nichts Schädliches. Das ist ein Leuchtturmprojekt. Es entstehen Arbeitsplätze. Auch an der Kassenzulassung war Brüderl dran.“
Der Investor habe eine intensive Vorplanung geleistet. Starke schätzt aufgrund ähnlicher Projekte, die er kennt, dass an die 300.000 Euro in die Hand genommen wurden, unter anderem auch für Gutachten bezüglich des Grundwassers, der Bodenbeschaffenheit und für die Artenschutzprüfung. „Das alles wird von der Bürgerinitiative mit Lügen abgeschossen. Ich vermute, dass da Wahlkampf betrieben wird. Man vernichtet aber damit ein Invest von 40 Millionen Euro.“ Traurig ist für den Rechtsanwalt vor allem, dass so weniger Menschen, die zum Beispiel an Burnout leiden, geholfen werden kann. „Versuchen Sie doch mal, in einer Klinik an einen Termin zu kommen.“
Flüchtlinge als einzige Alternative
Sollte Brüderl die Reißleine ziehen, ist das Projekt tot. Die Bürgerinitiative hatte den Wunsch geäußert, die Reiter Alm weiterhin gastronomisch zu nutzen. Das hält Starke für unrealistisch. Die bisherige Nutzung habe sich nicht bewährt und „mit einem großen Fünf-Sterne-Hotel wäre da oben wirklich was los.“ Die ehemalige Pächterin sei auch nicht wie behauptet vor die Türe gesetzt worden, sondern habe schon lange zuvor Bescheid gewusst. Die Überlegung, Flüchtlinge in die Reiter Alm einzuquartieren, sei dabei jedoch keineswegs eine Trotzreaktion, betont Starke.
Um das Projekt der Reha-Klinik noch retten und damit eine Flüchtlingsunterkunft verhindern zu können, schlägt Starke zwei Dinge vor: Die Gemeinde soll den Bebauungsplan verbindlich bis 31. Dezember zusichern und die Bürgerinitiative soll eingestehen, einen Fehler gemacht zu haben. Die Bürgerinitiative will hingegen abwarten, welche Fakten vom Investor und Eigentümer geschaffen werden. „Für uns gilt der eingeschlagene Weg des Ratsbegehrens, solange keine anders lautende Beschlusslage aus der Gemeinde vorliegt“, erklärt Gabriele Noreisch auf Anfrage.
Wenig Möglichkeiten, eine Flüchtlingsunterkunft zu verhindern
Die Gemeinde sei von den aktuellen Entwicklungen überrascht worden, erklärt Bürgermeister Martin Öttl. „Wir bedauern diese Entwicklung sehr und wir werden in den kommenden Tagen versuchen, Gründe dafür von allen Beteiligten in Erfahrung zu bringen. Weder vom Eigentümer Haslauer, noch von der planenden Familie Brüderl gab es diesbezüglich Informationen an die Gemeinde.“
Öttl weiter: „Ich werde im Rahmen meiner Möglichkeiten alles dafür tun, dass es zu keiner Nutzung der Reiter Alm als Flüchtlingsunterkunft kommt. Ich möchte aber keine großen Hoffnungen wecken, denn unsere rechtlichen Möglichkeiten gegen diese Form der Nutzung sind sehr beschränkt.“ Grundsätzlich schließt nämlich das Landratsamt die Mietverträge mit den Eigentümern ab. In der nächsten Gemeinderatssitzung am 23. Juli soll laut Tagesordnung der Bürgerentscheid auf den Weg gebracht werden. (mf)