Neues Ladenschlussgesetz? Leser diskutieren
Ladenschluss in Bayern: „Nicht mehr zeitgemäß” contra „Arbeiten eh schon am Limit”
Längere Ladenöffnungszeiten in Bayern - Sie stehen aktuell wieder zur Diskussion, denn die Staatsregierung plant eine kleine Reform. Und so stellt sich einmal mehr die Frage: Sollte Bayern längere Öffnungszeiten zulassen? Unsere Leser sind da geteilter Meinung.
Am freien Sonntag gemütlich zum Shoppen gehen oder spät abends noch zum Einkaufen in den Supermarkt? In vielen Bundesländern ist das seit mehr als 15 Jahren möglich. Nur in Bayern und im Saarland nicht.
Warum? Bayern hält nach wie vor am Ladenschlussgesetz des Bundes aus dem Jahr 1956 fest. Eigentlich ist der Ladenschluss bereits seit 2006 Ländersache - diese Tatsache wurde von vielen Ländern genutzt, um die Öffnungszeiten zu reformieren -, aber weil sich Bayerns Regierungspartei CSU nicht auf eine neue Gesetzgebung einigen konnte, blieb sie einfach beim alten Modell.
Bayern hat also kein eigenes Ladenschlussgesetz, weshalb das Gesetz des Bundes gilt. Dieses sieht vor, dass Ladengeschäfte sonn- und feiertags geschlossen bleiben sowie montags bis samstags frühestens um 6 Uhr aufsperren und ab 20 Uhr wieder geschlossen sein müssen. Einzelne Ausnahmen gibt es für spezielle Gewerbe wie Bäckereien und Tankstellen, sowie für bestimmte örtliche Gegebenheiten.
Bayerische Regierung plant „Reförmchen”
Knapp 18 Jahre nach dem ersten Versuch möchte die bayerische Staatsregierung jetzt einen neuen Anlauf zur Reform des Ladenschlussgesetzes starten. Zumindest wenn es nach dem Willen von Sozialministerin Ulrike Schwarz (CSU) geht.
Allerdings fällt die geplante Reform eher klein aus: Generell sollen die Öffnungszeiten nicht verlängert werden, es bleibt also beim Ladenschluss um 20 Uhr. Auch sonn- und feiertags sollen die Geschäfte geschlossen bleiben. Aber: Es soll die Möglichkeit für mehr lange Einkaufsnächte geschaffen werden - genauer gesagt geht es um eine Erhöhung von einer auf vier mögliche Einkaufsnächte pro Kommune.
Außerdem soll der Betrieb sogenannter „digitaler Kleinstsupermärkte“ rechtlich klar geregelt werden. Das sind Läden mit maximal 100 Quadratmetern, in denen die Kunden ihre Waren selbst scannen. Diese dürfen bereits jetzt von Montag bis Samstag, mit Ausnahmegenehmigung auch am Sonntag, rund um die Uhr geöffnet sein.
Bei der Öffnungszeiten-Debatte gehen die Meinungen weit auseinander - Das sind Eure Leserbriefe
Während sich die Politik an eine grundlegende Reform nicht herantraut, wird das Thema in der Gesellschaft heiß diskutiert. Während sich einige Bürger längere Ladenöffnungszeiten sowie ein Einkaufen an Sonn- und Feiertagen wünschen, sind andere strikt gegen entsprechende Änderungen. Diese Spaltung spiegelt sich auch in den vielen Zuschriften wider, die unsere Redaktion erreicht haben:
Armin Nowak
Das Ladenschlussgesetz ist nicht mehr zeitgemäß. Ausnahmen müssen zulässig sein. Sonst ist es vorbei mit Lederhose und Laptop. Das Übel muss an der Wurzel angepackt werden. Bayern hat als einziges Bundesland kein eigenes Ladenschlussgesetz. Hier gilt noch das alte Bundesgesetz zusammen mit der bayerischen „Ladenschlussverordnung“. Logik, der gesunde Menschenverstand und Freiheiten kommen zu kurz. Der volljährige Bürger wird entmündigt. Die Unternehmer und Ladenbesitzer wissen selbst, wann es sich lohnt zu öffnen und wann man lieber den Laden geschlossen hält. Die Annahme, gerade kleinere Geschäfte könnten ohne Ladenschluss nicht überleben, ist ein Ammenmärchen. Wenn schon keine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten möglich ist, wäre zumindest eine Entbürokratisierung wünschenswert, ja sogar fast notwendig. Hier könnten gerade für touristisch geprägte Gemeinden Ausnahmeregelungen geschaffen werden. Generell verschiebt sich heutzutage der Einkauf außerhalb des Ladenschlusses auf das Internet oder die Tankstelle. Zahlreiche Arbeitnehmer und Urlauber sind nur unter Zeitdruck in der Lage, ihre Einkäufe zu tätigen. Nischen-Läden mit besonderen Aktionen wie beispielsweise „Vollmond-Einkauf“ werden komplett ausgebremst. Setzen wir den Ladenschluss aus, ist mit Wirtschaftswachstum zu rechnen. Darunter würde das Personal in Fremdenverkehrsorten nicht leiden. Die Arbeitsgesetze und damit Arbeitshöchstzeiten blieben nach wie vor bestehen. Überleben wird nur, wer sich den Wünschen der Kunden anpasst. Gesetzliche Regeln haben nur dort einen Sinn, wo öffentliche Angelegenheiten zum Nutzen aller betroffen sind. Einkauf, Gottesdienst oder Müßiggang muss der Gesetzgeber nicht vorschreiben. Daher wird es Zeit, dass in Bayern endlich ein eigenes modernes und zeitgemäßes Ladenschlussgesetz geschaffen wird.
Melanie Marchner
Das brauchen wir nicht. Die Verkäufer und Verkäuferinnen tun jetzt schon ihr Bestes. Noch mehr muss doch gar nicht sein. Es sollte doch auch noch familienfreundlich sein, sonst übt wohl keiner mehr diesen Job gerne aus oder überhaupt aus!!!
Thomas Miller
Also ich bin fassungslos über die Diskussion, dass die Läden noch länger geöffnet haben sollen. Na klar ist es auch für mich praktisch, mal um kurz vor acht noch beim Rewe eine Flasche Rotwein oder sonst was zu kaufen, aber wenn es diese Möglichkeit nicht mehr gibt, dann liegt es an mir, mein Zeitmanagement zu überdenken. Der Personalmangel ist im Einzelhandel an allen Ecken sichtbar und nun wird ernsthaft darüber diskutiert, die Läden noch länger offen zu halten? Und der Vorschlag, es den Läden selbst zu überlassen, ist auch Käse, denn was wird passieren, wenn Edeka bis 22 Uhr offen hat? Richtig, Rewe bald auch. Am besten noch den Abholservice und den Postschalter mit dazu. Und in ein paar Jahren kommt die große Verwunderung, wenn wirklich niemand mehr diesen Job machen will.
Anita Wellmann
Ich arbeite im Lebensmitteleinzelhandel als Kassiererin in Vollzeitbeschäftigung. Mit dem Lohn kommt man jetzt schon kaum um die Runden. An Tagen vor Ostern oder Weihnachten habe ich keinen einzigen zusätzlichen freien Tag. Wir arbeiten dann am Limit. Das sieht leider keiner. Und wir verdienen lange nicht so viel, wie die Bahn-Mitarbeiter. Außerdem ist unser Laden bei keiner Gewerkschaft dabei, das heißt, wir können nicht mal streiken. Und dann sollen wir auch noch rund um die Uhr arbeiten?! Dann höre ich auf zu arbeiten oder reduziere. Ich liebe meinen Beruf, habe vor 40 Jahren als Verkäuferin angefangen, doch nun ist es gut. Damals bekamen wir wenigstens noch einen Abendzuschlag, den gibt es auch nicht mehr, da bis 20 Uhr arbeiten ja normal ist. Von Wertschätzung nicht zu sprechen. Man sollte die Leute so bezahlen, dass sie davon wenigstens leben können und ihnen nicht noch mehr aufbürden, da in diesem Beruf eh schon keiner mehr arbeiten will.
Dorothea Hitzler
Nein, die Öffnungszeiten von 7 bis 20 Uhr an 6 Tagen müssen ausreichen. Das ist mehr als kundenfreundlich. Man muss auch aufs Personal Rücksicht nehmen, mehr Personal zu finden wird damit nicht gerade besser. Wer es zu den heutigen Öffnungszeiten nicht schafft, einzukaufen, sollte seine Zeit besser organisieren. Punkt
Marco Lenz
Ich verstehe zwar sämtliche Argumente, aber ich muss sagen, dass diese Diskussion total überflüssig ist! Es soll doch bitte jeder Betreiber für sich entscheiden dürfen, ob und wie lange er geöffnet hat! Ob es dann klappt, entscheiden die Käufer selbst und in Anbetracht der Konkurrenz aus dem Internet ist dieser Schritt schon lange überfällig!!!
Schickt uns Eure Leserbriefe!
Wie steht Ihr zum Thema Ladenöffnungszeiten? Würdet Ihr gerne auch am Sonntag zum Shoppen gehen und spät abends noch zum Einkaufen in den Supermarkt? Oder findet Ihr, dass der bayerische Sonderweg der richtige ist und die Ladenöffnungszeiten nicht ausgeweitet werden sollten? Vielleicht besitzt Ihr ja auch selbst einen Laden oder arbeitet im Einzelhandel … Schickt uns Eure Meinungen an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort Ladenschluss) mit Eurem Namen und Eurem Wohnort und am besten noch mit einem Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel.
Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.
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