Bauern fordern: Der Bär muss wieder weg
Bär reißt Schafe in Oberbayern: Almbauern besorgt – Kinder gehen nicht mehr zu Fuß zur Schule
Nachdem ein Bär mehrere Schafe in Oberaudorf (Landkreis Rosenheim) gerissen hat, ist die Verunsicherung auf der Alm groß. Ein Almbauer berichtet von den Sorgen.
Oberaudorf – Auf dem Waldweg zwischen Bichlersee und Wildbarren, oberhalb von Oberaudorf, hat Sepp Hoheneder Spurensuche betrieben. Der Revierjäger war am Montag dorthin gerufen worden – wegen einiger großer Prankenabdrücke im Schnee. „Ich hoffte, vielleicht auch Haare zu entdecken“, sagt Hoheneder, und Kot, eine Losung. „Doch da war nichts, aber ich dachte, das wird eine spannende Geschichte, wie das weitergeht.“
Nach Schafs-Rissen durch Bär: Angst herrscht bei Almbauern
Denn es war wohl ein Bär hier. Das bestätigte sich am Mittwoch auf grausame Art: Einen Kilometer Luftlinie entfernt, an der südlichen Flanke des Wildbarrens, trauerte eine Almbäuerin um zwei ihrer Schafe, ein weiteres Tier überlebte einen Angriff schwer verletzt, der Rest der Herde suchte Schutz im Wald. Wie befürchtet, ist das Raubtier, der große Beutegreifer, nun in Oberbayern angekommen. Und sorgt für Angst im Tal und auf den Almen. Gerade jetzt, wo sich die Ausflugsorte für die Wander-Saison rüsten und die Almbauern das Vieh bald auftreiben müssen, „im Tal sind doch die Heuschober leer“, sagt Sepp Kern (60).
Und er berichtet von einem Treffen der Almbauern am Mittwoch, das zufällig mit der Bärenbestätigung zusammenfiel. Kern ist Bezirksalmbauer für Oberaudorf/Kiefersfelden des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern und er bestellt das Obere Arzmoos im Sudelfeldgebiet. Auf den bald saftigen Wiesen sollen ab Mitte Mai Kühe, Jungvieh, Ziegen und sogar Pferde einen friedvollen Almsommer erleben, in herrlicher Natur. Doch der Bär wirbelt den seit Epochen gegebenen Zeitplan durcheinander.
Für die Bauern ist klar: Der Bär muss wieder weg
Kern: „Das ist ein großes Ding. Es herrscht deswegen eine Riesen-Verunsicherung bei den Almbauern.“ Selbst Existenzängste seien plötzlich unter den Leuten spürbar. Und auch sonst sei in den Talorten die Stimmung nach den Rissen generell schlecht.„D’Leid frog’n scho, ,Wos ist denn da los?‘“
Für die Almbauern im südlichen Kreis Rosenheim gibt es nur eine Lösung, und die sollte sich lieber heute als morgen finden lassen: Der Bär muss wieder weg, egal wie: betäuben, einfangen, entnehmen – also Abschuss. Und dabei ist die gesamte Almwirtschaft nur ein Aspekt wegen des Auftauchens des Tiers. Die Leute zwischen Bayrischzell, Oberaudorf und Kiefersfelden, auf dem Sudelfeld und am Tatzelwurm sorgen sich um die Kinder.
Eltern lassen Kinder nicht mehr zur Schule laufen
Rund 20 dürften es sein, die allein im Verantwortungsbereich von Sepp Kern am Berg ihre Heimat haben: „Bis zum Auftauchen des Bären sind diese Kinder alle zu Fuß zum Schulbus gegangen. Einige sogar zwei Kilometer weit. Jetzt werden sie alle gefahren.“ Auch seine drei Enkel wurden gestern chauffiert. Oberaudorfs Bürgermeister Matthias Bernhardt weiß um diese Sorgen der Bauern. Wichtig sei, ihnen zu helfen. Da sei die Politik gefordert.
Denn einfache Weidezäune könnten einen Bären nicht abhalten. „Es entstehen viele Probleme, über die man viel früher schon hätte reden müssen.“ Sollten sich Bären in der Region fest ansiedeln, wäre es für Landwirte wohl nicht mehr attraktiv, die Almen zu bewirtschaften. Dann würde das Gebiet verbuschen, Gestrüpp, wo früher mit Blumen durchsetzte Wiesen waren.