Hunderte Meter durch den Tiefschnee
DB-Mitarbeiter über Kampf gegen Schneemassen und organisatorisches Versagen
Nur eine Woche nach dem Schneechaos, das den kompletten Bahnverkehr in der Region zum Erliegen brachte, sind die Geschehnisse bei einem Blick nach draußen maximal noch zu erahnen. Doch der Schein trügt. Nun packt ein Bahn-Mitarbeiter über den Kampf gegen Schnee und Eis und das organisatorische Versagen seines Arbeitgebers aus.
Simon (Anmerkung: Name geändert) wohnt in einem Rosenheimer Vorort. Hinter ihm liegt eine Woche, die er sicherlich nicht so schnell vergessen wird. Eine Woche, geprägt von dem Kampf gegen Schneemassen, von 14-Stunden-Schichten und vor allem von einem kolossalen Versagen der Deutschen Bahn, wie er im Gespräch mit rosenheim24.de erzählt.
„Jahrhundertereignis“ legt Schwächen offen
Der enorme Schneefall Anfang Dezember, manch einer hatte ihn als „Jahrhundertereignis“ bezeichnet, hat wieder einmal die Schwächen der Deutschen Bahn gnadenlos offengelegt, so geht es zumindest aus den Schilderungen eines Mitarbeiters hervor. Simon ist bei der DB Netz AG angestellt und dort verantwortlich für die Instandhaltung der Strecken. Um sich selbst zu schützen, möchte er anonym bleiben. Seinen Namen haben wir aus Rücksichtnahme darauf geändert.
Den Schneemassen trotzen
Insgesamt 40 Einsätze hatte Simon in der abgelaufenen Woche zu verzeichnen, wie der junge Mann berichtet. Gefordert war er dabei überall in der Region unter anderem in Freilassing, Rohrdorf, Bruckmühl, Grafing oder Westerham. Zusammen mit seinen Kollegen versuchte er dort den Schneemassen zu trotzen. Dabei gab es so viel zu tun, dass man gar nicht so recht wusste, wo man überhaupt anfangen soll. Simon berichtet von einer breiten Palette an Aufgaben und das vielerorts gleichzeitig. Es galt umgestürzte Masten aufzustellen, die Strecke von Bäumen und Ästen zu befreien und die dutzenden Oberleitungsschäden zu reparieren.
Das Schienen-Netz zwischen Rosenheim und München war in beide Richtungen mit am stärksten betroffen, erzählt der junge Mann. Den härtesten Einsatz verortet er dabei in Grafing. Hier mussten die Instandhalter mit dem Auto anreisen, um einen umgestürzten Mast aufzurichten, doch die Gleise waren weit und breit völlig unzugänglich. Es blieb nichts anderes übrig, als das Auto etwa 500 Meter entfernt zu parken und sich den Weg durch unwegsames Gelände und den Tiefschnee bis zu den Gleisen zu bahnen.
14 Stunden am Tag im Einsatz
Simon und seine Kollegen waren in den Tagen zwischen dem 2. und dem 5. Dezember im Dauer-Einsatz, um den Zugverkehr in der Region irgendwie wieder zu ermöglichen. 13 bis 14 Stunden am Tag war der Instandhalter dabei auf den Beinen. Und die Arbeit hatte sich zumindest insofern gelohnt, als die Strecken der DB Netz AG in der Region, die auch von der BRB genutzt werden, am Freitag (8. Dezember) wieder weitestgehend befahrbar waren.
Auch ein Problem der Vegetation
Natürlich muss man die DB ein wenig in Schutz nehmen, denn so enorme Schneemassen sind zum einen sicherlich eine Seltenheit und zum anderen ist es oft auch ein Problem der Vegetation, für die man die Dienstleister nur bedingt in die Verantwortung nehmen kann. Von der Organisation mal abgesehen, haben sowohl die Deutsche Bahn als auch die BRB geleistet „was nur menschenmöglich ist“.
Doch laut Simon ist auch klar, „wenn die Bahn organisatorisch nicht so versagt hätte“, dann wäre das durchaus auch schon zwei bis drei Tage früher möglich gewesen. Im zweiten Teil des Gesprächs berichtet Simon darüber, was bei seinem Arbeitgeber alles schiefläuft. Dieser wird am Dienstag (12. Dezember) zu lesen sein.
nt