Mitarbeiter pausenlos im gefährlichen Einsatz
„Schnee ist nicht das Problem“? Warum Züge noch nicht überall rollen - und wie es weitergeht
Obwohl Mann und Maus bei der Südostbayernbahn Tag und Nacht Schnee schippen und unter Gefahren Bäume zersägen, läuft der Schienenverkehr rund um Mühldorf immer noch nicht reibungslos. Das sind die Gründe, so sind die Aussichten.
Mühldorf – „Alles, was zwei Hände hat, nimmt eine Schaufel in die Hand“, sagt Klaus Zinsberger, Mitarbeiter bei der Südostbayernbahn (SOB). Alle verfügbaren Mitarbeiter seien im Einsatz, auch Subunternehmen wurden beauftragt, um die Gleise wieder schnee- und eisfrei zu bekommen, um umgestürzte und herabbrechende Bäume und Äste zu beseitigen.
„Wir haben kein Schnee-, wir haben ein Vegetationsproblem“, erklärt Andreas Müller, der seit zwei Monaten bei der Südostbayernbahn für die Instandhaltung der Infrastruktur zuständig ist. Er leitet jetzt einen Einsatz, dessen Dimensionen weder ihm noch Kollegen bislang je untergekommen ist. „Soweit mir bekannt ist, wurden in verschiedenen Bereichen unseres Netzes Schneerekorde aufgestellt.“
Für Weichen braucht es Schaufel und Besen
Der Schnee könne, so Müller, relativ leicht beseitigt werden. Allerdings nicht immer mit Maschinen: Bei den Weichen und mechanischen Stellwerken brauche es „Schaufel und Besen“, also Handarbeit. Insgesamt umfasst das Schienennetz der SOB 420 Kilometer sowie unter anderem 329 Weichen, 310 Brücken, 418 Bahnübergänge, 34 Stellwerke und 78 Verkehrsstationen.
Um das alles wieder frei zu gekommen, sind, so Müller, sind seit dem Wochenende 100 SOB-Mitarbeiter und 35 Mitarbeiter von Fremdfirmen im Dauereinsatz. Täglich fahren bis zu fünf Loks mit speziellen Vegetationstrupps die Strecken ab, schauen nach umgestürzten Bäumen und hereinhängenden Ästen. Die werden dann mit Motorsäge und Muskelkraft zerkleinert und entfernt. „Das ist im Tiefschnee äußerst anstrengend, schwer zugänglich und kräftezehrend“, so Müller. Erst, wenn ein Baum beseitigt sei, könne die Lok weiterfahren – teilweise nur ein paar Meter. „Wir fahren von Baum zu Baum.“
Bahnverkehr weiterhin nur eingeschränkt
Rund 480 Züge rollen an einem normalen Werktag über das Schienennetz der SOB. Normalerweise. Momentan ist der Verkehr nur eingeschränkt möglich.
Das Vegetationsproblem der Bahn




Während die SOB auf ihrer Internetseite am Dienstag (5. Dezember) für die Strecken von Mühldorf nach München, Landshut, Rosenheim oder Burghausen wieder „Regelverkehr“ meldet, ist der Betrieb nach Passau und Simbach, nach Salzburg, zwischen Prien und Aschau sowie zwischen Straubing und Bogen noch gesperrt. Hier rechnet die SOB teilweise erst am Freitag, 8. Dezember, wieder mit einem Betrieb.
Die Südostbayernbahn steht damit nicht alleine. „Der Bahnverkehr im Süden ist voraussichtlich bis Wochenmitte stark beeinträchtigt. Im Großraum München ist weiterhin mit massiven Einschränkungen zu rechnen“, heißt es auf der Internet-Seite der SOB.
Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert inzwischen die Deutsche Bahn. Sie habe es versäumt, „bereits am Samstag alle Gleise“ freizuräumen, „als der Schnee noch nicht vereist war“. Auch fehle es in Deutschland – im Gegensatz zu Österreich – an modernster Technik, um die Strecken schnee- und eisfrei zu halten. „In Deutschland ist man nicht bereit, so viel Geld auszugeben.“
„An Gerät fehlt es nicht“
Andreas Müller von der Südostbayernbahn kann das nicht bestätigen: „An Gerät fehlt es nicht. Wir haben einfach ein Vegetationsproblem.“ Es würden auch Bäume auf die Strecke fallen, die eigentlich weit genug entfernt sind. „Das kann man sich nicht vorstellen, wenn man nicht vor Ort war.“
Kathrin Kratzer erklärte am Dienstag in einer Pressemitteilung der Bahn, dass in Südbayern derzeit „über 20 große Maschinen“ unterwegs seien, „darunter auch besonders leistungsfähige Schneeschleudern, die aus Hessen und Baden-Württemberg nach Bayern verlegt wurden“.
Weitere Schneefälle und zum Teil Eisregen würden die Arbeiten aber erschweren. Hinzu komme, dass unter der Last von Eis und Schnee immer wieder Bäume auf die Gleise stürzen würden. „Neben den Gleisen müssen auch die parallel verlaufenden Rettungswege geräumt werden, bevor Züge wieder fahren dürfen“, betont die Bahn-Sprecherin.
Arbeiten im Wald sind gefährlich
Gerade wegen des Schneebruchs warnt Monika Löffelmann, Revierförsterin der Bayerischen Staatsforsten, davor, den Wald zu betreten. Es sei zu gefährlich. Diese Gefahr besteht auch für die SOB-Mitarbeiter, die die Strecke frei machen. „Wir haben bislang keine Unfälle. Bislang ist alles gut gegangen“, freut sich Müller.
Bahn-Sprecherin Kratzer weist noch auf ein weiteres Problem hin: Auch die Züge müssten von Eis und Schnee befreit und anschließend auf Schäden überprüft werden. Reparaturen könnten „mehrere Wochen in Anspruch nehmen“.
Auch wenn noch nicht alle Züge rollen, die SOB-Mitarbeiter arbeiten auf Hochtouren. „Wir kämpfen uns vorwärts“, versichert Müller, der möglichst schnell wieder zum normalen Fahrplan und zu seiner normalen Arbeit zurückkehren möchte.
Teilweise eingeschränkte Müll-Abfuhr
Der Wintereinbruch kann auch die Müll-Abfuhr beeinträchtigen. Darauf weist das Landratsamt Mühldorf hin. Die Entsorgungsbetriebe seien nach Tourenplan unterwegs und würden alle befahrbaren Straßen anfahren. „Behälter oder Säcke, die nicht festgefroren sind, werden dort auch geleert“, so Julia Lerch, Pressesprecherin im Landratsamt. Dort, wo Seitenstraßen nicht geräumt sind oder wo Schneehaufen in Kurzen die Zufahrt behindern, kann es zu Verzögerungen bei der Abholung der Tonnen und gelben Säcke kommen. Das Landratsamt bittet um Verständnis.


