Ein normaler Arbeitstag
Arbeiten an Heiligabend: Wer hält den Betrieb aufrecht, während andere feiern?
18 Prozent der Erwerbstätigen halten Bayern auch am 24. Dezember am Laufen, auch im Landkreis Mühldorf. Diese Menschen arbeiten an Heiligabend.
Waldkraiburg/Mühldorf – In vielen Familien steht Heiligabend ganz im Zeichen der Festtage: Der Weihnachtsbaum wird geschmückt, die letzten Geschenke verpackt, Plätzchen gegessen, gekocht und sehnlich auf das Christkind gewartet. Doch für 18 Prozent der Erwerbstätigen in Bayern ist der 24. Dezember 2024 ein Arbeitstag wie jeder andere auch, deutschlandweit sogar für 22 Prozent, wie eine Analyse der Hans-Böckler-Stiftung ergab.
Auch an Heiligabend wird im Hallenbad geschwommen
Jürgen Lübke hält am 24. Dezember als Schwimmmeister bei den Stadtwerken im Hallenbad in Mühldorf die Stellung. Gegen 6.30 Uhr beginnt er, damit Sportler ab 8 Uhr ihre Bahnen ziehen können. „Wenn das Wetter schlecht ist, kann es auch sein, dass vormittags viele Väter mit ihren Kindern kommen, dann sind die gewaschen und ausgetobt und die Mutter kann zu Hause in Ruhe vorbereiten”, erzählt er. Auch die Sauna sei in der Regel gut besucht.
Für ihn bedeutet das volle Konzentration. Neben ihm ist noch eine Reinigungskraft vor Ort. Über Kameras und das große Fenster seines Büro behält er alles im Blick: den Kassenbereich, den Weg zur Sauna, die Schwimmerinnen und Schwimmer. Seine Brotzeit und einen Kaffee im Thermobecher nimmt er an diesem Platz ein, ist stets aufmerksam, Weihnachten hin oder her.
In der Apotheke bleibt keine Zeit zum Feiern
Ein Arbeitstag wie andere ist Heiligabend auch in der Antonius-Apotheke Waldkraiburg. „Wir arbeiten schon seit 40 Jahren an Heiligabend und Silvester halbtags von 8 bis 13 Uhr, in den letzten zehn Jahren hatten wir sogar dreimal Dienst am 24. und 25. Dezember”, erzählt Susanne Engelmann, die die Apotheke gemeinsam mit ihrem Mann Willi führt. Die Mitarbeitenden tauschen nach Möglichkeit untereinander, damit die mit Kindern eher am 24. frei haben und dafür dann an Silvester arbeiten.
„Am Heiligabend bleibt vormittags keine Zeit zum Feiern”, sagt Engelmann. Weihnachtsstimmung komme dann auf, wenn sich die Tür mittags hinter den Mitarbeitenden mit einem Klicken schließt. An Silvester wird gemeinsam mit einem Schluck Sekt auf das neue Jahr angestoßen.
Müll entsorgt Wurzer an jedem Werktag und damit auch an Heiligabend
Sich mittags noch einmal zusammenzusetzen, Lebkuchen zu essen und Punsch zu trinken, ist beim Wurzer Standort in Waldkraiburg Tradition. „Dann kommen auch die anderen Kollegen hinzu”, erzählt der stellvertretende Zweigstellenleiter Mane Scheitzeneder. Denn an Heiligabend und Silvester arbeitet mit drei von sechs Mitarbeitern nur eine Notbesetzung. Von sieben bis zwölf Uhr ist die Zweigestelle geöffnet.
Es ist ein Arbeitstag, wie jeder andere – einzig der Warenein- und ausgang beschränkt sich auf das Wesentliche. „Wir entsorgen an jedem Werktag, damit der Kreislauf der Abfallwirtschaft läuft”, betont Scheitzeneder. Anders sei es vom Volumen her auch nicht schaffbar, die Feiertage müssten schon jetzt zusätzlich an Samstagen reingefahren werden.
Was ihn freut: Schon Wochen vor Weihnachten seien die Leute auf besinnlich eingestellt, bringen mal einen Kuchen oder eine Packung Lebkuchen. „Da gehts uns schon gut.” Ihm selbst fällt das Arbeiten in diesem Jahr leicht: „Meine Mädels sind jetzt beide erwachsen und fliegen am vierten Adventswochenende zusammen nach Südafrika”, erzählt er, und ab Mittag sei dann ja eh geschlossen.
Arbeitsintensive Zeit für Mitarbeitende im Schlachthof
Eine besonders arbeitsintensive Zeit steht den Mitarbeitenden in der Fleischbranche rund um Weihnachten bevor. „Gerade zu Weihnachten gönnen sich viele Menschen ein gutes Stück Fleisch und genießen ein Festessen im Kreise ihrer Familien. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, ist es entscheidend, den Lebensmittelhandel in dieser Zeit zuverlässig mit Frischfleisch zu versorgen”, teilt Vion-Sprecherin Lina Witte auf Anfrage mit.
Am Standort Waldkraiburg finde an Heiligabend keine Schlachtung statt. Die vorproduzierte Ware müsse jedoch weiterverarbeitet und versendet werden, einige Abteilungen darum arbeiten. „Am 31. Dezember wird aufgrund der Feiertage und der damit verbundenen Schlachtpause ein regulärer Betrieb stattfinden”, sagt Witte. So soll sowohl die Fleischversorgung sichergestellt, als auch den Mitarbeitern schöne Feiertage gewährt werden.
Gelöste Stimmung bei der Post
Gelöste Stimmung herrscht am 24. Dezember bei den Zustellerinnen und Zustellern der Deutschen Post. „Die Sendungsmengen lassen dann schon nach, es wird ruhiger”, teilt Pressesprecherin Sonja Radojicic auf Nachfrage mit. In der Regel werde bis zum frühen Nachmittag gearbeitet, sodass jeder rechtzeitig zu seinen Lieben heimkehren könne.
Mancherorts gibt es Plätzchen, eine Krippe oder einen kleinen Umtrunk. Eine Tradition, die Zustellerin Kerstin List freut: „In einer Straße in meinem Bezirk trifft sich am Mittag die ganze Nachbarschaft. Es wird eine Feuerschale aufgestellt und es gibt Glühwein. Für mich ist das super: Da bekomme ich auf einen Schlag meine ganze Post los. Und einen Punsch gibt es auch noch.“
Ohne Unfall ist es für den Schwimmmeister ein guter Tag
Wenn Schwimmmeister Jürgen Lübke um 16 Uhr nach Hause aufbricht, braucht er erstmal eine Stunde, um anzukommen. Er hat dann sogar zwei Stunden länger gearbeitet als sonst, damit seine Kollegin freinehmen kann. „Ich bin jeden Tag froh, wenn kein Unfall passiert, dann ist für mich ein guter Tag”, betont er. Andernfalls wäre Weihnachten für ihn gelaufen. Erholen kann er sich dann am 25. Dezember. „Das ist der einzige Tag im Jahr, an dem das Hallenbad geschlossen hat – da fahre ich nur zur Kontrolle und Messung rein, das kann ich machen wie ich Zeit habe.”



