Unverschämte Fragen eines Vermieters
Bevor ich die Wohnung bekomme, soll ich sagen, ob ich lesbisch bin – Darf ich lügen?
In unserer neuen Service-Rubrik dreht sich alles um Euer Recht als Mieter. Mieterhöhung bekommen? Streit mit den Nachbarn? Zu hohe Nebenkostenabrechnung? Unsere Experten vom Mieterverein Burghausen und Umgebung e.V. geben hier die Antworten, immer montags und natürlich anonymisiert.
Frage einer Mieterin
Ich suche eine neue Wohnung. Ein Vermieter hat mir einen Zettel zur Selbstauskunft übergeben. Ich soll schreiben, was ich verdiene, ob ich noch ein Kind will und ob ich in einem Mieterverein bin; ansonsten bekomme ich die Wohnung nicht. Muss ich das?
Antwort vom Experten:
Leider wollen immer mehr Vermieter persönliche Informationen über den Mieter, bevor sie einen Mietvertrag abschließen: die sogenannte Selbstauskunft. Dabei wollen manche Vermieter nicht nur das Einkommen wissen, sondern auch, ob der Mieter schon mal arbeitslos war, ob er noch mehr Kinder möchte oder ob er Mitglied eines Mietervereins ist.
Wenn der Vermieter Fragen stellt, die für das Mietverhältnis und die Auswahl maßgeblich sind, dann sind diese berechtigt: Das gilt also zum Beispiel hinsichtlich des Einkommens. Schließlich muss der Vermieter auch beurteilen können, ob sich der Mieter die Wohnung dauerhaft leisten kann. Der Mieter muss dies aber nicht ungefragt offenlegen. Wenn er die Miete aber nur mithilfe des Sozialamtes finanzieren kann, dann muss der Interessent das sehr wohl von sich aus angeben, oder wenn gegen ihn ein Insolvenzverfahren läuft.
Die Fragen zur finanziellen Leistungsfähigkeit muss der Mieter, wahrheitsgemäß beantworten; auch Fragen zur Einkommenspfändung oder Mietschulden aus einem vorherigen Mietverhältnis. Sobald der Mieter jedoch in der Wohnung wohnt und seine Miete vertragsgemäß bezahlt, darf der Vermieter wegen falscher Angaben bei der Selbstauskunft nicht kündigen.
Fragen, die mit dem Mietvertrag nichts zu tun haben, kann der Mieter falsch beantworten: zum Beispiel nach einer Mitgliedschaft in einem Mieterverein, einer Vorstrafe, der Religion oder der sexuellen Orientierung.
Am Ende kommt es immer auf den Einzelfall an, ob eine Frage angemessen und für das konkrete Mietverhältnis entscheidend ist. Es gibt noch einen weiteren Punkt zu bedenken: Falschaussagen können, selbst wenn sie nicht zur Kündigung führen, in der Lage sein, das spätere Verhältnis zum Vermieter belasten.
In Fällen, in denen sich ein Wohnungsinteressent mit den Fragen unwohl fühlt, das Gefühl hat, er müsse die „Hosen runter lassen“, sollte er das direkt ansprechen und sich überlegen, ob er überhaupt mit einem derart „übergriffigen“ Vermieter überhaupt ein Mietverhältnis eingehen will – auch wenn der Wohnungsmarkt angespannt ist.
Die Antwort auf eine Leserfrage dient lediglich der Information. Sie ist keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes. Für eine Rechtsberatung wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt oder an Ihren örtlichen Mieterverein.
Fragen rund ums Thema Miete?
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