BBW Lasertechnik expandiert
„Laser ist Werkzeug des 21. Jahrhunderts“: Familienunternehmen investiert 17 Millionen in Edling
Die BBW Lasertechnik GmbH mit Hauptsitz in Prutting wächst weiter: In Edling investiert das Technologieunternehmen 17 Millionen Euro in den Bau einer neuen Produktionshalle. Warum die Familie Bürger in der zweiten Niederlassung einen „Glücksfall“ sieht und was sie hier plant.
Edling/Prutting – Im Büro wird der Ausblick in die Fertigungshalle auf Gegenstände gelenkt, die so gar nicht zu einem Industriebetrieb passen: Auf der Fensterbank steht knallbuntes Holzspielzeug. Eine letzte Erinnerung an das Vorgängerunternehmen Selecta, das 2017 einen Insolvenzantrag gestellt hatte und von Schmidt Spiele übernommen wurde. In Edling ist der Spielzeughersteller Geschichte, die Gebäude an der Römerstraße werden bis auf ein Objekt abgerissen. Während die Bagger der Firma Zosseder die alten Hallen in ihre Einzelteile zerlegen, ist im ehemaligen Selecta-Neubau, der stehenbleibt, wieder Leben eingekehrt. In einer Art Käfig arbeitet ein Roboter, der Metallboxen für Batterien in ein Lasergerät hebt, das ultrafeine Schweißnähte herstellt. Denn das Unternehmen BBW Lasertechnik mit Hauptsitz in Prutting hat das frühere Selecta-Gelände in Edling erworben, um hier einen zweiten Standort aufzubauen.
Serienfertigung für die Batterietechnologie
17 Millionen Euro wird die BBW Lasertechnik GmbH nach eigenen Angaben in Edling investieren: Auf dem 20.000 Quadratmeter großen Gewerbegrund entsteht eine Produktionshalle für die Serienfertigung vor allem im Unternehmensbereich Batterietechnologie. Seniorchef Hans Bürger, der das Unternehmen 1997 mit zwei mittlerweile ausgeschiedenen Partnern gegründet hat, steht mit Tochter Kristina, Prokuristin und zuständig für das Personalmanagement sowie die Unternehmenskommunikation, auf der Mega-Baustelle. Sie zeigen anhand des bereits genehmigten Bauplans, wie es hier vermutlich bis Ende 2026 einmal aussehen wird: Es entsteht ein Neubau mit 6000 Quadratmetern Nutzfläche, der viel Platz für Laseranlagen zur Abwicklung internationaler Großaufträge bieten wird. Platz: Das ist auch für den jungen Betriebsleiter Ulrich Unterseer (35) das Stichwort. „Wir brauchen Platz. Wenn Kunden kommen, können wir nicht erst damit starten, ihn zu schaffen.“ „Ausreichend Platz: Das ist für uns existenziell“, ergänzt Firmengründer Hans Bürger. Nur dann könne das Unternehmen auch flexibel auf Angebote und Aufträge reagieren.
In Prutting keine Entwicklungschance
Und das ist auch der Grund, warum BBW Lasertechnik einen zweiten Standort eröffnen musste. In Prutting konnte das Unternehmen, seit 2015 komplett in der Hand der Familie Bürger, nicht erweitern. Ein Punkt, der nach wie vor trotz Happy End in Edling an den Bürgers nagt, wie Kristina einräumt. „Es war eine sehr belastende Phase in unserer Firmengeschichte“, sagt sie im Rückblick auf die jahrelangen Versuche, am Stammsitz in Prutting den notwendigen Support zu erhalten. Trotz mehrmaliger Versuche, trotz Grundeigentum vor Ort und Vermittlung aus Ministerium und Landratsamt sei es leider nicht gelungen, Gemeinderat und Kommune zu überzeugen, weitere Entwicklungsflächen in Prutting zu ermöglichen. Anders in Edling: Hier sei das Unternehmen 2023 auf das zu verkaufende Selecta-Gelände aufmerksam worden und offene Türen eingerannt, Bürgermeister Matthias Schnetzer und der Gemeinderat hätten sich intensiv um die Ansiedlung bemüht. Jetzt ist alles in trockenen Tüchern: „Wir haben Planungssicherheit. Das ist eine große Erleichterung“, sagen Hans und Kristina Bürger.
Letztere gehört zur Generation, die die Zukunft des Unternehmens sichert: Nicht nur die Tochter des Firmengründers (32), von Beruf Kommunikationswissenschaftlerin, ist eingestiegen, auch ihr Bruder Andreas (35), Wirtschaftsingenieur, der gemeinsam mit dem Gründer, seinem Vater Hans, die Geschäftsführung innehat. Der jüngste der Geschwister, Matthias Bürger (26) wird ebenfalls nach Beendigung seines Elektrotechnikstudiums einsteigen. Mutter Maria Bürger, seit der Gründung mit an Bord, hat 2023 die Personalführung an Tochter Kristina übergeben.
Nachfolge in der Familie gesichert
Ein echtes Familienunternehmen also: Jeder packt mit an, um die Nachfolge zu sichern und den Betrieb in die Zukunft zu führen. Und die liegt jetzt auch in Edling. Ein neuer Standort, „der ein Glücksfall für uns ist“, wie der Seniorchef findet. Die Nähe zu München, die Lage an der Bundesstraße 304, die gute Anbindung an den Zug, der geplante S-Bahn-Anschluss: „Besser geht es nicht“, findet er. Etwa sechs bis zehn Mitarbeiter sind schon vor Ort im ehemaligen Selecta-Neubau, der stehen bleibt, tätig, bis zu 200 könnten es später mal sein. BBW beschäftigt derzeit bereits etwa 200 Mitarbeiter in einer Vielzahl von Berufen: Industriemechaniker, Maschinen- und Anlagenführer, IT- und Automatisierungsexperten, Lageristen, Verwaltungsfachleute. Außerdem bildet das Unternehmen nach eigenen Angaben 20 Azubis aus. 2023 wurde BBW Lasertechnik vom Bayerischen Wirtschaftsministerium als „Bayerns Best 50“ geehrt.
Die Lasertechnik ist laut den Bürgers eine Zukunftstechnologie. „Der Laser ist das Werkzeug des 21. Jahrhunderts“, bringt es der Firmengründer auf den Punkt. Laser ist gebündeltes Licht, das auf den Punkt fokussiert wie durch ein Brennglas funktioniert: in verschiedenen Wellenlängen, Optiksystemen und Pulsfrequenzen, berichtet Betriebsleiter Unterseer. Laser schneide, verbinde, bohre, drehe, schweiße und verarbeite Oberflächen.
Präzisionskomponenten und Baugruppen
Das Unternehmen BBW tut dies ausschließlich im Auftrag von Kunden – ein B-2-B-Geschäft. BBW fertige Präzisionskomponenten und Baugruppen, von der Klein- bis zur Großserie. Da das Unternehmen viele Branchen bediene – unter anderem die Luft- und Raumfahrt- sowie Medizin-, Lebensmitteltechnik und Feinmechanik – und Vorrichtungen sowie Maschinen für die eigene Produktion selber entwickle, sei es breit aufgestellt, erklärt sie.
Im Fokus derzeit unter anderem Komponenten für die Zukunftsbranche E-Mobilität: für Gabelstapler, Busse, Bahnen, Drohnen. Der Bedarf steige, die Stückzahl ebenso. Der Platzbedarf könne nun in Edling bedient werden, freuen sich die Bürgers. Ihr Unternehmen wachse kontinuierlich, pro Jahr um etwa zehn bis 15 Prozent. Der Umsatz 2024: knapp 30 Millionen Euro.
„Ich habe noch nie eine schlaflose Nacht gehabt“, sagt Firmengründer Hans Bürger. Er hat 1997 die Chance zur Selbstständigkeit genutzt, auch schwierige Zeiten überstanden und war nach eigenen Angaben stets überzeugt: „Wir schaffen das.“ Das Unternehmer-Gen ist auf die Kinder Andreas, Kristina und Matthias übergesprungen. Sie haben ein extrem junges Team aufgebaut. Durchschnittsalter im Unternehmen: etwa 35. So alt ist auch der Edlinger Betriebsleiter Unterseer, gelernte Kfz-Mechaniker, ein Eigengewächs. Der jüngster Abteilungsleiter bei BBW ist nach Unternehmensangaben erst 24 Jahre alt.
Wunsch: „mehr Pragmatismus“
So sieht sich das Familienunternehmen gut aufgestellt für die Zukunft. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen bereiten jedoch Sorgen. „Riesenthemen“ sind nach Angaben der Bürgers die KI, der Transformationsprozess im Bereich Automatisierung und der Fachkräftemangel. Von der Politik wünschen sie sich „mehr Pragmatismus“, für die Mitarbeitenden „mehr netto von brutto“. Und mehr Zuversicht. „Vertrauen in den Standort Deutschland schaffen“, gibt Hans Bürger als Ziel aus. „Wir beschäftigen uns zu sehr mit uns selber. Wir müssen wieder mehr ins Tun kommen.“ So wie er es vor 28 Jahren getan hat.
