Arbeitsgericht muss entscheiden
Wichtiges Urteil für Hinterbliebene – Gericht entscheidet zur Witwenrente
Ein Vierteljahrhundert Ehe – dennoch kein Recht auf Witwenrente. Ist das gesetzlich korrekt? Darüber hat das Arbeitsgericht Hamburg entschieden.
Hamburg – Die Witwenrente hat nur ein Ziel: Hinterbliebene sollen auch nach dem Tod des Ehepartners oder Lebensgefährten ausreichend finanziell versorgt sein. Aktuell zahlt die Deutsche Rentenversicherung immer weniger dieser Witwenrenten aus. Zwischen 1992 und 2022 sank die Zahl der Bestandsfälle von Frauen, die eine solche erhalten, von über fünf Millionen auf rund 4,5 Millionen. Einige Betroffene greifen daher zu Rechtsmitteln und klagen sie ein.
Witwe zieht vor Gericht, weil der Arbeitgeber Witwenrente verweigert
Es ist zwischen Arbeitgeber und -nehmer allerdings auch möglich, eine Vereinbarung zu einer betrieblichen Variante der Witwenrente zu vereinbaren. Einen solchen hatte das Arbeitsgericht Hamburg nun verhandelt (Aktenzeichen: 4 Ca 313/22). Gegenstand des Prozesses war die ausbleibende Witwenrente einer Klägerin gewesen, die nach dem Tod ihres Mannes auf eine solche bestanden hatte. Sie und ihr Mann waren 25 Jahre lang verheiratet gewesen, trotzdem hatte der frühere Arbeitgeber des Ehemanns die Zahlung verweigert.
Zum Hintergrund: Normalerweise hat man grundsätzlich Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente, wenn der hinterbliebene Teil des Ehepaars zum Todeszeitpunkt mit dem Ehepartner oder Lebenspartner verheiratet war oder eine Lebenspartnerschaft bestand; beide Formen müssen ein Jahr lang Bestand gehabt haben. Stirbt der Ehepartner bei einem Unfall, kann auch bei kürzerer Ehedauer ein Rentenanspruch bestehen.
Laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) gibt es einige weitere Voraussetzungen. Zum Beispiel darf der verbliebene Ehepartner nicht wieder geheiratet haben. Außerdem muss der verstorbene Ehepartner die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt haben.
Arbeitgeber schützt sich bei der Witwenrente vor Versorgungsehen
All das war erfüllt. Die Ehepartner hatten sich im Jahr 1996 verheiratet, der Ehegatte war 1998 in den Ruhestand eingetreten. Hier kommt der Knackpunkt ins Spiel: Es hatte im vorliegenden Fall eine Betriebsvereinbarung zur Auszahlung einer Witwenrente gegeben. Diese hätte nicht der Staat gezahlt, sondern der Arbeitgeber. In dieser Vereinbarung hatte der Arbeitgeber festgelegt, dass er die Witwenrente nur dann gewähren würde, wenn die Ehe mindestens fünf Jahre vor dem Ruhestand geschlossen würde. Damit wollte er sich vor sogenannten „Versorgungsehen“ schützen.
So sieht das im Detail aus: Paare heiraten schnell ein Jahr vor dem Ruhestand aus rein finanziellen Gründen. Je nach Unternehmen können Versorgungsanordnungen, Tarifverträge, Vertragsbedingungen oder eben Betriebsvereinbarungen dafür sorgen, dass sich der tatsächliche Anspruch auf Rente von den Regeln des Sozialgesetzbuches Nummer 6 unterscheidet. Mehrere Medien hatten über den Fall berichtet, unter anderem Rentenbescheid24.
Schlappe vor Gericht – keine Witwenrente wegen zu kurzer Heirat
So kam es auch im Falle der Witwe, die vor das Arbeitsgericht zog. Der Arbeitgeber hatte die Zahlung der Rente an die Witwe verweigert und sich auf ebendiese Regelung berufen. Die Ehe der Witwe mit dem verstorbenen Ehegatten hatte zum Zeitpunkt seines Eintritts in den Ruhestand noch keine fünf Jahre bestanden. Rund 25 Jahre nach seinem Ruhestandseintritt im Jahr 1998 verstarb er; vorher hatte er Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung erhalten.
Die Witwe hatte, kaum dass der Arbeitgeber die Rentenzahlung verweigerte, geklagt. Ihre Argumentation: Die Regelung benachteilige Frauen, außerdem sei Diskriminierung wegen ihres Alters erfolgt. Dabei verwies die Klägerin auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und das Diskriminierungsverbot der EU.
Das sah das Arbeitsgericht Hamburg nicht so. Der Vorwurf einer Altersdiskriminierung sei nicht gegeben, weil die Regel der fünfjährigen Eheklausel eher der finanziellen Absicherung und Planbarkeit für den Arbeitgeber dienen soll. Eine Geschlechterdiskriminierung liege ebenfalls nicht vor, da die Regel, fünf Jahre lang verheiratet sein zu müssen, für Männer und Frauen gleichermaßen gelte. Es entschied zugunsten des Arbeitgebers. Es sei legitim, eine Hinterbliebenenrente mit klaren Vorgaben zu begrenzen, da es sich hier um Vereinbarungen zu langfristigen Zahlungsverpflichtungen handelt.
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