Auch Zulieferer in der Kritik
„Tickende Zeitbombe“: Weitere Whistleblower berichten von Problemen bei Boeing
Zwei weitere Whistleblower legen gegen Boeing und einen Zulieferer nach. Einer spricht von einer „tickenden Zeitbombe“. Sie werfen Boeing zudem fehlende Aufarbeitung der Kritik vor.
North Charleston, South Carolina – Nach der Pannenserie sowie den Berichten von Sicherheitsproblemen und schlechter Qualität reißt die Kritik an Boeing nicht ab. Im Fokus steht dabei das Werk in Charleston im Bundesstaat South Carolina. Dort produziert der Flugzeughersteller die 787 Dreamliner. Laut Whistleblowern gebe es jedoch Produktionsfehler und die Dreamliner könnten vorzeitig ausfallen. Nun haben zwei weitere Insider nachgelegt.
Er sei fast jeden Tag auf schwerwiegende Sicherheits- und Qualitätsprobleme bei Flugzeugen im Werk gestoßen, erklärte Roy Irvin gegenüber der New York Post. Irvin war demnach von 2011 bis 2017 Qualitätsprüfer bei Boeing in North Charleston. Er habe immer wieder auf fehlende Sicherheitsvorrichtungen oder nicht festgezogene Komponenten hinweisen müssen.
Whistleblower von Boeing-Zulieferer berichtet von Mängeln: „Alles, was ich sah, war eine tickende Zeitbombe“
Der zweite Whistleblower, der mit dem Boulevardblatt aus New York gesprochen hat, ist Santiago Paredes. Er war zwölf Jahre lang Produktionsinspekteur bei Spirit AeroSystems im Bundestaat Kansas, einem Zulieferer von Boeing. Er sei schockiert gewesen, als er ins Unternehmen gekommen sei und Hunderte von Mängeln am Fließband gesehen habe, berichtete die New York Post.
„Ich war am Ende der Produktionslinie und sollte mir das fertige Produkt ansehen, bevor es an Boeing ausgeliefert wurde“, erklärte Paredes. Der frühere Mitarbeiter des Zulieferers berichtet von fehlenden oder unvollständigen Teilen, fehlenden Befestigungselementen, Beschädigungen und abgeschnittenen Nieten. „Alles, was ich sah, war eine tickende Zeitbombe“, sagte Paredes der NY Post. Zuvor hatte er gegenüber der TV-Sender BBC und CBS von bis zu 200 Defekten an Teilen berichtet, die an Boeing geliefert werden sollten.
Boeing-Zulieferer widerspricht Whistleblower-Darstellung – will aber offen für Kritik sein
Seine Vorgesetzten hätten ihn „Showstopper“ genannt, weil seine Berichte über gefundene Mängel zu Verzögerungen bei der Auslieferung geführt hätten. „Sie sagten immer, sie hätten keine Zeit, um die Fehler zu beheben“, erklärte Paredes. „Ich hatte auch Angst, die Nachrichten zu schauen und zu sehen, dass einem Flugzeug etwas passiert war. Es war ein Albtraum.“
Spirit widerspricht der Darstellung. „Wir verteidigen uns energisch gegen seine Behauptungen“, erklärte ein Sprecher nach dem Interview von BBC und CBS Anfang Mai. Spirit ermutige die Leute, ihre Bedenken mitzuteilen und „wir haben es einfacher gemacht, das zu tun“, zitierte die New York Post den Unternehmenssprecher Joe Buccino.
Anwalt von Whistleblowern wirft Boeing fehlende Aufarbeitung vor
Auch Boeing erklärte, dass es seine Mitarbeiter immer wieder ermutige, Bedenken zu melden, „denn unsere Priorität ist es, die Sicherheit unserer Flugzeuge zu gewährleisten“, teilte eine Sprecherin dem Medium mit. „Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass unsere Flugzeuge die gesetzlichen Anforderungen erfüllen.“
„Boeing sagt, sie seien offen für Kritik, aber in Wirklichkeit wird sie intern nicht behandelt und viele werden für ihre Äußerungen bestraft“, kritisiert Brian Knowles, Anwalt der verstorbenen Whistleblower John Barnett und Joshua Dean den Konzern gegenüber der New York Post.
Rubriklistenbild: © Bob Ferguson/Boeing/dpa
