Ladetechnologie
„Wendepunkt“: BYD übertrifft die Konkurrenz beim Laden von E-Autos
Eine Reise nach China zeigt: BYD hebt das Laden von Elektroautos auf eine ganz neue Stufe – ein technologischer Durchbruch, auf den Europa noch warten muss.
Shenzhen/München - Was bislang als Zukunftsmusik galt, ist für den chinesischen Autohersteller BYD bereits Realität: Der Konzern präsentierte kürzlich ein Ladesystem, das Elektroautos in gerade mal fünf Minuten mit einer Reichweite von bis zu 470 Kilometern versorgt – das entspricht etwa der Dauer eines klassischen Tankvorgangs bei Verbrennerfahrzeugen.
Die Leistung der neuen Schnellladestation beträgt BYD zufolge unglaubliche 1000 Kilowatt. Zum Vergleich: Teslas Supercharger bieten derzeit bis zu 500 kW. „Es ist eine Revolution: Das Laden von E-Autos wird genau so schnell wie die Fahrt zur Tankstelle“, sagte BYD-Vizepräsidentin Stella Li kürzlich der Nachrichtenagentur AFP. Erste Installationen des neuen Systems sollen bereits 2025 in China erfolgen, Europa könnte in den kommenden Jahren nachziehen.
BYD mit Revolution bei Ladetechnik: Konkurrenz für Tesla – auch beim Netzwerk?
Mit seinem dichten Netz aus 60.000 Schnellladesäulen, davon 18.000 in Europa, gilt Tesla bislang als Benchmark. Das von BYD vorgestellte System jedoch setzt neue Maßstäbe – nicht nur durch seine Power, sondern durch die Integration verschiedener Schlüsseltechnologien. Ob sich das auch außerhalb Chinas durchsetzen lässt, bleibt offen. Derzeit ist das Schnellladen mit 1000 kW nur mit BYD-eigenen Fahrzeugen möglich – und nur in Kombination mit hauseigenen Ladesäulen.
Patrick George, Chefredakteur des US-Portals InsideEVs, reiste nach China und zeigte sich tief beeindruckt: „Das ist nichts weniger als ein Wendepunkt für die gesamte Branche.“
Bausteine für den Durchbruch bei BYD: Super-Architektur, Stromspeicher und Ladeinfrastruktur
Was George in China sah, war nicht einfach ein neuer Akku oder ein besonders starkes Ladegerät. Der Clou: Die Geschwindigkeit ist nur durch das Zusammenspiel dreier technischer Entwicklungen möglich – von der Plattform über die Batterie bis hin zur Ladestation:
- Super-E-Plattform mit 1000 Volt: BYDs neue Architektur bringt es auf 1000 Volt Spannung – ein Spitzenwert, selbst für die Oberklasse. Zum Vergleich: Der Porsche Taycan fährt mit 800 Volt, der neue Lucid Gravity mit 926 Volt. Die nötigen Bauteile musste BYD eigens entwickeln, da es auf dem Markt keine passenden Komponenten gab. Die Ingenieure sprechen von multiphysikalischen Herausforderungen – thermisch, elektrisch, mechanisch.
- Weiterentwickelte Hochleistungsbatterie: Der Akku basiert auf der bekannten „Blade Batterie“, setzt jedoch auf überarbeitete Lithium-Eisenphosphat-Zellen (LFP), die als besonders stabil und langlebig gelten. Im Modell BYD Han L kommt eine 83,2-kWh-Batterie zum Einsatz, im Tang L sogar 100 kWh. Die Modifikationen an Elektrolyt, Separatoren und Elektroden ermöglichen laut BYD eine um 35 Prozent verbesserte Hitzebeständigkeit.
- Innovative Megawatt-Ladestation: Gerade mal 1,5 Quadratmeter groß und mit bis zu imposanten 1360 kW Leistung ausgestattet, übertrifft die innovative Ladestation alle aktuellen Systeme. Selbst die derzeit stärksten Schnelllader in den USA – etwa jene von Gravity in New York – schaffen laut InsideEVs „nur“ 500 kW. Das BYD-System verfüge über einen integrierten Speicher, der Strom puffert und auch dort schnelles Laden erlaubt, wo das Netz schwächelt. „Es erfordert eine umfassende Kilovolt-Architektur für das Fahrzeug und die Lösung des gesamten Ökosystems für die Ladesäulen“, wird ein BYD-Mitarbeiter zitiert.
BYD glänzt mit „Ökosystem“: Wendepunkt – aber (noch) kein globaler Standard
Der technologische Vorsprung in der Volksrepublik ist also enorm, wie George bestätigt. „Um das Megawatt-Laden optimal zu nutzen, benötigt man ein Elektroauto auf der Super-E-Plattform sowie den Zugang zu einem Ladegerät, das derzeit nur von BYD und nur in China hergestellt wird“, schildert der Chefredakteur des Portals.
Ob sich diese Technologie in absehbarer Zeit weltweit durchsetzt? George ist skeptisch: „Wie alle chinesischen E-Autos wird BYD aufgrund von Zöllen, Softwareverboten, angeblichen nationalen Sicherheitsbedenken und geopolitischen Spannungen wahrscheinlich noch jahrelang von den Straßen ferngehalten.“
Kaum zu sehen: Diese 10 Automarken sind echte Exoten in Deutschland




BYDs Expansion von China aus: Vom Rand zur Mitte des Marktes?
Trotz politischer Hürden drängt BYD dennoch verstärkt auch von der Volksrepublik auf den europäischen Markt. Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden im April 2025 bereits 1566 Fahrzeuge des Herstellers in Deutschland zugelassen – ein Marktanteil von 0,6 Prozent, ausgehend von fast null im Vorjahr.
Langfristig verfolgt der Konzern ambitionierte Pläne: Bis 2030 sollen laut Reuters die Hälfte aller BYD-Fahrzeuge im Ausland verkauft werden, mit einem Fokus auf Europa und Lateinamerika. Damit würde der einstige Batteriehersteller auch global zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für Volkswagen, Toyota & Co. (PF)
Rubriklistenbild: © Johannes Neuendecker/dpa
