„Könnten gemeinsame Projekte machen“
USA könnten Arktis-Deal mit Russland verhandeln – um China zu schaden
Die USA und Russland könnten eine Kooperation in der Arktis planen. Dies könnte Russland von China abwenden. China verfolgt allerdings andere Strategien.
Washington/Moskau – Ausgerechnet die Arktis könnte die abgekühlten Verhältnisse zwischen Washington und Moskau erwärmen. Mitte Februar hatten sich US-Offizielle mit den Unterhändlern des Kremls getroffen. Eigentlich wollten sie mögliche Friedensgespräche verhandeln, um den Ukraine-Krieg zu beenden, aber dann war es auch um eine mögliche Partnerschaft zwischen den beiden Mächten gegangen. „Wir könnten gemeinsame Projekte machen, das kann zum Beispiel die Arktis oder andere Gebiete betreffen. Gemeinsame Projekte würden es uns erlauben, wesentlich erfolgreicher zu sein“, hatte die Moscow Times dabei den Ökonomen Kirill Dmietriev, der bei den Gesprächen anwesend war, zitiert. Im Hintergrund laufen diese Gespräche offenbar weiter.
USA führen Gespräche mit Russland – und könnten die Arktis unter sich aufteilen
Und zwar sollen Offizielle der USA und Russland die Arktis als mögliche Gegend für eine wirtschaftliche Kooperation ausgemacht haben. Eine solche Kooperation sei Teil der breiteren Entspannung, die US-Präsident Donald Trump derzeit gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin anstrebt, hatte das Nachrichtenportal Bloomberg berichtet und sich auf mit der Situation vertraute Insider berufen. Schon geführte Gespräche hätten unter anderem die Schaffung von Handelsrouten sowie die Erkundung von natürlichen Ressourcen der Arktis beinhaltet. Die mit der Angelegenheit vertrauten Personen wollten nicht namentlich genannt werden, gaben aber an, dass die Gespräche sich noch in einer Frühphase befinden.
Was aber ist der Plan dahinter? Einer der Offiziellen der US-Seite habe angegeben, dass die USA versuchen, einen Spalt zwischen Russland und China zu treiben. Angesichts dessen, dass China einer der wichtigsten Handelspartner Russlands ist und seit 2022 gewaltige Mengen russischer Ressourcen aufkauft (darunter vorrangig Erdöl, Kohlebriketts und Erdgas), ist dabei gesunde Skepsis angebracht. Bloomberg hatte versucht, den US National Security Council und den Kreml zu erreichen, jedoch keine Statements erhalten.
Klimawandel macht Arktis-Engagements wahrscheinlicher – USA und Russland wollen Rohstoffe abbauen
Die Arktis rückt bereits seit Jahren immer mehr in den Fokus der großen Wirtschaftsmächte. Grund des Ganzen ist der Klimawandel – das Eis, das die Region so unwirtlich macht, schmilzt zunehmend, was gleichermaßen neue Handelsrouten als auch neue Ressourcen freimacht. Zum Beispiel liegen unter dem arktischen Meer gewaltige Mengen an Öl und Gas verborgen, die noch unberührt sind. Das Institute for Security & Development Policy (ISDP) mit Sitz in Stockholm spricht hier von einer 6.000 Kilometer langen Handelsroute, die sich durch das Abschmelzen des Eises auftut und die bestehenden Schiffsrouten massiv verändern könnte, aber dazu später mehr.
Laut dem Center for Strategic & International Studies (CSIS) liegen in der Arktis etwa 13 Prozent der bislang unentdeckten globalen Ölreserven verborgen, außerdem 30 Prozent der Erdgasvorkommen. Diejenigen Länder, die sich einen Zugang zur Arktis verschaffen können, haben völlig neue wirtschaftliche und wissenschaftliche Chancen. Eine Karte der European Environment Agency zeigt, wo die Ressourcen im Detail liegen. Vor allem nördlich von Russlands Küste und rund um Grönland gibt es dabei große potenzielle Vorkommen an Öl und Gas. Der Kreml hat in einigen südlicheren Gebieten bereits mit der Förderung begonnen.
China als „arktisnahes“ Land – Einmischung in Russlands Arktis-Wirtschaft
Dabei ist Russland als Land mit der größten Küste im Nordmeer klar im Vorteil. Außerdem hatte Putin schon früh gehandelt und auf der Kola-Halbinsel (östlich von Finnland) eine Militärpräsenz aufgebaut, die bei der Kontrolle über Teile der Arktis helfen soll. Neben der Lage hat Russland auch wegen seines frühzeitigen Handelns Vorteile. Ein Gegenbeispiel dafür ist Norwegen, das sich zwar auch einen Platz in der Arktis sichern will, sich aber bis 2022 eher auf Forschung als auf militärische Präsenz konzentriert hatte und dann vom Ukraine-Krieg kalt erwischt wurde. Mittlerweile versucht die EU, über Grönland (ein selbstverwaltetes Territorium, das zum Königreich Dänemark gehört) ihren Einfluss in der Arktis auszuweiten.
Allerdings erhebt auch China Ansprüche in der Region. Schon 2018 hatte sich das Land in einem Whitepaper als „arktisnahe“ Nation bezeichnet, und das, obwohl Chinas nördlichster Punkt sogar südlicher liegt als Hamburg und es außerdem keine Küsten in Arktisnähe hat, von Häfen einmal abgesehen. Wie das ISDP berichtete, besteht in China größtes Interesse an der sogenannten „Arktischen Seidenstraße“, der vorher erwähnten 6.000-Kilometer-Route. Diese soll die Handelsströme zwischen Asien und Europa massiv beeinflussen und für eine drastische Zeitreduzierung im Transport sorgen. Angeblich kann die neue Route sowohl Europa, Asien und Nordamerika verbinden als auch dem chinesischen Handel erlauben, wichtige strategische Knotenpunkte zu umgehen.
Weil China eben der Zugang zum Arktismeer fehlt, hat das Land schon vor Jahren damit begonnen, enorme Investments in der Arktis zu tätigen. Unter anderem gehören dazu:
| Land | China-Investment |
|---|---|
| Grönland | Zwei Milliarden US-Dollar zwischen 2012 und 2017, unter anderem geht es um Abbaurechte von Seltenen Erden und Mineralien / Chinesische Akteure haben unter dem Mantel von Infrastrukturprojekten versucht, Flughäfen aufzukaufen |
| Island | Der chinesische Ölgigant hatte 60 Prozent eines großen Offshore-Projekts gehalten, ehe es wegen zu hohen Kosten eingestampft wurde |
| Finnland | Chinesische Akteure haben zwei Projekte für Bio-Treibstoffe finanziert |
| Russland | 2018 hatte die China Development Bank zehn Milliarden Dollar in die Initiative Belt and Road gesteckt, außerdem hat chinesisches Geld 80 Prozent des wichtigen Yamal-LNG-Projekts finanziert |
Quelle: House Committee on Foreign Affairs, US-Regierung
China hat dementsprechend enorme Mittel, um auf Russland Druck auszuüben, sollte sich der Kreml zu nah an die USA annähern. Noch ist das Eis nicht geschmolzen – Projekte in arktische Infrastruktur kosten viel Geld, und ohne chinesische Investments könnten Russlands Bemühungen erlahmen.
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