Von Exporten abhängig
US-Strafzölle: Italiens Wirtschaft fürchtet Trump und warnt vor „Deindustrialisierung“
Bislang halten die Exporte Italiens Wirtschaft über Wasser – aber die angedrohten US-Strafzölle könnten das Land empfindlich treffen. Da hilft auch Giorgia Melonis Freundschaft zu Donald Trumps nichts.
Rom – Für Giorgia Meloni sind die Tage derzeit nicht mehr so einfach wie noch im Januar. Damals war sie die einzige EU-Regierungschefin, die an der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump in Washington teilnahm. In den umstrittenen Debatten über Migration, Familienpolitik und gesellschaftliche Werte vertreten Meloni und Trump ähnliche ideologische Positionen. Der US-Präsident lobte sie sogar dafür, die EU „im Sturm erobert“ zu haben. Doch seit rund zwei Wochen muss auch Meloni erkennen, dass für Trump wirtschaftliche Interessen Vorrang haben – selbst vor bilateralen Freundschaften oder Bündnissen.
US-Strafzölle: Italiens Wirtschaft bangt vor Trumps Drohung – Wichtige Industrieregion kriselt bereits
Trump hat angekündigt, Importwaren aus der EU mit Strafzöllen von 25 Prozent zu belegen. Seit Mittwoch (12. März) sind Aluminium- und Stahl-Waren betroffen, ob noch weitere Folgen, bleibt abzuwarten. Trumps hatte allerdings bereits für Anfang April seine „wechselseitigen Zölle“ angekündigt – also auf alle Produkte, wo die USA derzeit weniger Zoll erheben als ihre Handelspartner. Für Italien könnten die Folgen gravierend sein. Die Wirtschaft ist – ähnlich wie die deutsche – stark exportabhängig, insbesondere in der Fertigungsindustrie. Eine Eskalation, etwa durch Gegenmaßnahmen der EU, die ab April gelten sollen, könnte Italien noch tiefer in eine Abwärtsspirale reißen. Wie fragil die Lage ist, zeigt sich in Emilia-Romagna – einer wirtschaftlich bedeutenden Region zwischen der Po-Ebene und der Adriaküste in Norditalien.
Die Region gilt als wirtschaftlicher Motor Italiens, doch Umsatz und Produktion gingen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um drei Prozent zurück. Besonders Metallverarbeitung (Minus 5,1 Prozent), Modebranche (Minus 8 Prozent) und mechanische Industrie (Minus 3,9 Prozent) verzeichneten erhebliche Verluste. Generell ging die Inlandsnachfrage für Produkte aus dieser Region um fünf Prozent zurück. Ein Knick in der Kurve kann schnell Auswirkungen auf die gesamte italienische Wirtschaft haben.
Italiens Wirtschaftsbosse sehen „Angriff auf europäische Unternehmen und Arbeitsplätze“
Noch verhindern starke Exporte größere Verluste. Dennoch wächst in Italien die Sorge vor den möglichen Auswirkungen der Strafzölle: Emanuele Orsini, Präsident des einflussreichen Industrieverbands in Emilia-Romagna, sprach in Bezug auf Trumps Drohung von einem „Angriff auf europäische Unternehmen und Arbeitsplätze“. Dieser ziele auf eine „Deindustrialisierung“ Europas ab. Laut Fabio Panetta, Präsident der italienischen Zentralbank, könnten die Strafzölle und mögliche Gegenmaßnahmen das Wirtschaftswachstum der EU um 0,5 Prozentpunkte senken. Mit den härtesten Folgen für Deutschland und Italien.
Zwar ist die Prognose für 2025 in Italien noch positiv: Rund 153.000 neue Jobs werden im Bereich Innovation, Technologie und Künstliche Intelligenz erwartet. Das BIP soll um 0,6 Prozent wachsen. Doch die Folgen des Ukraine-Krieges und die hohen Energiekosten lähmen die eigentlich florierende Wirtschaft.
Italiens Außenminister will Beziehungen zu USA stärken – Meloni ist von Trumps Ukraine-Haltung geschockt
Die Regierung um Meloni hält sich aktuell noch zurück. Der stellvertretende Ministerpräsident und Außenminister Antonio Tajani forderte gar, die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten zu stärken, „indem wir Importe und Investitionen steigern“. Und dennoch schob er hinterher: „Aber wir müssen uns auch auf neue Märkte konzentrieren.“ Auch Meloni verfolgt nun diese Strategie, nachdem sie vom Eklat zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Trump Ende Februar überrascht wurde. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine positioniert sich Meloni als starke Unterstützerin Kiews. Dass Trump nun Russland nicht mehr eindeutig als Aggressor tituliert sowie die Unterstützung der Ukraine in Frage stellt, widerstrebt der Ministerpräsidentin.
Hinzu kommt die hohe Verschuldung Italiens, das somit wenig Spielraum für zusätzliche Ausgaben für die Landesverteidigung oder die Ausstattung anderer Nationen hat. Eine Ausnahme bildet das 800-Milliarden-Euro-Paket für das europäische Militär und die Ukraine, dem die meisten Regierungschefs der EU – so auch Meloni – zugestimmt haben.
EU-Sondergelder helfen Italien – Marcon und Starmer mischen bei Trump mit, weil Melonis Einfluss sinkt?
Die Finanzierung erfolgt über Sondergelder der EU, sodass Italien am Ende langjährige Lücken in den eigenen Verteidigungsstrukturen stopfen könnte. Die wirtschaftlichen Probleme im Falle der Strafzölle löst diese Finanzspritze allerdings nicht – genau wie Melonis bisherige Interventionen. Längst haben sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer in die Gespräche mit Trump eingeschaltet. Dabei war sich Italiens Regierungschefin Anfang Februar noch sehr sicher, dass ihr Einfluss durchaus Gewicht hätte. Sie wolle ihre „hervorragenden Beziehungen zu Trump-Administration nutzen, um eine Eskalation zu vermeiden“. Diese sei in niemandes Interesse.
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