Sanktionen im Fokus
Umgehung der West-Sanktionen: China unterstützt Russland laut neuem Bericht
Vertraulicher EU-Bericht zeigt: China verantwortet anscheinend 80 Prozent der Umgehungen westlicher Russland-Sanktionen.
Frankfurt – Die Europäische Union sieht China als Hauptakteur bei der Umgehung westlicher Sanktionen gegen Russland. Laut einem vertraulichen Bericht des deutschen Außenministeriums, der der Süddeutschen Zeitung, dem NDR und dem WDR vorliegt, sollen rund 80 Prozent der Umgehungen auf chinesisches Handeln zurückzuführen sein. Der Bericht basiert auf Aussagen des EU-Sanktionskommissars David O‘Sullivan, der Anfang Mai in Brüssel die Lage erläuterte.
China als Russland-Unterstützer?
O‘Sullivan betonte, dass die Sanktionen die russische Wirtschaft zwar belasten, aber weiterhin erhebliche Schwierigkeiten bei der Durchsetzung bestehen. China weist die Vorwürfe der Sanktionsumgehung zurück. Das chinesische Außenministerium bezeichnete die Anschuldigungen als „haltlos“ und „politisch motiviert“. Sprecherin Mao Ning sagte auf einer Pressekonferenz am 27. Mai, dass China keine tödlichen Waffen an Konfliktparteien liefere und Güter mit doppeltem Verwendungszweck streng kontrolliere.
Auch andere Länder sollen Sanktionen umgehen – und so Russland helfen
Der Bericht des Auswärtigen Amts fasst eine Sitzung des EU-Außenministerrats vom 20. Mai zusammen. Dort wurden neben China auch Kasachstan, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und die Türkei als kritische Länder genannt, über die Russland Sanktionsumgehungen abwickeln soll.
Laut dem Bericht wurde im Fall der Vereinigten Arabischen Emirate zwar offiziell erklärt, die Exporte nach Russland seien eingestellt worden – konkrete Zahlen fehlen jedoch. Einfuhrstatistiken legen nahe, dass der Handel womöglich dennoch weiterläuft.
Ein besonderes Problem sieht die EU in der Rolle eigener Unternehmen, die sich an der Umgehung der Sanktionen beteiligen sollen. Das untergräbt die Verhandlungsposition der Europäischen Kommission gegenüber Drittstaaten, mit denen über weitere restriktive Maßnahmen diskutiert wird.
Neue Sanktionen gegen Russland – EU nimmt Dünger ins Visier
Die Enthüllungen über Sanktionsumgehungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die EU weitere Schritte gegen Russland vorbereitet. Kürzlich hat das Europäische Parlament umfangreiche Zollerhöhungen auf stickstoffbasierte Düngemittel und bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Russland und Belarus beschlossen. Diese Tarife sollen ab dem 1. Juli 2025 schrittweise eingeführt werden und innerhalb von drei Jahren von derzeit 6,5 Prozent auf nahezu 100 Prozent ansteigen. Ziel ist es, die Einfuhr dieser Produkte wirtschaftlich unattraktiv zu machen und die Abhängigkeit der EU von russischen und belarussischen Importen zu verringern.
Zusätzlich drohen die EU-Staats- und Regierungschefs mit einem neuen, umfassenden Sanktionspaket – dem mittlerweile 18. seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Dieses könnte auch Maßnahmen gegen den Energiesektor und neue finanzielle Restriktionen umfassen. Ein solches Paket werde laut EU-Vertretern zur Anwendung kommen, sollte Russland einem von den USA vorgeschlagenen 30-tägigen Waffenstillstand nicht zustimmen.
Rubriklistenbild: © Kristina Kormilitsyna/Brics-Russ/dpa
