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Kernkraftwerk Saporischschja

„Nur ein Schritt bis zum Fukushima-Szenario“: Ukraine warnt vor atomarem Unfall

Seit Jahren besetzt Russland ein wichtiges Kernkraftwerk. Die Ukraine warnt vor einem atomaren Unfall. Jeder Tag sei ein Risiko.

Saporischschja – Der Ukraine ihre Energieversorgung zu nehmen, ist seit Beginn des Ukraine-Kriegs eines der Hauptziele von Wladimir Putin. Bislang hatte es die Ukraine häufig geschafft, die beschädigte Infrastruktur entweder zu reparieren oder andere Wege zu finden, zum Beispiel mittels westlicher Stromgeneratoren. Allerdings gehört zur ukrainischen Infrastruktur auch das Kernkraftwerk Saporischschja – und das birgt noch einmal ganz andere Risiken.

Gesamtleistung der ukrainischen Kernkraftwerke13.835 MWe
Leistung des Kernkraftwerks Emsland1.400 Megawatt
Leistung des Kernkraftwerks Saporischschja (Power Reactor Information System - PRIS, IAEA)6.000 MWe

„Nur ein Schritt zum Fukushima-Szenario“ – Ukraine warnt vor Saporischschja-Unfall

Vonseiten der Regierung in Kiew kamen bereits des Öfteren Warnungen in Bezug auf das größte Kernkraftwerk der Ukraine. „Die Gefahr eines atomaren Unfalls ist sehr groß“, warnte der ukrainische Energieminister German Galushchenko jetzt im Interview mit der WirtschaftsWoche. Jeder Tag, an dem die Truppen von Wladimir Putin das Kraftwerk Saporischschja besetzt hielten, würde ein Risiko für die Ukraine bedeuten. Galushchenko zufolge kontrollieren und pflegen die Russen die sensible Technik innerhalb des Kraftwerks nicht ausreichend. Acht Stromausfälle habe das Werk bereits durchgemacht, Leitungen seien durch russischen Beschuss beschädigt. „Wir waren bereits einen Schritt vor dem Blackout, das ist nur ein Schritt bis zum Fukushima-Szenario.“

German Galushchenko, Energieminister der Ukraine. Seit Jahren besetzt Russland ein wichtiges Kernkraftwerk. Die Ukraine warnt vor einem atomaren Unfall. Jeder Tag sei ein Risiko.

Mehr noch: Angeblich nutzt Russland das Kernkraftwerk Saporischschja als militärischen Stützpunkt. „Das ist doch alles der Wahnsinn: Wir kümmern uns um die nukleare Sicherheit in der Welt, halten das von Russland besetzte Werk deshalb mit unserem immer knapper werdenden Strom am Laufen, während die Russen unsere Infrastruktur immer weiter zerstören“, sagte Galushchenko.

„Hat die IAEA bestätigt“ – Drei von vier Kernkraftwerken sind sicher

Die Ukraine ist eines der am meisten auf Atomstrom angewiesenen Länder der Welt. Strom aus der Kernkraft macht laut Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) mehr als die Hälfte des ukrainischen Energiemixes aus.

Insgesamt stehen in der ehemaligen Sowjet-Nation vier noch im Betrieb befindliche Kernkraftwerke, die zusammen eine Leistung von 13.835 Megawattstunden elektrisch (MWe: eine Maßeinheit zur elektrischen Leistung eines Generators von Energieumwandlungsanlagen) haben. Zum Vergleich: ein mittleres Atomkraftwerk wie das Kernkraftwerk Emsland hat eine Nennleistung von etwa 1.400 Megawatt, was laut dem Energieunternehmen RWE jährlich elf Milliarden Kilowattstunden Strom für 3,5 Millionen Haushalte liefern kann. Das hatte die Tagesschau berichtet.

Konkret handelt es sich um die folgenden Kraftwerke: Rivne mit vier Reaktoren (nordwestliche Ukraine, 2.835 MWe, laut Power Reactor Information System – PRIS, IAEA), Khmelnitsky (zwei laufende Reaktoren, 2.000 MWe), Süd-Ukraine (drei Reaktoren, 3.000 MWe) und Saporischschja, das mit sechs Reaktoren und 6.000 MWe Leistung das größte Kernkraftwerk Europas ist. Rivne, Khmelnitsky und Süd-Ukraine seien sicher, teilte Galushchenko mit. „Das hat die IAEA auch bestätigt.“

„Drei direkte Treffer“ – Angriffe auf das Kernkraftwerk Saporischschja

Das Kraftwerk in Saporischschja steht bereits seit Kriegsbeginn im Fokus beider Parteien. Bereits 2022 hatte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Zutritt zum Werk beantragt, um die Sicherheit der Reaktoren zu prüfen. Zuletzt hatten im April mehrere Geschosse unbekannter Art das Kernkraftwerk getroffen. Rafael Grossi, Chef der IAEA, hatte im April 2024 auf X von „drei direkten Treffern“ gesprochen, die die Schutzhülle des sechsten Reaktors getroffen hätten.

Noch nie in der Geschichte waren Kriegshandlungen in direkter Nähe zu einem Atomkraftwerk ausgefochten worden, hatte Grossi außerdem vor den Vereinten Nationen mitgeteilt. Die IAEA hatte bereits davor gewarnt, dass das Risiko eines nuklearen Unfalls „gefährlich“ näherrücke. „Lassen Sie es mich so ausdrücken: Zwei Jahre des Kriegs wirken sich deutlich auf die nukleare Sicherheit des Kernkraftwerks Saporischschja aus“, erklärte Grossi. „Diese rücksichtslosen Angriffe müssen sofort aufhören.“

„Es ist Russland, das am Ende die Situation korrigieren muss, indem es die Kontrolle über die Einrichtung zurück in die Hände kompetenter ukrainischer Autoritäten übergibt“, fügte ein Vertreter der Republik Korea im Sicherheitsrat der UN am 15. April 2024 hinzu. IAEA-Experten müssten außerdem vollen Zugriff auf alle Räume der Einrichtung haben.

Was passiert beim Nuklear-GAU?

Davon aber ist Russland weit entfernt. Was mit wichtiger Infrastruktur passiert, die zuerst von Russland besetzt und dann vernachlässigt wird, hatte erst im Jahr 2023 der Kachowka-Staudamm gezeigt. Dieser wurde nach langer russischer Besetzung zerstört. Die darauf folgende Flutwelle hatte an den Ufern des Dnipro-Flusses gewaltige Überschwemmungen und Zerstörung angerichtet. Ein atomarer Unfall in Saporischschja hätte ungeahnte Folgen und könnte – je nach Szenario – Gebiete in bis zu 550 Kilometer Entfernung vom Kraftwerk betreffen.

Galushchenko mahnte bereits wegen des kommenden Winters. „Wir stehen vor dem schwierigsten Winter in unserer Geschichte“, sagte er der WirtschaftsWoche. „Putin wird seine Angriffe nicht stoppen, im Gegenteil.“

Rubriklistenbild: © IMAGO / Avalon.red

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