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Vertrauliche Veranstaltung

Markenchef rechnet gnadenlos mit VW ab - Konzern ist „in einer prekären Lage“

VW kommt nicht zur Ruhe. VW-Markenchef Schäfer soll in einem internen Briefing Missstände schonungslos offengelegt haben. Die Mitarbeiter sind verunsichert.

Wolfsburg - VW-Markenchef Thomas Schäfer hat nach einem Bericht des Business Insider in einem internen Briefing mit dem eigenen Konzern abgerechnet. In dem Live-Format namens „Let’s talk“, bei dem die teilnehmenden Mitarbeiter auch Fragen stellen konnten, legte er gnadenlos offen, was alles schiefläuft. „VW ist in einer prekären Lage“, fasste Schäfer den aktuellen Zustand der Marke zusammen.

VW-Chef rechnet mit eigenem Konzern ab: Düsteres Bild der globalen wirtschaftlichen Lage

Schäfer machte laut dem Onlineportal deutlich, dass VW vor der mit Abstand schwierigsten Phase der jüngeren Unternehmensgeschichte stehe. Mit Blick auf das „Performance-Programm“ dürfe der Autobauer „keine Zeit verlieren“, soll er gesagt haben. Entwarnung könne nicht gegeben werden, im Gegenteil. Mit dem „Performance Programms“, das Ende 2023 vorgestellt wurde, sollen bis 2026 durch Einsparungen bei Material-, Entwicklungs- und Fertigungskosten, aber auch beim Personal die Kosten um zehn Milliarden Euro gesenkt werden.

VW-Markenchef Thomas Schäfer legte in einer vertraulichen Veranstaltung den Finger auch viele Wunden

Ein Teil von Schäfers Vortrag sei den Rahmenbedingungen gewidmet gewesen, mit denen VW zu kämpfen habe. So zeichnete der Markenchef ein düsteres Bild der weltwirtschaftlichen Lage, die die Bereitschaft, Geld auszugeben, sinken lasse. Zudem verwies er auf neue Wettbewerber, vor allem aus China, die nach Europa exportieren. „Hier entbrennt ein Wettbewerb, den wir aushalten müssen“.

VW-Chef rechnet mit eigenem Konzern ab: Verrückte Vorgänge in China und bei Tesla

Sorgen bereitet ihm auch der Preisverfall bei Elektroautos. „Es gibt verrückte Vorgänge in China und bei Tesla“, sagte Schäfer mit Blick auf die wiederholten Preissenkungen durch den US-Autobauer. „Wenn wir nichts machen, wird es immer schwieriger, unsere Erfolge darzustellen“.

Wie das Manager Magazin berichtet, ist in den ersten neun Monaten 2023 die operative Marge bei VW von 4,7 auf 3,4 Prozent gesunken, auch weil die Herstellungskosten so hoch sind. Entsprechend hart geht Schäfer mit diesem Problem ins Gericht. Die Werke würden zu lange brauchen und die Autos zu teuer produzieren. „Da wurden Produktionsprogramme in letzter Minute geändert“, kritisiert Schäfer. Außerdem müsse man die Stückzahlen an den Mann bringen und die Preise durchsetzen. Sonst müsse man später gegen den Verfall arbeiten sowie „Dinge wegsparen“, was „viel schwieriger“ sei.

Zahl der teuren Überstunden soll bei VW halbiert werden

Eine weitere Baustelle ist für Schäfer der sozialverträgliche Personalabbau. Bereits im Oktober hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, dass 20 Prozent der Stellen im sogenannte indirekten Bereich, in dem 20.000 Personen angestellt sind, abgebaut werden sollen. Explizit betroffen sein sollen Mitarbeitende in den Bereichen Verwaltung, Vertrieb, Entwicklung sowie der Produktionsvorbereitung.

Vor allem zu diesem Themenkomplex sind offenbar viele Fragen der Teilnehmer über die Chatfunktion des Treffens gekommen. So hätten Beschäftigte auch nach der Zukunft der Auszubildenden gefragt. Will VW auch hier sparen? Hier zeigte sich: Wenn weniger Menschen bei Volkswagen arbeiten, sinkt auch die Zahl der Auszubildenden.

Eine weitere Frage kam zu den Aufhebungsverträgen, die VW anbieten will. Schäfer sagte, das Unternehmen werde um Abfindungen „wahrscheinlich nicht herumkommen“. Er wolle dieses Instrument aber nur gezielt einsetzen. Eine „Gießkanne“ werde es wegen der hohen Kosten nicht geben.

Die Zahl der Überstunden bei VW will Schäfer halbieren. „Wir haben unfassbare viele Stunden Mehrarbeit“, für die man „Millionen und Abermillionen“ Euro ausgebe. Das müsse man in den Griff bekommen. Bei termingebundener Projektarbeit seien Überstunden oft nicht zu vermeiden. Ansonsten gelte die Devise: „Mehrarbeit bitte dosiert“.

Top 10: Die zehn beliebtesten Automarken in Deutschland im Jahr 2023

Fahraufnahme eines Fiat 500
Platz 10 – Fiat: Die zum Stellantis-Konzern gehörende Marke Fiat hat es mit 76.535 neu zugelassenen Fahrzeugen im Jahr 2023 in Deutschland auf den zehnten Platz geschafft. Damit kamen die Italiener auf einen Marktanteil (MA) von 2,7 Prozent. (Symbolbild) © Fiat
Fahraufnahme eines Hyundai Kona Electric
Platz 9 – Hyundai: Die Koreaner schafften es mit 106.381 Neuzulassungen im Jahr 2023 auf den neunten Rang. Hyundai bracht es damit in Deutschland auf einen Marktanteil von 3,1 Prozent. (Symbolbild) © Hyundai
Ein Ford Kuga
Platz 8 – Ford: Genau 116.578 Neuzulassungen konnte Ford im Jahr 2023 in Deutschland auf seinem Konto verbuchen. Das reichte im Jahresranking für den achten Platz und einen Marktanteil von 4,1 Prozent. (Symbolbild) © Ford
Fahraufnahme eines Seat Arona
Platz 7 – Seat: Mit 132.624 verkauften Fahrzeugen sicherte sich Seat den siebten Rang im Ranking des Jahres 2023. In Deutschland kamen die Spanier damit auf einen Marktanteil von 4,7 Prozent. (Symbolbild) © Seat
Fahraufnahme eines Opel Astra Electric Sports Tourer
Platz 6 – Opel: Der Autobauer Opel kam in Deutschland im Jahr 2023 auf 144.901 Neuzulassungen. Für den zum Stellantis-Konzern gehörenden Hersteller bedeutete das einen Marktanteil von 5,1 Prozent und Platz 6 im Jahres-Ranking. (Symbolbild) © Opel
Ein Skoda Kodiaq
Platz 5 – Skoda: Die zum VW-Konzern gehörende Marke Skoda brachte es in Deutschland im Jahr 2023 auf 168.561 Neuzulassungen. Die Tschechen kamen damit auf einen Marktanteil von 5,9 Prozent. (Symbolbild) © Skoda
Fahraufnahme eines BMW 5er
Platz 4 – BMW: Mit 233.160 Neuzulassungen im Jahr 2023 sicherte sich der Münchner Autobauer den vierten Platz im Jahres-Ranking. In Deutschland kam BMW damit auf einen Marktanteil von 8,2 Prozent. (Symbolbild)  © BMW
Fahraufnahme eines Audi Q8
Platz 3 – Audi: Die Marke mit den vier Ringen verbuchte in Deutschland 246.800 Neuzulassungen. Damit kamen die Ingolstädter im Jahr 2023 hierzulande auf einen Marktanteil von 8,7 Prozent. (Symbolbild) © Audi
Fahraufnahme eines Mercedes-AMG GLC 63 S E Performance
Platz 2 – Mercedes: Im Jahresranking 2023 belegen die Stuttgarter mit 277.352 Neuzulassungen in Deutschland den zweiten Platz. Sie sicherten sich einen Marktanteil von 9,8 Prozent. (Symbolbild) © Mercedes
Fahraufnahme eines VW Golf
Platz 1 – Volkswagen: Insgesamt 519.089 Pkw der Marke VW wurden im Jahr 2023 neu zugelassen – damit kamen die Wolfsburger in Deutschland auf einen Marktanteil von 18,2 Prozent und sicherten sich den ersten Platz. Einer der Bestseller ist nach wie vor der Golf. (Symbolbild) © Volkswagen

VW-Chef rechnet mit eigenem Konzern ab: Von Mitarbeitern wird Flexibilität gefordert

Barsch antwortete Schäfer auf die von vielen Beschäftigten offenbar befürchtete Arbeitsverdichtung. Auf die Frage, ob ein VW-Verwaltungsangestellter aus Wolfsburg einen ähnlichen Job im VW-Werk Emden annehmen müsse, wenn seine Stelle am Stammsitz wegfalle, habe Schäfer gereizt geantwortet: „Ja, ist das schlimm? Ich glaube nicht!“ Genau diese Umzugsbereitschaft erwarte er. Das sei die Flexibilität, die er von allen seinen Mitarbeitern verlange - und übrigens auch von sich selbst.

Auf der Abrechnungsliste von Schäfer steht auch die Komplexität in vielen VW-Abteilungen. Für ihn gibt es zu viele Gremien und Entscheidungsebenen. Daran würden er und sein Team arbeiten - und wohl auch einige kappen wollen.

VW-Chef rechnet mit eigenem Konzern ab: Viele brisante und bedenkliche Botschaften

Um Kosten zu sparen, plädiert der Markenchef auch dafür, „repetitive Tätigkeiten, die nicht Kerngeschäft sind, konsequent zu outsourcen“. Dazu sollten bestimmte Tätigkeiten in „Best Cost Countries“ verlagert werden. Als Beispiel nannte er eine mögliche Verlagerung der Rechnungsstellung von Deutschland nach Polen.

Die vertrauliche Veranstaltung scheint die Mitarbeiter offenbar sehr versichert zu haben, wie aus Gesprächen des Business Insider mit Teilnehmern hervorgeht. Demnach sagte ein Manager besorgt: „Oft mochte ich meinen Ohren kaum trauen, so brisant und bedenklich waren viele Botschaften Schäfers.“

Bereit im Juli vergangenen Jahres sprach Schäfer in einer Brandrede von einem „Feuer im Dachstuhl“. Es müssen Kosten gespart werden.

Rubriklistenbild: © Julian Stratenschulte/dpa

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