Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

„Hidden champions“ in Fokus nehmen

ThyssenKrupp, Bosch, VW: Lage ist „sehr ernst“ – Ökonom Fuest skizziert Weg aus der Krise

Mit ThyssenKrupp kündigt ein weiterer deutscher Weltkonzern angesichts der Wirtschaftskrise Stellenabbau an. Experte Clemens Fuest rät zu einem Blick auf andere Branchen.

Mainz – 11.000 Stellen will ThyssenKrupp bei seiner Tochter ThyssenKrupp Steel abbauen, bei Bosch sollen von den bis zu 5550 zu streichenden Stellen 3800 in Deutschland betroffen sein, bei VW könnte die Zahl sogar fünfstellig sein. Erschreckende Entwicklungen bei drei Weltkonzernen aus Deutschland, die zu unterstreichen scheinen, wie schlecht es um die Wirtschaft in der Bundesrepublik bestellt ist.

Auch Clemens Fuest will nichts beschönigen. Im Interview mit ZDF heute betonte der Präsident des ifo Instituts: „Die Lage ist schon sehr ernst.“ In Bezug auf ThyssenKrupp, das für die jüngste Hiobsbotschaft sorgte, hält er fest: „Seit dem Jahr 2000 ist die Stahlproduktion in Deutschland um ungefähr ein Viertel zurückgegangen.“ Es sei eine „Tendenz zur Verlagerung in Schwellenländer“ festzustellen. Stahl zähle zu den Produkten, die auch dort leicht produziert werden können.

Fuest über ThyssenKrupp & Co.: „Kosten am Standort Deutschland werden erhöht“

Grundsätzlich gebe es „einen Strukturwandel-Effekt. Und der wird verstärkt durch die deutsche Wirtschaftspolitik, die eben Kosten am Standort Deutschland erhöht und das Energie-Angebot verknappt.“ Dazu zählt er die Dekarbonisierung, den Ausstieg aus der Kernenergie und – natürlich nicht freiwillig – das Ende der Gas-Importe aus Russland.

Die Automobil-Industrie sind für den Ökonomen der „zweite Sorgenbereich in der deutschen Industrie“. Hier erwähnt Fuest den von der Politik forcierten Übergang zur Elektromobilität.

„Das wäre zwar alles auszuhalten, wenn neue Dinge entstehen würden. Aber gleichzeitig entsteht einfach zu wenig Neues in diesen Unternehmen“, moniert der 56-Jährige: „Es entstehen auch zu wenig neue Unternehmen in Deutschland und Europa, weil es interessanter ist, mit neuen Unternehmen in die USA zu gehen.“

Die Angst vor dem Jobverlust: ifo-Instituts-Chef Clemens Fuest hat keine guten Nachrichten für ThyssenKrupp, VW, Bosch & Co.

Fuest über den Standort Deutschland: Sehr viel Bürokratie und komplexe Genehmigungsverfahren

So gewinne die Deindustrialisierung an Fahrt und es fehle an Alternativen. Hinzu kämen bekannte Hürden: „sehr viel Bürokratie, komplexe Genehmigungsverfahren“, für Menschen in niederen Einkommensbereichen würde sich Arbeit kaum lohnen, unter allen G7-Staaten rufe Deutschland die höchsten Unternehmenssteuern auf.

„Es ist diese Summe der Belastungen, die es den Unternehmen sehr schwer macht“, fasst Fuest zusammen. Bei der Frage nach Lösungen rät er von Sofortmaßnahmen wie kurzfristigen Subventionen ab: „Meine Empfehlung wäre, sich hinzusetzen und sorgfältig darüber nachzudenken, wie man eine Strategie entwickeln kann, die den Standort stärkt.“

Die besten Arbeitgeber in Deutschland: Zu diesen Unternehmen wollen Fachkräfte 2025 gehen

Siemens AG - Hauptversammlung
Siemens hat es an die Spitze geschafft: In Deutschland würden viele Ingenieure am liebsten zu diesem Arbeitgeber gehen. Dort erhoffen sie sich neben guter Bezahlung und flexiblen Arbeitszeiten eine Firma, die für Innovation steht.  © Sven Hoppe/dpa
Die Vorstände des Technologie-Konzerns Bosch Christian Fischer (l-r), Markus Forschner, Stefan Grosch, Stefan Hartung (Vorsitzender), Tanja Rückert, Markus Heyn und Frank Meyer stehen bei der Bilanz-Pressekonferenz des Konzerns an einem Bosch Logo.
Bosch ist auf Platz 2 der führenden Arbeitgeber für junge Fachkräfte im Ingenieurswesen in Deutschland. Damit ist erstmals kein Automobilunternehmen ganz oben mit dabei - dafür aber ihre Zulieferer.  © Bernd Weißbrod/dpa
Porsche 911 Turbo 50 Jahre
Im Ranking der Beratungsfirma Universum hat es Porsche auf den dritten Platz geschafft. Beim letzten Ranking stand der Autokonzern noch an der Spitze, büßt bei Ingenieuren also zwei Plätze ein.  © Porsche AG
BMW-Stammwerk in München
Auch die BMW Group gehört zu den beliebtesten Arbeitgebern der deutschen Ingenieure. Wie viele Autokonzerne kämpft auch BMW mit harten Zeiten - doch beim Thema E-Mobilität hat dieses Unternehmen die Nase vorn.  © Sven Hoppe/dpa
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen, l-r), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Markus Schäfer, Vorstandsmitglied der Mercedes-Benz Group, Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz Group, und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, stehen während der Eröffnungsfeier des Mercedes-Benz-Campus ´zusammen
Bei Mercedes-Benz erhoffen sich Ingenieure ebenfalls eine gute Zukunft mit guter Bezahlung und fairen Arbeitsbedingungen. Noch dazu scheint das Unternehmen sich als besonders innovativ herausstellen zu können.  © Sebastian Gollnow/dpa
Ein Airbus von Qatar Airways landet auf dem Hamburger Flughafen
Einen Platz nach oben gerutscht ist im Universum-Ranking für Ingenieure auch Airbus. Der Flugzeughersteller konnte sich in den vergangenen Monaten gegenüber dem Konkurrenten Boeing positiv positionieren - letzterer ist geplagt von Skandalen und Negativschlagzeilen.  © Georg Wendt/dpa
Gernot Döllner, Vorstandsvorsitzender der Audi AG, bei der Vorstellung der Jahreszahlen 2023.
Auch Audi bleibt bei Ingenieuren als Arbeitgeber beliebt - muss aber zwei Plätze im Vergleich zum Vorjahr einbüßen. Die Ingolstädter leiden ebenfalls unter der Autokrise - gerade wird über die Schließung eines Werks in Brüssel intensiv diskutiert.  © Sven Hoppe/dpa
Google eröffnet Cloud-Rechenzentrum in Hanau
Google ist für Ingenieure ein beliebter Arbeitgeber in Deutschland, der Tech-Riese steigt sogar auf im Ranking. Bei der letzten Untersuchung konnte Google nur den 10. Platz für Ingenieure belegen. Dafür ist der Gigant aus den USA im Fachkräfte-Ranking bei der IT an der Spitze der beliebtesten Arbeitgeber.  © Arne Dedert/dpa
Deutsche Bahn fährt in Dresden
Kaum zu glauben, aber wahr: Die Deutsche Bahn gehört zu den beliebtesten Arbeitgebern für Ingenieure in Deutschland. Trotz seines schlechten Rufs als Verkehrsmittel scheint die Firma insbesondere Fachkräfte gut zu erreichen. Bei den Lokführern und Kontrolleuren hingegen hörte man zuletzt eigentlich nur Frust.  © Robert Michael/dpa
Björn Bernhard, Geschäftsführer der Rheinmetall Landsysteme GmbH, spricht bei der Übergabe vom Radpanzer für die Bundeswehr vom Typ Boxer als Schwerer Waffenträger Infanterie. Der Rüstungskonzern Rheinmetall ist mit der Lieferung der 123 Boxer-Fahrzeuge beauftragt worden.
Auf Platz 10 hat es zum ersten Mal ein Rüstungsunternehmen geschafft: Rheinmetall steigt im Ranking der Ingenieure um drei Plätze auf. Damit profitiert das Unternehmen von einer neuen Stellung und Wahrnehmung im Land.  © Philipp Schulze/dpa

Wirtschaftskrise in Deutschland: Fuest zeigt zwei Lösungswege aus dem Tief auf

Er selbst skizziert zwei Anpassungsmöglichkeiten. „Entweder, man verändert die Energiepolitik und versucht, das Energie-Angebot zu erhöhen“, nennt Fuest den ersten Weg. „Das versucht die Politik in Deutschland zum Beispiel mit schnellerem Netzausbau, mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien.“ Dies sei an sich „richtig, aber wir werden da teurer bleiben, weil andere die ganze Breite der Technologien einsetzen, eben auch die Kernenergie, teilweise auch fossile Brennstoffe, da können wir nicht mithalten“.

Und Lösung B? „Der andere Weg ist die Anpassung. Dass wir es also akzeptieren, dass die energieintensive Industrie schrumpfen wird. Das sind etwa 15 Prozent der industriellen Wertschöpfung in Deutschland“, zeigt er eine Option auf, die für manche Branchen enorm schmerzhaft sein würde.

Bangen um ihren Job: Mitarbeiter von ThyssenKrupp halten nach den jüngsten Meldungen eines Stellenabbaus eine Mahnwache ab.

Fuest über grüne Technologien: „Können wichtige Ergänzung sein - aber mehr auch nicht“

Doch für Fuest lohnt es, den Blick zu weiten: „Wir haben sehr, sehr viele Unternehmen in Deutschland, sehr produktive, die nicht so energieintensiv sind. Und wir müssen Raum schaffen für ganz neue Unternehmen.“ Erstere seien „Hidden Champions, Unternehmen, die in Nischen Weltmarktführer sind“ und augenscheinlich nicht die Aufmerksamkeit bekommen wie die schwankenden Weltkonzerne.

Fuest, der die Lage bereits zu Jahresbeginn als „extrem schlecht“ eingestuft hatte, malt also mit dem Blick auf die deutsche Wirtschaft keineswegs schwarz. Allerdings wäre es seiner Meinung nach auch falsch, alles auf Grün zu setzen: „Die Vorstellung, dass grüne Technologien die Basis sind für den Industriestandort Deutschland, das ist eine Illusion, das ist Wunschdenken. Sie können eine wichtige Ergänzung sein, vielleicht mal in der Zukunft, aber mehr auch nicht.“ (mg)

Rubriklistenbild: © Screenshot ZDF, IMAGO / Funke Foto Services

Kommentare