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Ampel-Plan

Strengere Sanktionen beim Bürgergeld – Sorge vor „Drehtüreffekt“

Zwei Menschen gehen in die Agentur für Arbeit in Hamburg.
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Die Ampel-Regierung will die Sanktionen für Bürgergeld-Bezieher verschärfen. (Symbolfoto)

Die Ampel-Regierung strebt an, die Sanktionen für Personen, die Bürgergeld beziehen, zu verschärfen. Skeptiker behaupten jedoch, dass dies keine langfristige Verbesserung bewirken würde.

Berlin – Die Ampel-Regierung wird sich noch einmal das erst im vergangenen Jahr eingeführte Bürgergeld zur Brust nehmen – und bei den Sanktionen nachschärfen. So sollen härtere Regeln mehr Bezieher von Bürgergeld zur Aufnahme einer Arbeit bewegen. Die Maßnahmen sind Bestandteil der sogenannten Wachstumsinitiative der Ampel-Koalition, die vor allem dazu dienen soll, die lahmende deutsche Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Doch an dem Plan gibt es auch heftige Kritik.

Schärfere Sanktionen beim Bürgergeld: Das sind die Pläne der Ampel

Das 31-seitige Papier der Ampel über die Verschärfung der Bürgergeld-Sanktionen kann auf der Seite der Bundesregierung heruntergeladen werden. „Um die Akzeptanz der Leistungen zu erhalten und um mehr Betroffene in Arbeit zu bringen, ist es erforderlich, das Prinzip der Gegenleistung wieder zu stärken“, heißt es darin.

So soll künftig bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu sechs Stunden eine Pendelzeit von zweieinhalb Stunden zumutbar sein, bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden sollen sogar drei Stunden Hin- und Rückfahrt in Kauf genommen werden müssen. Die Jobcenter sollen in einem Umkreis von 50 Kilometern nach einem Arbeitsplatz suchen.

Verschärfen wollen SPD, Grüne und FDP auch die Mitwirkungspflichten der Bezieher von Leistungen. „Wer eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne triftigen Grund ablehnt, wird mit erhöhten Kürzungen des Bürgergeldes rechnen müssen“, heißt es in dem Papier. Die Bundesregierung werde dazu eine einheitliche Minderungshöhe und -dauer von 30 Prozent für drei Monate einführen.

Bürgergeld-Sanktionen: Leistungskürzungen bei Schwarzarbeit

Leistungsbezieher, die dem Arbeitsmarkt kurzfristig zur Verfügung stehen, werden sich künftig zudem einmal im Monat persönlich bei der zuständigen Behörde melden müssen. Schwarzarbeit von Bürgergeld-Empfängern soll künftig als Pflichtverletzung geahndet werden und zu Leistungskürzungen von 30 Prozent für drei Monate führen.

Bevor Bürgergeld beansprucht werden kann, sollen Betroffene erst einmal vorhandenes eigenes Vermögen aufbrauchen. Die Altersvorsorge bleibt davon aber ausgenommen. Die Ampel will außerdem Menschen, die sich Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt immer wieder verweigern, verstärkt Ein-Euro-Jobs zuweisen.

„Drehtüreffekt“ und „Rückschrittskoalition“: Kritiker monieren Verschärfung der Sanktionen

Bürgergeld-Beziehern drohen also nun in vielerlei Hinsicht härtere Regelungen. Dagegen hagelt es jetzt Kritik von unterschiedlichen Seiten. So warnt die Aktivistin Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei vor dem sogenannten Drehtüreffekt. „Unter Androhung von Sanktionen werden häufig Jobs angenommen, die nicht zu den Lebenssituationen der Menschen passen. Kurze Zeit später sind sie wieder im Jobcenter“, erklärt Steinhaus gegenüber dem NDR.

Auch der Armutsforscher Christoph Butterwegge kritisierte das Vorhaben der Ampel im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Köln. Zuerst habe man, um Hartz IV zu „überwinden“, wie es bei der SPD und den Grünen vollmundig geheißen habe, Leistungsbezieher durch einen Bürgergeldbonus in Höhe von 75 Euro pro Monat zur beruflichen Weiterbildung motiviert. Dann habe man ihn aber wegen der Probleme beim Bundeshaushalt 2024 ein halbes Jahr nach Inkrafttreten schon wieder abgeschafft. 

Nun würden mit den neuen Haushaltsbeschlüssen auch die zunächst abgeschwächten Sanktionen wieder verschärft. „Die Sanktionen, die da jetzt neu eingeführt werden, zum Beispiel bei Schwarzarbeit oder wenn man nicht bereit ist, lange Fahrtzeiten in Kauf zu nehmen, sind zum Teil Regelungen, die schärfer sind, als sie das bei Hartz IV waren.“ Deshalb müsse man sozialpolitisch von einer „Rückschrittskoalition“ sprechen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) weist jedoch die Kritik an den Bürgergeld-Plänen zurück. „Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit gegenüber denjenigen, die arbeiten, den fordernden Charakter unserer Arbeitsmarktpolitik zu stärken“, schrieb Lindner am Montag im Internetdienst X. „Konsequentere Mitwirkungs- und Meldepflichten, neue Zumutbarkeitsregeln und schärfere Sanktionen beim Bürgergeld sind ein Schritt nach vorn.“

Bürgergeld-Sanktionen: „Die Frage ist: Werden dadurch wirklich die Arbeitsunwilligen herausgefiltert“

Und wie sehen die Bürgergeld-Beziehenden selbst ihre Situation? Dazu hat der NDR den Bürgergeld-Empfänger Marc in einem Jobcenter in Hamburg befragt, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte. Die finanzielle Unterstützung durch die Sozialleistung sei für ihn nur ein Übergang, sagt er dem Sender.

Die Diskussion um die Verschärfung der Sanktionen löst bei ihm allerdings gemischte Gefühle aus: „Verschärfungen für Leute, die sich darauf ausruhen – okay. Die Frage ist: Werden dadurch wirklich die Arbeitsunwilligen herausgefiltert oder wird es Leuten schwer gemacht, die nur übergangsweise Hilfe benötigen?“, fragt er. Mit Material der dpa und AFP

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