Wegen chinesischem Preis-Dumping
Das Ende von Europas Solarbranche – Solarwatt prüft Produktionsende
Ein möglicher Exodus der Solaranlagenhersteller steht bevor. Nach Meyer Burger prüft nun auch Solarwatt, ob die Produktion sich noch lohnt. Die deutsche Solarbranche ist am Abgrund.
Berlin – Der Modulhersteller Solarwatt warnt vor dem Aus der deutschen Solarindustrie. Schon in wenigen Monaten könnte der Hersteller die Produktion einstellen. „Wenn gar nicht passiert, müssen wir darüber nachdenken, wie es mit unserer Produktion weitergeht“, sagte der Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus gegenüber dem Handelsblatt. Aktuell prüft der Hersteller über die Schließung der Fabrik.
| Anteil Chinas am Solarmodul-Import | 87 Prozent |
|---|---|
| Preiseinbruch bei Solaranlagen innerhalb der letzten Monate | 50 Prozent |
| Neuinstallation Solaranlagen in Deutschland (2023) | 1 Million |
Solarwatt warnt vor Billigmodulen aus China
Der Grund ist – genau wie bei Hersteller Meyer Burger, der vorher die Schließung seiner deutschen Werke angekündigt hatte – die „anhaltende Flut“ von Billigmodulen aus China. Die europäischen Solarhersteller geraten immer stärker in Existenznot. Umso deutlicher fordert die Branche nun Unterstützung vonseiten der Politik. Ob und wann diese kommt, ist unklar.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) signalisierte bereits Hilfsbereitschaft in Berlin. Allerdings geht es hier nicht nur um die Produktion, sondern auch um Entwicklung. Laut Neuhaus gehört dazu auch, „dass wir uns in Europa und in Deutschland die Fähigkeit erhalten, Forschung, Entwicklung und Produktion im Erneuerbare-Energie-Sektor zu betreiben“. Sollte es jetzt keine ausreichende Antwort vonseiten der Politik geben, so ist Neuhaus „davon überzeugt, dass es keine nennenswerte produzierende Solarindustrie in Europa geben wird“.
Großteil der Solar-Importe stammen aus China
Ein Problem dabei: Ein gewaltiger Teil der verbauten Photovoltaikanlagen stammt aus China. Für das Jahr 2022 hatte das Statistische Bundesamt (Destatis) einen Anteil von rund 87 Prozent ermittelt, den die chinesischen Modelle an allen nach Deutschland importierten Anlagen ausmachten. Der Wert der eingeführten chinesischen Produkte betrug rund 3,1 Milliarden Euro.
Mit einigem Abstand folgten danach die Niederlande (vier Prozent) und Taiwan (drei Prozent). Der Wert der Importe von Photovoltaikanlagen war 2022 mehr als doppelt so hoch wie der Wert der Exporte dieser Waren aus Deutschland. Als wichtigsten Abnehmer deutscher Anlagen hat die Wiesbadener Behörde andere europäische Staaten wie Österreich, die Niederlande und Italien identifiziert.
China verkauft 20 Prozent unter Produktionskosten
Das noch größere Problem ist aber laut Neuhaus das extreme Preisdumping der chinesischen Wettbewerber. „Wegen unfairer Wettbewerbsbedingungen ist die produzierende Branche in Deutschland und Europa massiv existenzbedroht. Und da reden wir nicht von Jahren, sondern von Monaten“, erklärt Neuhaus im Interview beim Handelsblatt.
Zwar habe die Konkurrenz aus Asien stets rund 20 bis 40 Prozent unter den europäischen Preisen verkauft, aber seit neuestem verkaufen diese Anbieter noch einmal 20 Prozent unter ihren Produktionskosten. „Innerhalb der vergangenen sechs Monate sind die Preise um 50 Prozent gefallen“, erklärt der Solarwatt-Chef. Für europäische Hersteller sei es unmöglich, da mitzuhalten. „Das sind unfaire Wettbewerbsbedingungen.“
Solaranlagen werden immer beliebter
Wie der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) mitteilte, kommen Solaranlagen bei Kunden gut an. Im vergangenen Jahr hatten die Unternehmen mehr als eine Million neue Solaranlagen zur Strom- oder Wärmeerzeugung installiert – eine Rekordzahl. Daten der Bundesnetzagentur stützen dies; auf den Dächern und Freiflächen Deutschlands nahmen die Betreiber Solarstromsysteme mit einer Spitzenleistung von rund 14 Gigawatt in Betrieb.
Für 2024 rechnete der Branchenverband noch mit einer anhaltend hohen Nachfrage. Dafür machte der BSW Solar die steigenden Strompreise und die attraktiven Förderkonditionen verantwortlich. „Für 2024 erwarten wir einen anhaltenden Solarboom. Als Solarwirtschaft werden wir weiterhin unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten und die Regierungsziele bei der Photovoltaik einlösen,“ sagte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig dazu.
Rubriklistenbild: © IMAGO / MiS
