Noch mehr Ampel-Krach
Kanzler Scholz: Industriestrompreis „wird es nicht geben“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem Industriestrompreis erneut eine Absage erteilt. Das sei „ökonomisch falsch“. Damit macht er sich in der Koalition und seiner eigenen Partei unbeliebt.
Berlin – Der Streit innerhalb der Ampel-Koalition findet kein Ende. Auch beim Thema Industriestrompreis, für den Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seit Monaten plädiert, ist keine Einigung in Sicht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat seine Ablehnung dazu auch nochmal am Mittwochabend bekräftigt. „Eine Dauersubvention von Strompreisen mit der Gießkanne können wir uns nicht leisten und wird es deshalb auch nicht geben“, sagte er in einer Rede beim Unternehmertag NRW in Düsseldorf.
Mit dieser Ansage kommt er bei einem Koalitionspartner gut an, beim anderen droht Stress. Aber auch in der eigenen Partei sieht man den Industriestrompreis anders als der Kanzler.
Industriestrompreis: SPD will den Kanzler nochmal überreden
Begründet hat Scholz seine ablehnende Haltung damit, dass ein subventionierter Strompreis „ökonomisch falsch, fiskalisch unsolide“ sei und „falsche Anreize“ setzen würde. Es sei wichtiger, die Strompreise dauerhaft runterzukriegen, sagte er etwa vor einigen Tagen im ZDF-Sommerinterview. Daher kümmere sich die Bundesregierung um den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Stromnetze. Auch die FDP steht einem solchen Vorhaben skeptisch gegenüber.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ist da anderer Meinung. „Wir müssen für die Industrie und übrigens auch für den Mittelstand, der eben auch von Energiepreisen abhängig ist, einen Brücken-Strompreis ermöglichen“, sagte Esken im ARD-Sommerinterview. Dies solle für den Zeitraum gelten, bis erneuerbare Energien „in hinreichender Zahl vorhanden sind“. Und auch der stellvertretende Fraktionsvize der SPD im Bundestag, Matthias Miersch, stellt sich hinter die Pläne des Wirtschaftsministers – und erwartet vom Bundeskanzler, dass er einlenken wird. „Davon werden wir ihn, denke ich, überzeugen können“, sagte Miersch den Sendern RTL/ntv am Donnerstag.
Die SPD-Bundestagsfraktion werde dazu in wenigen Wochen auf ihrer Klausurtagung Beschlüsse fassen. Miersch begründete die Notwendigkeit für einen auch von den Grünen, Gewerkschaften und der Industrie geforderten abgesenkten Industriestrompreis damit, dass sich die deutsche Industrie im internationalen Wettbewerb in „schwerem Fahrwasser“ befinde.
Habecks Plan: Sechs Cent pro kWh für die Industrie
Ein verbilligter Industriestrompreis soll nach dem Willen Habecks zeitlich befristet für Unternehmen gelten, die besonders energieintensiv produzieren und stark internationalem Wettbewerb ausgesetzt sind. Unterstützt wird das Vorhaben auch vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW). Im Gespräch ist ein Brückenstrompreis von sechs Cent pro kWh, wie aus einem Arbeitspapier des Wirtschaftsministeriums hervorgeht.
„Der Industriestrompreis darf nicht wesentlich höher als vier Cent je Kilowattstunde liegen und muss bei den Begünstigten an die Bedingung geknüpft werden, mindestens in Höhe der Kostenentlastung am Standort Deutschland zu investieren“, sagte BVMW-Volkswirtschaftschef Hans-Jürgen Völz allerdings den Funke Zeitungen. „Andernfalls droht sich der Trend zur Abwanderung von Produktion weiter zu beschleunigen und Kosteneinsparungen von Konzernen für Investitionen an Standorten im Ausland verwendet zu werden.“
Kritisch zu einem Industriestrompreis äußerte sich neben Scholz und der FDP die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Dieser sei zumindest „für die mittlere Frist“ wenig förderlich, sagte sie den Funke-Zeitungen. So könnten Preissenkungen für die energieintensive Industrie den Strompreis für alle anderen nach oben treiben.
Grimm drängte stattdessen auf einen rascheren Ausbau erneuerbarer Energien, um eine Senkung der Strompreise zu erreichen. Generell müsse das Energieangebot massiv ausgeweitet werden - auch durch die Beschaffung von Wasserstoff, neue wasserstofffähige Kraftwerke „und mehr Leitungen für Strom und Wasserstoff“. Hierfür müsse „extrem viel in extrem kurzer Zeit passieren“ und „darauf sollte sich die Regierung konzentrieren“.
Mit Material von AFP
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