Auftrag zurückgezogen
„Geduld verloren“ – BMW cancelt Mega-Deal mit Northvolt
Im Elektro-Zeitalter möchte sich Europa unabhängiger machen. Doch ein Deal zwischen BMW und dem Hoffnungsträger Northvolt scheitert. Was bedeutet das für den Standort?
Skelleftea/München – Northvolt ist ein schwedisches Unternehmen, das sich auf die Herstellung von umweltfreundlichen Batterien ohne kritische Rohstoffe spezialisiert hat. Aus diesem Grund sind mitunter deutsche Autobauer interessiert, weil die Abhängigkeit von asiatischen Zulieferern reduziert werden könnte – und der Standort Europa gestärkt. Doch gibt es Risse in den ambitionierten Plänen des Technologie-Startups:
Laut dem Manager Magazin hat BMW bei Northvolt einen lukrativen Auftrag im Wert von zwei Milliarden Euro storniert. Vereinbart im Juli 2020, sollte dieser Auftrag ab diesem Jahr erfüllt werden – doch daraus scheint nichts zu werden: Den Angaben zufolge informierte Northvolt seine Investoren bereits über die „schmerzhafte Absage“, wonach die Münchner im Zuge des vereinbarten Deals „die Geduld verloren“ haben.
BMW hat bei Northvolt Bedenken – und storniert Großauftrag für Batteriezellen
Laut dem Bericht gibt es zwei Hauptgründe für die Entscheidung von BMW: Zum einen entspreche die Qualität der von Northvolt gelieferten Batteriezellen (noch) nicht den Erwartungen. Außerdem hat Northvolt bislang lediglich eine Fabrik in Schweden, während weitere Werke (darunter im schleswig-holsteinischen Heide) noch in Planung sind. Die einzige bereits produzierende Fabrik muss alle bisherigen Partner beliefern, was für den Münchner Premiumhersteller offenbar unzureichend ist.
Auch hierfür werden Beweggründe genannt: BMW stehe unter Zeitdruck, da die bei Northvolt bestellten prismatischen Zellen in aktuellen Modellen wie i4, i7 und iX verbaut werden sollten. Doch die Tage dieser Modelle sind gezählt, denn BMW setzt in Zukunft auf Elektroautos, die auf der Plattform „Neue Klasse“ gebaut werden und mit Rundzellen der drei Zulieferer CATL, Eve Energy und Envision ausgestattet sind.
BMW benötigt Batteriezellen für E-Autos: Samsung soll Northvolt ersetzen
BMW benötigt die prismatischen Zellen jetzt und nicht erst dann, wenn Northvolt seine Produktion ausgeweitet hat. Dann werde BMW offenbar keine Verwendung mehr für prismatische Zellen haben, führt das Manager Magazin aus. Denn die nächste E-Auto-Generation der Münchner wird auf Rundzellen der Neuen-Klasse-Architektur setzen.
Der Rückschlag bedeutet offenbar nicht das Ende der Partnerschaft: Trotz der Auftragsstornierung wollen BMW und Northvolt ihre Zusammenarbeit fortsetzen, auch weil BMW einen kleinen Anteil hält und als Hauptabnehmer für das Werk in Heide vorgesehen. Der Autobauer bekomme keine Probleme, weil man auch hinsichtlich Versorgung mit prismatischen Zellen breiter aufgestellt ist und sich bei Samsung SDI aus Südkorea bedienen kann.
Northvolt verliert Großauftrag von BMW – „gefährlich für gesamte Branche“
Für Northvolt erscheint die Lage problematischer, denn die fehlenden Milliarden durch den Rückzug eines Anteilseigners können (potenzielle) Kunden abschrecken. Weitere Abnehmer von Northvolt-Zellen sind bereits sensibilisiert: So hätten Scania und Volkswagen Experten geschickt, um die Produktionsprobleme vor Ort zu beheben. Die schwedische Marke Scania entwickelte gemeinsam mit Northvolt Batteriezellen speziell für E-Lkw, VW möchte innovative Zellen bei Audi und Porsche einsetzen.
Northvolt liegt knapp zwei Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan für die Produktion in Skelleftea zurück und kämpft dort mit Produktionsproblemen, die sich nicht nur auf die Qualität niederschlagen, sondern auch kostspielig sind. Das Manager Magazin bezeichnet die Entwicklung als „gefährlich für die gesamte Branche“ und erläutert, dass Europa eine Kettenreaktion drohen könnte.
Für den Standort Europa und Träume von einer Technologieführerschaft bei E-Mobilität sind die Entwicklungen zweifellos ein Rückschlag. Kürzlich sorgte bereits der vorläufige Stopp des gemeinsamen Batteriefabrik-Projekts der Konzerne Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies in Kaiserslautern für negative Impulse.
Northvolt überdenkt Pläne für weitere Fabrik in Schweden
Dass Northvolt mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, zeigt sich derweil auch an anderer Stelle: Laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) überdenkt der Batteriehersteller seine Pläne für den Bau eines weiteren Werks im schwedischen Borlange. Einen Zeitungsbericht, wonach das Projekt bereits gestrichen sei, bestätigte das Unternehmen jedoch nicht. Neben der Fertigungsstätte in Schleswig-Holstein plant das Unternehmen auch eine Produktionsanlage in Kanada.
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Gegründet wurde es 2016 von Peter Carlsson, einem ehemaligen Tesla-Manager. Northvolt zielt darauf ab, eine nachhaltige Batterieproduktion in Europa zu etablieren und richtet den Fokus dabei zum großen Teil auf recycelte Materialien sowie erneuerbare Energien. (PF)
