Vorbildfunktion?
Rente wie in Österreich: Nachbarland macht es bei Frührente für Rentner vor
Die Schwerarbeiterrente in Österreich sorgt dafür, dass bestimmte Arbeitnehmer früher in Rente gehen könnten. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.
Wien – Die Rente in Österreich dient in Deutschland und der aktuellen Diskussion über die Rentenpolitik immer wieder als eine Art Musterbeispiel oder vielmehr als Vergleichswert. Während hierzulande die Debatten über die neue Renten-Reform der Ampel-Koalition oder die Abschaffung der „Rente mit 63“ immer wieder neu aufflammen, ist die Rente in Österreich bei einem Punkt einen anderen Weg gegangen. Einen Weg, der in Deutschland im Gegensatz zur Einzahlung von Beamten in die gesetzliche Rentenkasse kaum oder gar nicht zur Diskussion steht.
Denn während in einem Land durch ein kontroverses Urteil der „Kahlschlag“ der Witwenrente droht, gibt es in Österreich eine Rente mit 60, die sogenannte Schwerarbeiterrente.
Rente in Österreich: Statt Frührente wie in Deutschland gibt es eine Rente mit 60
Während in Deutschland jährlich Hunderttausende von der Abschaffung der Frührente betroffen wären, ist in Österreich sogar die Rente mit 60 unter bestimmten Bedingungen für Frührentner möglich. Denn nur schwer arbeitende Arbeitnehmer, sprich jene, die körperlich oder psychisch besonders belastende Tätigkeiten ausgeübt haben, haben die Möglichkeit, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Diese Regelung soll es Personen erlauben, die lange in besonders anstrengenden Berufen gearbeitet haben, eine frühere Erholung und Ruhezeit zu ermöglichen.
Die Rente für Schwerarbeiter kann von Frauen und Männern ab dem 60. Lebensjahr seit 2024 gleichermaßen in Österreich beantragt werden. Zu den Voraussetzungen für den Rentenanspruch gehört, dass eine bestimmte Anzahl an Versicherungsmonaten sowie Schwerarbeitsmonaten erfüllt ist. Die Regelung ist vor allem für Personen relevant, die jahrelang in besonders belastenden Berufen gearbeitet haben. Für Frauen ist diese Regelung erst seit 2024 von Bedeutung. Sie hatten vorher die Möglichkeit, unter der Langzeitversicherungsregelung in Rente zu gehen.
Schwerarbeiterrente mit 60 in Österreich: Angehende Rentner müssen bestimmte Bedingungen erfüllen
Um die Schwerarbeiterrente zu erhalten, müssen mindestens 540 Versicherungsmonate, also 45 Beitragsjahre, für die Rente vorliegen. Zudem müssen innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag mindestens 120 Schwerarbeitsmonate nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass in den letzten 20 Jahren vor dem Ruhestand mindestens zehn Jahre Schwerarbeit geleistet worden sein müssen.
In Deutschland, dessen Rentensystem im Vergleich zu Österreich etwa 500 Euro weniger im Monat abwirft, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen die Frührente beantragen, müssen aber häufig mit Abschlägen rechnen. Die sogenannte „Rente mit 63“ kann aber unter bestimmten Voraussetzungen eine frühere Rente noch vor der Regelaltersgrenze ermöglichen.
Rente mit 60 in Österreich: Was gilt als Schwerarbeit?
Um die Rente mit 60 in Österreich zu erhalten, müssen angehende Rentnerinnen und Rentner eine dieser folgenden Bedingungen erfüllen:
- Unregelmäßige Nachtarbeit: Wer regelmäßig zwischen 22 Uhr und 6 Uhr nachts arbeitet, für mindestens sechs Stunden pro Schicht und an mindestens sechs Tagen im Monat, übt Schwerarbeit aus.
- Arbeiten unter extremen Bedingungen: Tätigkeiten unter extremer Hitze oder Kälte, wie es etwa im Baugewerbe oder in der Landwirtschaft der Fall ist, fallen ebenfalls unter Schwerarbeit.
- Schwer körperliche Arbeit: Hier gelten spezifische Grenzwerte für den Kalorienverbrauch. Für Männer gilt eine Arbeit als Schwerarbeit, wenn sie 2.000 Arbeitskilokalorien pro Schicht verbrauchen, für Frauen liegt der Grenzwert bei 1.400 Arbeitskilokalorien.
- Arbeiten im Pflegebereich: Personen, die kranke oder behinderte Menschen mit besonderem Pflegebedarf betreuen, fallen ebenfalls unter die Schwerarbeitsregelung.
Rente mit 60 in Österreich: Weitere Tätigkeiten zur Bewilligung der Schwerarbeiterrente
Es gibt noch weitere Tätigkeiten, die unter bestimmten Umständen als Schwerarbeit anerkannt werden und zur Bewilligung der Rente mit 60 in Österreich führen. Arbeitnehmer, die unter chemischen oder physikalischen Einflüssen arbeiten, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit verursachen, sind ebenfalls in der Lage, die Schwerarbeiterrente beantragen, obwohl es in Österreich bereits Invaliditäts-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitspension gibt.
Wer allerdings Bezüge der Schwerarbeiterrente erhält, kann diese in Österreich wieder verlieren, wenn trotz der Rente mit 60 eine Erwerbstätigkeit angefangen und ausgeübt wird. Für diesen Fall gibt es im Nachbarland klare Regeln:
- Pflichtversicherung: Wird eine Erwerbstätigkeit aufgenommen, die eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung nach sich zieht, fällt die Schwerarbeitsrente für die Dauer der Beschäftigung weg.
- Einkommensgrenze: wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, die die Geringfügigkeitsgrenze von 500,91 Euro im Monat überschreitet, entfällt die Rente für jeden Monat, in dem diese Grenze überschritten wird und
- Landwirtschaftliche Betriebe: Wer einen landwirtschaftlichen Betrieb führt, dessen Einheitswert 2400 Euro übersteigt, verliert ebenfalls den Anspruch auf die Schwerarbeitsrente.
Rente mit 60 in Österreich: Empfänger müssen mit Abschlägen bei Schwerarbeitsrente rechnen
Sobald die Voraussetzungen für den Wegfall der Rente nicht mehr gegeben sind, lebt der Anspruch auf die Rente mit 60 in Österreich wieder auf. Einen Haken gibt es allerdings auch in Österreich. Denn wie bei der Frührente in Deutschland müssen auch die Empfänger der Schwerarbeitsrente mit Abschlägen rechnen.
Diese Abschläge betragen 1,8 Prozent für jedes Jahr, das vor dem regulären Renteneintrittsalter in Anspruch genommen wird. Heruntergerechnet auf einen einzelnen Monat bedeutet das, dass eine monatliche Renten-Kürzung um 0,15 Prozent, sodass am Ende neun Prozent weniger bei der Rente herauskommen können, als bei Rentnern, die in Österreich regulär in den Ruhestand gehen. In Deutschland müssen Rentner, die vorzeitig in Rente gehen, pro Monat 0,3 Prozent Abschläge hinnehmen.
Rente mit 60 auch in Deutschland? Rentenaufschubprämie zielt eher auf längeres Arbeiten ab
In der Diskussion um die Abschaffung der Frührente kommt auch immer wieder die Debatte darüber auf, wie es sich mit zukünftigen Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland verhält, die diese schwere körperliche Arbeit verrichten. Bei Arbeitnehmern mit chronischen Krankheiten ist es möglich, ohne Abschläge früher in Rente zu gehen. Ebenfalls diskutiert wird in Deutschland, ob man die reguläre Regelaltersgrenze anheben sollte. Viele Politiker – wie CDU-Chef Friedrich Merz – würden dies nur befürworten, wenn es für Menschen in bestimmten Berufsgruppen Ausnahmen gäbe.
Für Schwerarbeiter wäre eine solche Rente mit 60 unter diesen Umständen also denkbar. Ein Projekt, welches aber eher fraglich ist, da beim Fachkräftemangel in Deutschland vielmehr darüber diskutiert wird, wie man Rentner wie etwa durch die Rentenaufschubprämie dazu bringen, länger anstatt kürzer zu arbeiten.