Neue Zahlen für 2023
Abschied von der „Rente mit 63“? Die Abschaffung der Frührente würde jährlich Hunderttausende treffen
Ein höheres Rentenalter und das Ende der Frührente werden bereits seit längerem von Ökonomen und Politikern gefordert. Allerdings machen sehr viele Menschen von dieser Option Gebrauch.
Berlin – Viele Menschen möchten gerne früher in Rente gehen. Das haben Studien immer wieder festgestellt – im September 2024 auch wieder das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Demnach will ungefähr die Hälfte der 5000 sozialversicherungspflichtigen Befragten früher in Rente gehen - 48 Prozent können sich vorstellen, bis zur Regelaltersgrenze weiterzuarbeiten. Das aktuelle Renteneintrittsalter steigt momentan graduell auf 67 Jahre an.
Früher in Rente gehen: Weniger als die Hälfte der Neu-Rentner erreichen die Regelaltersgrenze
Das spiegelt sich auch in den Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wider. Im diesjährigen Jahresbericht erläutert die DRV, wie viele Menschen 2023 in Rente gegangen sind - und wie alt sie im Durchschnitt waren. Demnach steigt das Renteneintrittsalter an, aber nur sehr langsam. Nach wie vor entscheiden sich nämlich viele Menschen für ein früheres Ausscheiden aus dem Arbeitsleben.
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2023 sind 1,5 Millionen Neu-Rentner hinzugekommen. Davon machten die Altersrentner mit 952.658 die größte Gruppe aus, gefolgt von den Hinterbliebenen, wovon 417.668 neue hinzukamen. Eine Erwerbsminderungsrente bezogen 164.364 Menschen zum ersten Mal im Jahr 2023.
Von den über 950.000 neuen Rentnern und Rentnerinnen haben weniger als 400.000 ihre Regelaltersgrenze erreicht. 279.134 Neu-Rentner und Rentnerinnen haben die sogenannte „Rente mit 63“ oder Rente für besonders langjährig Versicherte bezogen; weitere 212.611 Personen haben eine Frührente mit Abschlägen nach 35 Jahren in Anspruch genommen. Die übrigen 62.210 Menschen haben eine Rente für Schwerbehinderte bezogen.
Renteneintrittsalter steigt auch 2023 an: Politiker wollen Rente mit 63 abschaffen
Im Schnitt lag das Renteneintrittsalter laut DRV-Bericht bei 64,4 Jahren. Das sind zwei Jahre mehr als noch im Jahr 2000, als das Durchschnittsalter der Neu-Rentner und Rentnerinnen bei 62,3 Jahren lag.
„Gründe für den Anstieg des Renteneintrittsalters sind insbesondere die Anhebung der Altersgrenzen und das Auslaufen von zwei vorgezogenen Altersrentenarten. Die vorgezogenen Altersrentenarten konnten in der Vergangenheit teilweise schon mit 60 Jahren in Anspruch genommen werden, wie bei der Altersrente für Frauen oder bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit“, schreibt die DRV zur Erklärung. Auch die Netto-Rente, die Rentner und Rentnerinnen bekommen haben, ist 2023 angestiegen.
Dennoch: Mehr als die Hälfte der neuen Rentner und Rentnerinnen ist 2023 vorzeitig in Rente gegangen. Dabei fordern Teile der Politik sowie zahlreiche Ökonomen und Ökonominnen – beispielsweise die sogenannten Wirtschaftsweisen – eine Abschaffung der abschlagsfreien Rente („Rente mit 63“), um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Rentenversicherung finanziell zu entlasten. Strikt dagegen ist allerdings die SPD und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die CDU hat sich in ihrem Grundsatzprogramm hingegen für ein höheres Renteneintrittsalter ausgesprochen.
Gegen den Fachkräftemangel: Mehr Anreize für ein längeres Arbeiten bis zur Rente gefordert
Mit finanziellen Anreizen, altersgerechten Jobangeboten und anderen Maßnahmen könnte man bis 2035 unter den 55- bis 70-Jährigen Arbeitskräfte im Umfang von 1,36 Millionen Vollzeitbeschäftigten gewinnen, wie eine Modellrechnung in einer neuen Studie, die im September veröffentlicht wurde, zeigt. Das entspreche umgerechnet etwa 1,5 Millionen älteren Menschen, berichtete Arbeitsmarktexperte Eric Thode von der Bertelsmann Stiftung.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht davon aus, dass bis 2035 in der Gruppe der 55- bis 70-Jährigen die Zahl der Erwerbstätigen aufgrund des demografischen Wandels um rund 1,5 Millionen Personen sinken wird, wenn nicht entgegengesteuert wird. Das künftige Schrumpfen lasse sich aber kompensieren, wenn es Wirtschaft und Politik gelinge, Ältere zielgenau zu erreichen. Rahmenbedingungen – etwa steuerlich und rechtlich – müssten geändert werden, sagte Thode der Deutschen Presse-Agentur.
Bei der Analyse sind der Stiftung zufolge alle Personen der Altersgruppe 55-70 eingerechnet und es gehe um alle Branchen. „Für unterschiedliche Berufsgruppen braucht man natürlich auch unterschiedliche Maßnahmen“, betonte Thode. Konkrete Beispiele: Ein lange in der Produktion Beschäftigter könne im höheren Alter auf eine weniger körperlich anstrengende Position im Betrieb wechseln. Ein Dachdecker-Senior kümmere sich im Büro am PC um die Materialbeschaffung. Einer älteren Pflegekraft werden technische Hilfsmittel wie Hebelifte zur Verfügung gestellt, um ihre Patienten kräfteschonend aus dem Bett zu holen.
Auch die Ampel-Koalition hat bereits Maßnahmen beschlossen, um die Erwerbstätigkeit im Alter zu steigern. So sollen Personen, die länger arbeiten, eine neue „Rentenaufschubprämie“ erhalten können. (Mit Material von dpa)
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