Es gibt kaum Sozialwohnungen
Mieten-Explosion belastet Steuerzahler: Diese Milliarden muss der Staat für Bürgergeld-Wohnungen zahlen
Die eskalierenden Mieten stellen nicht nur für die Mieter ein Problem dar, sondern belasten auch den Staat. Obgleich die Anzahl der Bürgergeld-Haushalte abnimmt, erhöhen sich die staatlichen Ausgaben.
München – Die Mieten sind in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren besonders in den Ballungsräumen regelrecht explodiert. Besonders drastisch ist der Anstieg in der Bundeshauptstadt gewesen: Zwischen 2014 und 2024 sind die Mietpreise in Berlin um 94 Prozent gestiegen, wie Zahlen des Forschungsinstituts empirica im Frühjahr ergaben. Doch auch in anderen Bundesländern und Landkreisen sind starke Veränderungen zu verzeichnen.
Deutsche ächzen unter den Wohnkosten und befürworten Mietendeckel
Das Thema ist nicht neu, die Belastung der steigenden Wohnkosten ist daher auch auf der politischen Bühne angekommen. Einer aktuellen Untersuchung zufolge kämpft jeder Fünfte in Deutschland mit den Wohnkosten und würden einen staatlichen Mietendeckel daher unterstützen. Die Bundesregierung unter Olaf Scholz (SPD) wollte zur Bekämpfung der steigenden Kosten das Angebot erhöhen und 400.000 Wohnungen im Jahr bauen lassen. Dieses Ziel hat die Ampel-Koalition krachend verfehlt, 2024 sind gerade mal die Hälfte davon gebaut worden.
Es gibt aktuell also keine Hinweise darauf, dass die Mieten wieder sinken werden. Und das ist auch für den Staat ein Problem. Denn sowohl Bund als auch die Kommunen unterstützen Menschen mit wenig Einkommen bei ihren Mieten. Das ist insbesondere bei Menschen im Bürgergeld der Fall, aber auch über das Wohngeld erhalten Bedürftige einen Zuschuss zu der Miete. Der Steuerzahler muss also die explodierenden Mieten ebenfalls mitfinanzieren.
Zahl der Haushalte im Bürgergeld sinkt seit 2014 – doch der Steuerzahler muss immer mehr zahlen
Wie groß das Problem ist, ist anhand der Ausgaben aus dem Bundeshaushalt in den vergangenen zehn Jahren deutlich zu erkennen. Zwischen August 2014 und August 2024 ist die Zahl der Haushalte, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) erhalten – das sind heute Bürgergeld-Empfänger, früher waren das Hartz-IV-Empfänger – relativ konstant gesunken. Laut Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) erhielten im August 2014 noch 3,3 Millionen Bedarfsgemeinschaften die staatliche Unterstützung. Im August 2024 waren es 2,9 Millionen. Im Mai 2022 wurde ein Zehn-Jahres-Tief von 2,6 Millionen erreicht.
Obwohl die absolute Zahl der Bedarfsgemeinschaften gesunken ist, gibt der deutsche Staat immer mehr Geld für die Unterkünfte der Bedürftigen aus. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Unterkunft (KdU) nur zum Teil, eigentlich sind die Kommunen für die Unterbringungskosten zuständig. Um die kommunalen Haushalte zu entlasten, leistet der Bund aber einen Beitrag, der jedes Jahr neu verhandelt werden kann. Im Schnitt kommt der Bund aber für zwischen 60 und 70 Prozent der KdU auf.
2014 hat der Bund 3,6 Milliarden Euro als Zuschuss aus dem Bundeshaushalt für Heizung und Unterkunft verbucht. 2015 und 2016 stieg der Betrag dann auf über fünf Milliarden Euro an, 2017 bis 2019 waren es über sechs Milliarden Euro und 2020 sprangen die Kosten dann auf 12,4 Milliarden Euro an – was sich sicherlich durch die gestiegene Zahl der Arbeitslosen in der Corona-Zeit erklären lässt. Seitdem sind die KdU aber nicht wesentlich gesunken. Seit 2022 bezuschussen die Steuerzahler die KdU mit über zehn Milliarden Euro im Jahr, 2024 sind es sogar 11,1 Milliarden Euro.
Fehlende Sozialwohnungen für Bürgergeld-Empfänger sind ein Problem: Der Staat muss hohe Mieten zahlen
Dazu kommt noch das Wohngeld, das hier in den Zahlen nicht berücksichtigt ist, sowie die KdU für Menschen mit kleiner Rente, die eine Grundsicherung im Alter bekommen. Auf diese Situation hatte im Frühjahr auch schon die Gewerkschaft IG Bau aufmerksam gemacht. Harald Wulf von der IG Bau Oberbayern erläuterte: „Um es klar zu sagen: Es ist richtig und wichtig, dass der Staat Wohngeld zahlt und dass er die Kosten der Unterkunft übernimmt. Noch besser sind aber Sozialwohnungen. Sie machen den Staat unabhängig von jeder Miet-Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt.“
Wie viele Sozialwohnungen genau in Deutschland fehlen, dazu gibt es unterschiedliche Angaben. Die Ampel-Koalition wollte auch hier 100.000 im Jahr bauen, hat 2023 aber nur knapp 50.000 gebaut. Ende vergangenen Jahres gab es nur noch etwa eine Million solcher Wohnungen, die einer Mietpreisbindung unterliegen. 2006 gab es noch zwei Millionen Sozialwohnungen.
„Jetzt steckt der Staat in einer Sackgasse: Er kann den Menschen, die dringend eine Unterstützung beim Wohnen brauchen, keine Sozialwohnungen anbieten. Also müssen die Job-Center die hohen Mieten auf dem freien Markt akzeptieren. Und die sind in den letzten Jahren in vielen Orten durch die Decke gegangen“, sagte Harald Wulf dazu im Frühjahr. Die Gewerkschaft wirft dem Staat „Missmanagement“ vor, da man den sozialen Wohnungsbau über Jahre hinweg vernachlässigt habe.
Bis sich die Lage gebessert hat, wird es wohl auch noch dauern. Zumal im Februar erst noch eine neue Regierung gewählt werden muss. Im Entwurf für den Bundeshaushalt für 2025 hatte die Ampel vor ihrem Bruch erneut 11 Milliarden Euro für die KdU vorgesehen.
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