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Streit um 17 Milliarden Euro

Kürzungen beim Bürgergeld: Wo die Ampel noch justieren kann

Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg ist für das Bürgergeld zuständig. Die soziale Grundsicherung steht immer wieder in der Kritik. Ein Argument der Gegner: Durch das Bürgergeld lohne sich das Arbeiten nicht mehr.
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Wo kann die Ampel beim Bürgergeld sparen?

Beim Budget muss man wieder von Null anfangen: Der Plan ist nicht konform mit der Verfassung, es muss gekürzt werden. Finanzminister Lindner möchte dazu die 'Treffsicherheit' beim Bürgergeld verbessern.

Berlin – „Wir haben nicht zu wenig Geld, sondern wir haben zu hohe Ausgaben“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) noch im ARD-Sommerinterview vor wenigen Tagen. Kurz darauf gibt er die Hiobsbotschaft bekannt: Die drei Tricks für den Haushalt 2025 sind einem wissenschaftlichen Gutachten zufolge wohl nicht verfassungskonform. Es fehlen 17 Milliarden Euro, um die neu verhandelt werden müsse.

Lindner wiederholt in diesem Zusammenhang erneut seine Sichtweise: Es müsse an den Ausgaben gekürzt werden. Beim Bürgergeld und bei der Rente – schließlich machen die Sozialausgaben 2024 schon 36 Prozent des Gesamthaushalts aus. Bei der Rente fordern seine Liberalen schon seit Monaten Kürzungen, insbesondere bei der Rente mit 63 und der Mütterrente. Wo könnte die Ampel aber beim Bürgergeld sparen?

Kürzungen für Bürgergeld-Empfänger: Nullrunde ab 2025

An der Höhe des Bürgergeldes kann die Ampel-Regierung nämlich nicht rütteln. Die wird von externen Faktoren wie dem Existenzminimum, der Inflationsrate und der Lohnentwicklung festgelegt. Nach der Erhöhung von 12 Prozent zum Jahresbeginn 2024 gibt es im kommenden Jahr keine Erhöhung, das steht schon so gut wie fest.

Die einzige Möglichkeit der Regierung, in großem Maßstab die Kosten für das Bürgergeld abzusenken, ist mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Insbesondere im Visier sind in der aktuellen Debatte die vielen ukrainischen Geflüchteten, die seit Ausbruch des Krieges im Jahr 2022 bei Ankunft in Deutschland direkt Bürgergeld beziehen, anstatt Asylbewerberleistungen.

Bürgergeld für Menschen aus der Ukraine: Viele bekommen keinen Job

Hintergrund war damals die Vorstellung, dass es Ukrainern und Ukrainerinnen dadurch schneller gelingen würde, eine Arbeit zu finden. Dieser Plan ist aber nicht wirklich aufgegangen: Noch immer beziehen in Deutschland 411.087 Personen aus der Ukraine Bürgergeld, wie aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen. Von den knapp drei Millionen Arbeitslosen im Land entspricht das fast 14 Prozent.

Warum so viele Menschen aus der Ukraine keinen Job haben, ist hinreichend untersucht worden. Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung vom Februar 2023 erläuterte insbesondere die bürokratischen Hürden in Deutschland, die eine Arbeitsaufnahme erschweren. Alleine die Anerkennung einer Berufsausbildung dauere demnach anderthalb Jahre im Schnitt. Darüber hinaus müssten viele erst noch Deutsch lernen, bevor sie arbeiten können – in anderen europäischen Ländern reichen aber oft auch Englischkenntnisse.

Beispielhaft für diese Probleme ist ein aktueller Bericht der Welt am Sonntag: Der Zeitung zufolge warten 1400 ukrainische Ärzte und Ärztinnen auf eine Bewilligung ihrer Approbation. Zwischen der Antragstellung aus Ländern außerhalb der Europäischen Union und der Bewilligung ihrer Approbation liegen demnach typischerweise zwischen 15 Monate und drei Jahre.

Diese Problematik will die Ampel eigentlich angehen. Mit einem „Job-Turbo“ für Ukrainer und Ukrainerinnen sind auch viele Menschen in Arbeit gekommen. Der Bundesagentur für Arbeit zufolge seien im April 2024 dadurch 6800 Ukrainer und Ukrainerinnen aus der Arbeitslosigkeit gekommen, verglichen mit 2900 im April 2023. Gelingt es der Regierung, die Hürden zur Arbeitsaufnahme weiter zu senken, würde das dem Haushalt natürlich zugutekommen.

Kürzungen im Bürgergeld für „Totalverweigerer“ – müssen Jobcenter bangen?

Weitere Maßnahmen der Ampel – Sanktionen für „Totalverweigerer“ bei Schwarzarbeit sowie mehr Präsenzpflichten im Jobcenter – soll die Zahl der Arbeitssuchenden im kommenden Jahr weiter drücken. Im bisherigen Haushaltsplan für 2025 ist zu lesen, dass die Regierung die Ausgaben für das Bürgergeld von 29,7 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 25 Milliarden Euro drücken will. Letztlich kann die Regierung das nicht kontrollieren – sie kann Anreize schaffen und gute Bedingungen für einen gesunden Arbeitsmarkt schaffen; mehr aber auch nicht.

Die Ampel-Regierung könnte sich also gezwungen sehen, an anderer Stelle zu kürzen. Der dritt- und viertgrößte Posten im Bürgergeldhaushalt sind die Verwaltungskosten der Jobcenter sowie die Eingliederungshilfen für Langzeitarbeitslose. Im Haushalt 2024 sind 5,5 Milliarden Euro für Verwaltungskosten vorgesehen, bei der Eingliederungshilfe sind es 4,15 Milliarden.

Würde die Ampel allerdings an diesen Posten streichen, birgt das ein großes Risiko. Weniger Geld für Jobcenter bedeutet schließlich Personalkürzungen und Umschichtungen in den Budgets, sodass weniger Arbeitslose bei der Jobsuche unterstützt werden können. Vor allem Langzeitarbeitslose brauchen sehr viel Betreuung und Unterstützungsleistungen – fallen diese weg, bleiben sie im Bürgergeld. Eher kontraproduktiv, auf lange Sicht gesehen. Kurzfristig gesehen sieht das im Haushalt aber besser aus.

Ampel streitet um den Haushalt: Kindergrundsicherung kommt wohl nicht

Was mittlerweile fast schon außer Zweifel steht: Die Kindergrundsicherung kommt nicht. Das hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Sommerpressekonferenz Ende Juli so gut wie bestätigt, wenn auch etwas verklausuliert. Man diskutiere intern über die Einführung in zwei Schritten, das sich „vermutlich dann nicht in dieser Legislaturperiode ereignen wird.“ Der erste Schritt sieht eine Erhöhung des Kindergeldes um fünf Euro in 2025 sowie weitere fünf Euro 2026 vor.

Für mehr reicht die Zeit auch nicht mehr. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit, die für die Auszahlung der Kindergrundsicherung verantwortlich sein soll, braucht es mindestens zwölf Monate Vorlaufzeit. 2025 wird das also nichts mehr.

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