„Kraftakt“
Nächster Haushaltsstreit steht bevor: Lindner in der Schlüsselrolle
Die Verhandlungen zum Haushalt 2025 stehen an – und Finanzminister Lindner damit vor einem Mammutprojekt. Er verordnet einen Sparzwang. Neuer Zoff droht.
Berlin – Die politischen Diskussionen über den Bundeshaushalt des kommenden Jahres sind immer schwierig. Jedes Ministerium will bei den traditionell im März stattfindenden Verhandlungen möglichst viel Geld für sich herausholen. Die zuständigen Minister wollen schließlich ihre Prestigeprojekte durchsetzen. Angesichts der Haushaltskrise in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts und der schwachen wirtschaftlichen Lage ist die Lage vor den Verhandlungen zum Haushalt 2025 umso angespannter. Dabei im Fokus: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
Der Finanzminister übernimmt die Rolle der schwäbischen Hausfrau, die das Geld zusammenhält. Lindner hat die anderen Ressorts auf einen Sparkurs eingestimmt. Es werde „eine gemeinsame Kraftanstrengung der Bundesregierung“ den „Handlungsbedarf im Bundeshaushalt aufzulösen“, zitiert das ARD-Hauptstadtstudio aus einem Brief Lindners an seine Kabinettskollegen. Diese sollen nun Sparvorschläge machen.
Finanzminister Lindner muss bei Haushaltsverhandlungen Milliarden einsparen
Denn: bisher steht ein großes Minus. Zwischen 15 und 30 Milliarden Euro ist das Haushaltsdefizit verschiedenen Schätzungen zufolge groß. Das Finanzministerium spricht laut Tagesschau von einem zweistelligen Milliardenbetrag. Genaue Zahlen müsse die Haushaltsabteilung des Lindner-Ministeriums noch ermitteln, berichtet die Wirtschaftswoche.
Die wirtschaftliche Lage macht es der Ampel-Koalition beim Erstellen des Haushalts zusätzlich schwer. Die schwächelnde Konjunktur sorgt für geringere Steuereinnahmen. Wie hoch genau diese ausfallen, wird durch die nächste Steuerschätzung im Mai klarer.
„Bereitschaft zum Verzicht“: Lindner verordnet Ministerien beim Haushalt 2025 Obergrenzen
Deshalb gibt Lindner den anderen Ministerien bei den Verhandlungen für den Haushalt 2025 Obergrenzen vor. Diese seien den Ministerien bereits aus dem Finanzplan 2024 und den Verhandlungen zwischen Olaf Scholz, Robert Habeck und Lindner aus dem Dezember 2023 bekannt, berichtet die Tagesschau. Damit will das Finanzministerium verhindern, dass Minister zu hohe Beträge einfordern. „Sollten die Anmeldungen nicht den ressortspezifischen Obergrenzen entsprechen, können diese nicht akzeptiert werden“, heißt es laut Tagesschau in Lindners Brief.
Auch der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke macht in der Rheinischen Post deutlich: „Ohne die Bereitschaft zum Verzicht seitens aller Ministerien können weder der Haushalt 2025 noch die Finanzplanung bis 2028 erfolgreich sein.“ Die Zeiten seien vorbei, in denen Bund und Länder bei steigenden Einnahmen fast alle Wünsche erfüllen könnten. Die Ministerien müssten entscheiden, worauf sie verzichten.
Bei den Verhandlungen zum Haushalt 2025 steht auch die Ampel-Koalition auf der Kippe
Durch den Sparzwang geraten auch verschiedene Projekte der Regierung in Gefahr – und damit auch die Ampel-Koalition selbst. Bereits bei den Verhandlungen für 2024 gab es viel Streit, etwa bei der Kindergrundsicherung. Die steht nun auf der Kippe, wie die Wirtschaftswoche mit Verweis auf das Finanzministerium berichtet. Klar ist nur, dass angesichts des Kriegs in der Ukraine nicht bei der Verteidigung gespart wird.
Lindner sieht im Haushalt 2025 keine weiteren Mehrausgaben für soziale Leistungen vor. Das birgt Streitpotenzial: Für Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil und Bundeskanzler Olaf Scholz kommt eine Kürzung der Sozialausgaben nicht in Frage. Die Grünen sehen das ähnlich.
Debatte über Haushalt 2025 wirft Konflikt um Schuldenbremse wieder auf
Dagegen will der Finanzminister Wachstums- und Investitionsanreize setzen. Als erster Schritt ist das Wachstumschancengesetz, über das Ende März entschieden wird. Zudem fordert der FDP-Politiker gezielte Steuersenkungen für Unternehmen. Darunter fällt laut Wirtschaftswoche auch die Abschaffung des übrigen Teils des Solidaritätszuschlags. Das wiederum stößt bei den Koalitionspartnern auf Widerstand.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat Lindner laut Wirtschaftswoche angeboten, die Senkung der Unternehmenssteuern durch ein „Sondervermögen“ oder das Aussetzen der Schuldenbremse zu finanzieren. Lindner lehnt das ab – genau wie Steuererhöhungen.
Vor Verhandlungen zum Haushalt: SPD und Grüne fordern Lindner zu Investitionen
Damit zeichnet sich bei den Haushaltsberatungen der alte Konflikt um Spardruck und Lockerung der Schuldenbremse wieder ab. Es gelte Priorisierungen vorzunehmen, sagte SPD-Vizefraktionschef Achim Post der Rheinischen Post. „Gleichzeitig erwarte ich jedoch auch eine konstruktive Debatte darüber, auf welchen Wegen Finanzierungsspielräume ausgeweitet werden können.“
Auch die Grünen gehen mit Erwartungen in die Verhandlungen. „Wir können den Klimaschutz stärken, gut bezahlte Jobs schaffen und unseren Wohlstand erneuern, wenn wir uns trauen, jetzt in unsere Zukunft zu investieren“, sagte Andreas Audretsch, Vize-Fraktionschef der Grünen, gegenüber der Rheinischen Post.
Die Grünen fordern einen durch Kredite finanzierten Investitionsfonds und eine Reform der Schuldenbremse. Dadurch sollen mehr Investitionen ermöglicht werden. Die Koalitionspartner haben damit fundamental unterschiedliche Ansichten, die es im Haushalt zu vereinigen gilt. FDP-Haushaltspolitiker Fricke sagt dazu: „Der Haushalt 2025 wird ein Kraftakt.“ (Max Schäfer mit AFP)
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