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Haushalt 2024

Arbeitgeber, Ökonomen und Klimaschützer sind sich einig: Deutschland setzt sich gerade selbst aufs Spiel

Im Bundestag wird in dieser Woche der Haushalt für 2024 verabschiedet. Derweil tobt der Streit um die Finanzierung der Energiewende weiter. Ein neues Bündnis fordert eine Reform.

Berlin – In dieser Woche soll endlich der Bundeshaushalt 2024 beschlossen werden. Davor muss sich die Regierung bei der Generaldebatte im Bundestag noch einen Schlagabtausch mit der Opposition liefern – doch dann dürfte der Finanzierungsplan für das laufende Jahr stehen.

Doch damit dürfte das Thema Schuldenbremse lange nicht vom Tisch sein. Auch wenn FDP-Finanzminister Christian Lindner weiter darauf besteht, die Schuldenbremse zu wahren und einzuhalten: Es regt sich immer mehr Widerstand gegen seine Art der Finanzpolitik. In der Öffentlichkeit wird immer öfter darüber diskutiert, die Schuldenbremse zu reformieren.

Industrie und Umweltschützer warnen: „Weiter so“ setzt Zusammenhalt aufs Spiel

So hat sich jetzt auch ein Bündnis aus Industriegewerkschaft und Umweltschützern zusammengefunden, um nicht nur die Ampel-Regierung, sondern die gesamte Bundespolitik zu einem Umdenken zu bewegen. Ein „Weiter so“ in der Finanzpolitik könne die zentralen Herausforderungen der Zeit nicht lösen, heißt es in einem Statement der Gewerkschaft IGBCE zusammen mit den Umweltverbänden DNR, Germanwatch und WWF Deutschland.

„Wichtige Vorhaben mussten gekürzt oder auf Eis gelegt werden, Investitionen in die Transformation werden gegen sozialen Ausgleich ausgespielt“, so das Bündnis. „Dadurch wird die Unsicherheit bei Unternehmen wie Haushalten weiter verstärkt und dringende Investitionen in die Klimaneutralität – vor allem auch in den energieintensiven Industrien – werden nicht getätigt. Unterm Strich werden so Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und gute Arbeitsplätze, das Erreichen der Klimaschutzziele und der gesellschaftliche Zusammenhalt gleichermaßen aufs Spiel gesetzt.“

Widerstand gegen Schuldenbremse wächst

Das Bündnis fordert sowohl von der Ampel-Regierung als auch von der Opposition einen sachlichen Austausch, um an Lösungen zu arbeiten und Optionen wie „eine Reform der Schuldenbremse, ein Sondervermögen für Klimaschutz und die Stärkung der Einnahmenseite vorurteilsfrei zu prüfen“.

Mit ihrem Appell steht das Bündnis auch nicht alleine da. Es ist mittlerweile eine öffentliche Debatte darüber entfacht, ob die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form noch zeitgemäß ist. Kritiker befürchten, dass dadurch wichtige Investitionen in die Transformation der Wirtschaft nicht getätigt werden können, da das Geld ohne Aufnahme neuer Staatsschulden nicht reicht.

Neu ist aber, dass sich nicht nur Klima- und Umweltschützer gegen die Schuldenbremse stellen, sondern zunehmend auch Arbeitgeber die Notwendigkeit einer Reform sehen. „Der Umbau der industriellen Produktion kommt nur in Trippelschritten voran, da die Regierungskoalition sich nicht auf verlässliche und nachhaltige Rahmenbedingungen einigen kann“, stellte jüngst der Bezirksleiter Mitte der IG Metall, Jörg Köhlingert fest. Es bildeten sich neue Mehrheiten, da auch Arbeitgeber zunehmend akzeptierten, dass sich die Transformation der Industriegesellschaft nicht nebenbei erledigen lasse.

Auch einige Ökonomen sehen die Schuldenbremse als Problem. Die „Wirtschaftsweisen“ plädieren mittlerweile für eine umfassende Lockerung. „Wir wollen die Flexibilität erhöhen und Spielräume schaffen, so dass man zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben tätigen kann, ohne dabei die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen auszuhöhlen“, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Monika Schnitzer. „Die Schuldenbremse, wie sie jetzt ist, ist zu starr“.

IWF fordert Deutschland zur Lockerung der Schuldenbremse auf

Und auch international stößt die Sturheit, mit der Deutschland auf die Schuldenbremse beharrt, immer mehr auf Kopfschütteln. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Deutschland zu einer Lockerung der Schuldenbremse aufgerufen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. „Deutschland zahlt den Preis für seine sehr harte Schuldenbremse“, sagte IWF-Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas in einem Interview mit dem Handelsblatt und drei weiteren europäischen Zeitungen. Die Bundesrepublik befinde sich in einer anderen Lage als einige seiner europäischen Partner. „Der deutsche Schuldenstand ist völlig unter Kontrolle“, sagte Gourinchas.

Zugleich erhöhe sich der strukturelle Ausgabenbedarf etwa beim Klimaschutz, der Verteidigungspolitik oder der Energieunabhängigkeit, sagte der Ökonom. „Die beste Lösung wäre eine Lockerung dieser verfassungsrechtlichen Regelung“, empfahl er mit Blick auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse.

Bundesfinanzminister Christian Lindner verteidigt seinen Haushaltsentwurf.

Davon will bisher der Finanzminister nichts wissen und beharrt weiter auf die Notwendigkeit, die Schuldenbremse einzuhalten. Im Morgenmagazin warnte er diese Woche vor dem Aussetzen der Regel: „Ansonsten müssten wir irgendwann Sparpakete schnüren oder die Steuern erhöhen, nur für die Schulden der Vergangenheit.“ Zudem sei die Einhaltung der Schuldenbremse „ein Gebot der Verfassung“, das man nicht beliebig aus- und einschalten könne. Investitionen etwa in die Infrastruktur oder die Bildung müssten im Rahmen der Schuldenbremse finanziert werden. „Wir haben kein Einnahmeproblem, sondern wir müssen Schwerpunkte setzen und das gelingt“, sagte Lindner.

Bald sei Deutschland „durch Disziplin“ wieder auf Vorkrisenniveau. Zudem würden Investitionen gesteigert, und auch die Steuerquote sinke für Bürger und Unternehmen.

Mit Material von dpa

Rubriklistenbild: © Kay Nietfeld / dpa

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