Lebensmittelknappheit in Russland
Kartoffelpreise explodieren: Russlands Versorgungskrise belastet Putin
Russland steckt in einer Kartoffelkrise. Putin muss aufgrund explodierender Preise Probleme eingestehen. Andere Staaten werden zur Hilfe gerufen.
Moskau – In Russland ist die Kartoffel mehr als nur eine Beilage auf dem Teller. Sie ist ein wichtiges Symbol für Verlässlichkeit, Selbstversorgung und auch ein Stück kultureller Identität. Doch nun musste sogar Wladimir Putin höchstpersönlich einräumen, dass Russland eine Kartoffel-Krise hat. Bei einer im russischen Fernsehen übertragenen Sitzung mit Wirtschaftsfunktionären räumte der russische Präsident laut Spiegel kürzlich ein: „Wir haben in diesem Jahr zu wenig Kartoffeln.“ Ein Satz, der weit über eine banale Erntestatistik hinausgeht.
Kartoffel-Krise in Russland: Preise steigen um 160 Prozent
Die Preise für Kartoffeln haben sich seit dem letzten Jahr verdreifacht, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Ein Kilogramm Kartoffeln werde derzeit für 120 Rubel (1,53 US-Dollar) angeboten. Vor einem Jahr lag der Preis bei 43 Rubel. Auch andere Grundnahrungsmittel wie Rüben und Zwiebeln sind teurer geworden mit der Folge, dass russische Haushalten rund 35 Prozent ihres Monatsauskommens für Lebensmittel ausgeben. Das ist ein Fünf-Jahres-Hoch. Vor einem Jahr waren es noch 29 Prozent .
Die hohen Lebensmittelpreise schüren Inflationsängste. Während Lebensmittel in Volkswirtschaften wie den Vereinigten Staaten Lebensmittel etwa 14 Prozent des Warenkorbs ausmachen, der zur Berechnung der Inflation herangezogen wird, sind es in Russland 40 Prozent. Die steigenden Preise für Kartoffeln und andere Grundnahrungsmittel sind ein wichtiger Grund für die straffe Geldpolitik des Landes. „Die Menschen kaufen nicht täglich Smartphones und Fernsehgeräte. Sie kaufen Lebensmittel“, sagte Elvira Nabiullina von der russischen Zentralbank laut Reuters.
Problem für Russlands Wirtschaft: Ernteausfälle tragen zur Kartoffel-Krise bei
Hinter der drastischen Preisexplosion steht ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Nach einem überdurchschnittlich guten Kartoffeljahr 2023 hatten viele landwirtschaftliche Betriebe ihre Anbauflächen 2024 deutlich reduziert. Der Grund: Die Preise waren zuvor derart gefallen, dass sich der Anbau nicht mehr lohnte. Dann kam der späte Frost im Mai – und traf die verbliebenen Felder hart. Viele Pflanzen erfroren und mussten notdürftig nachgepflanzt werden, oft mit geringem Ertrag bei der Ernte.
Die Krise hat Präsident Wladimir Putin auf den Plan gerufen, der die Entwicklung der russischen Landwirtschaft und die trotz westlicher Sanktionen steigenden Exporte als Erfolgsgeschichte anpreist, obwohl die Preise für Butter und Eier in diesem Jahr ähnlich stark gestiegen sind. Die Regierung hat die Importe erhöht. Im Frühjahr 2025 musste Russland mehr Kartoffeln importieren als in den Vorjahren – unter anderem aus Ägypten, China, Pakistan und vor allem Belarus. Aber auch dort sind die Vorräte aufgebraucht.
Wegen der Kartoffel-Krise importiert Russland aus Belarus
Der Machthaber von Belarus (früher Weißrussland), Alexander Lukaschenko, hat angesichts eines massiven Defizits den verstärkten Anbau von Kartoffeln gefordert. „Wir müssen so viel anbauen, dass es für uns und für Russland reicht“, sagte Lukaschenko der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge bei einer Besprechung mit regionalen Funktionären in Minsk, so dpa.
Belarus wird stark von der Landwirtschaft geprägt. Die Kartoffel galt auch als Symbol der Herrschaft Lukaschenkos, der einst Direktor eines staatlichen Landwirtschaftsbetriebs war. Im größtenteils planwirtschaftlich geführten Staat im Osten Europas sind aber zuletzt Versorgungsmängel aufgetreten. Lukaschenko selbst begründete dies mit den landwirtschaftlichen Problemen in Russland. Der große Nachbar habe zuletzt die Reserven von Belarus aufgekauft, sagte er. In diesem Jahr soll die Ernte besser ausfallen und russische Offizielle erwarten, dass die Preise dann wieder fallen könnten.
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