Fast 10 Milliarden Euro teurer
Heil-Ministerium erwartet Milliardenplus: Bürgergeld 9,6 Milliarden Euro kostspieliger
Die Kosten für das Bürgergeld könnten 2025 erheblich über den bisherigen Planungen liegen. Das Arbeitsministerium unter Hubertus Heil prognostiziert 9,6 Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben.
Berlin – Die Kosten für das Bürgergeld sollen 2025 deutlich höher sein, als bisher von der Ampel-Koalition geplant. Das Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) soll Kosten von insgesamt 45,6 Milliarden Euro erwarten. Das berichtete die Bild unter Berufung auf Unterlagen aus dem Ministerium. Im Haushaltsentwurf sind dagegen 36 Milliarden Euro ausgewiesen. Die tatsächlichen Ausgaben wären damit um 9,6 Milliarden Euro höher. Das Ministerium weist den Bericht jedoch zurück.
| Budget Grundsicherung für Arbeitssuchende | Haushaltsentwurf 2025 | 2024 |
|---|---|---|
| Bürgergeld | 25 Milliarden Euro | 29,7 Milliarden Euro |
| Eingliederung in Arbeit | 3,7 Milliarden Euro | 4,15 Milliarden Euro |
| Kosten der Unterkunft und Heizung | 11 Milliarden Euro | 11,6 Milliarden Euro |
| Verwaltungskosten | 5,25 Milliarden Euro | 5,05 Milliarden Euro |
Das Arbeitsministerium rechnet demnach mit durchschnittlich 2,897 Millionen Haushalten, in denen Bürgergeld-Empfänger leben, die Grundsicherung erhalten. Im Schnitt bekommen die sogenannten Bedarfsgemeinschaften 807 Euro pro Monat. Daraus ergeben sich demnach im 2025 Ausgaben von 28 Milliarden Euro. Im Haushaltsentwurf sind jedoch drei Milliarden Euro weniger veranschlagt.
Bürgergeld-Ausgaben im Fokus: Hat sich Hubertus Heil verrechnet?
Die Jobcenter übernehmen für Bürgergeld-Bezieher zudem die Miete und Heizkosten. Für die Kosten der Unterkunft und Heizung, wie es im offiziellen Posten heißt, rechnet die Ampel-Koalition mit Ausgaben von elf Milliarden Euro. Laut den Unterlagen des Arbeitsministeriums, auf die sich die Bild-Zeitung beruft, sollen es mit 17,63 Milliarden Euro ganze 6,6 Milliarden Euro mehr sein. Zu den Ausgaben für die Jobcenter und die Eingliederung von Arbeitslosen machte das Boulevardblatt keine Angaben.
Bereits zuvor gab es Zweifel, ob das von der Ampel-Koalition geplante Bürgergeld-Budget realistisch ist. Bereits zuvor hat der Bundesrechnungshof das Sparziel des Arbeitsministeriums von 5,3 Milliarden Euro weniger als 2024 angezweifelt. Etwa 600.000 Menschen müssten das Bürgergeld nicht mehr beziehen, um diese Summe einsparen zu können.
Höhere Bürgergeld-Ausgaben könnten zu „Verfassungswidrigkeit des Haushalts“ führen
Wenn Hubertus Heil die 9,6 Milliarden Euro bewusst verschwiegen hat, könnte das laut Bild ein Verfassungsbruch sein. „Wenn die Bundesregierung wissentlich falsche, zu geringe Ausgabenansätze benutzt, verstößt das gegen den verfassungsrechtlichen Haushaltsgrundsatz der Haushaltswahrheit“, sagte Hanno Kube, Professor für öffentliches Recht und mit Fokus auf Finanz- und Steuerrecht. Das führe zur „Verfassungswidrigkeit des Haushalts“.
Als Reaktion auf den Bild-Bericht zur Rechnung des Ministeriums warf CDU-Haushaltspolitiker Christian Haase dem Arbeitsminister Hubertus Heil vorsätzliche Täuschung vor. „Heil etatisiert mit Vorsatz falsche Zahlen, um die Probleme beim Bürgergeld zu verschleiern.“ Haase sprach dabei von einem „Skandal“.
CDU-Generalsekretär Linnemann spricht nach Bericht vom Bürgergeld als „Fass ohne Boden“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nannte das Bürgergeld „ein Fass ohne Boden“. „Wenn die Ampel sich weiter in die Tasche lügt, fliegt ihr der Haushalt um die Ohren.“ Bereits zuvor hatten Unionspolitiker vor einer „unseriösen Luftbuchung“ bei den Bürgergeld-Ausgaben gewarnt.
Aber auch innerhalb der Ampel-Koalition gab es Kritik am Arbeitsminister. „Ich erwarte, dass der Arbeitsminister realistische Zahlen in seinem Haushaltsentwurf vorlegt“, sagte FDP-Haushaltspolitiker Torsten Herbst der Bild. „Er muss dafür sorgen, dass er mit seinem riesigen Etat (179 Milliarden Euro) auch auskommt.“
Arbeitsministerium sieht Potenziale der neuen Bürgergeld-Regeln bei Haushaltsentwurf berücksichtigt
Das Arbeitsministerium erklärte laut Bild nicht, wie es zur Lücke bei den Bürgergeld-Ausgaben kommt. Die Berechnung beruhe „auf den ökonomischen Eckertannahmen der Bundesregierung vom Frühjahr diesen Jahres“. Es handele sich um Schätztitel. Zudem seien „die erwarteten Auswirkungen der durch die Wachstumsinitiative gesetzten Wachstumspotentiale berücksichtigt“ worden.
Ein Ministeriumssprecher wies die Darstellung zurück. Die von der Zeitung verbreiteten Zahlen „sind nicht nachvollziehbar und basieren methodisch auf mehreren Fehlannahmen“, erklärte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. „So sind zum Beispiel die Kosten der Unterkunft zu einem relevanten Teil durch die Kommunen aufzubringen und demnach nicht in der angegebenen Höhe für den Bundeshaushalt relevant.“
Tatsächlich war die Ampel-Einigung auf den ersten Haushaltsentwurf und die Wachstumsinitiative erst im Juli. Das aktuell geplante Budget hat die Ampel im August vorgestellt. Damit ist durchaus denkbar, dass die Lücke von 9,6 Milliarden Euro durch die veränderten Umstände entstanden sind.
Wachstumsinitiative soll zu weniger Bürgergeld-Ausgaben führen
Die sogenannte Wachstumsinitiative enthält mehrere Änderungen für Bürgergeld-Bezieher, die den Anreiz zu arbeiten verstärken sollen. Dazu zählen härtere Sanktionen von Leistungskürzungen von 30 Prozent bei der ersten Weigerung, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne triftigen Grund abzulehnen. Zudem müssen die Betroffenen nun einen längeren Arbeitsweg in Kauf nehmen. Wer eine Arbeit gefunden hat und nicht länger auf das Bürgergeld angewiesen ist, erhält eine Prämie. Eine Studie attestierte dem Ampel-Vorhaben tatsächlich Wachstumspotential. Den größten Einfluss haben dabei die Maßnahmen für mehr Beschäftigung.
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