Folgen sind weitreichend
Haushaltssperre: Bund legt Förderprogramme auf Eis – eine Branche bricht dadurch zusammen
Die Haushaltskrise zieht immer weitere Kreise. Aufgrund der Ausgabensperre müssen weitere Förderprogramme gestoppt werden. Wann und ob sie wieder starten, ist völlig unklar.
Berlin – Vorerst keine Bundeszuschüsse mehr für Energieberatungen, das Aufbauprogramm Wärmepumpe und weitere Förderprogramme: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat wegen der Ausgabensperre im Bundeshaushalt neun Förderprogramme vorläufig auf Eis gelegt. Sie waren bislang vor allem aus dem Klima- und Transformationsfonds bezahlt worden. Mit der Bundesförderung Aufbauprogramm Wärmepumpe (BAW) wird die Teilnahme an Schulungen von Mitarbeitern gefördert, die Wärmepumpen einbauen und warten sollen.
Förderungen gestoppt: Das ist die komplette Liste
Mit sofortiger Wirkung würden keine Anträge zu den Programmen mehr bewilligt oder angenommen, teilte die Bundesbehörde am Montag (4. Dezember) in Eschborn bei Frankfurt mit. Projekte mit bereits erteilten Förderzusagen könnten hingegen weiterverfolgt werden. Konkret handelt es sich um folgende Förderprogramme:
- Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW)
- Energieberatung für Nichtwohngebäude, Anlagen und Systeme (EBN)
- Energieberatung für Wohngebäude (EBW)
- Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW)
- Aufbauprogramm Wärmepumpe (BAW)
- Förderprogramm Serielle Sanierung
- Richtlinie zur Förderung von Kälte- und Klimaanlagen mit nicht-halogenierten Kältemitteln in stationären und Fahrzeug-Anwendungen (Kälte-Klima-Richtlinie)
- Richtlinie zur Förderung von E-Lastenfahrrädern für den fahrradgebundenen Lastenverkehr in Wirtschaft und Kommunen (E-Lastenfahrrad-Richtlinie)
- Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ bei Windenergie an Land
Nicht betroffen ist die Förderung für effiziente Gebäude (BEG), aus dem auch der Heizungstausch staatlich unterstützt wird und der in den kommenden Wochen und Monaten eigentlich überarbeitet werden sollte. Doch aufgrund des Urteils aus Karlsruhe steht auch das auf der Kippe. Ebenfalls ausgenommen ist die E-Auto-Förderung.
Energieberater fürchten um ihre Existenz: Sanierungsfahrpläne werden nicht mehr gefördert
Dennoch ist der Förderstopp ein großer Einschnitt. Denn um beispielsweise einen Förderkredit für die Sanierung eines Gebäudes von der staatlichen KfW-Bank zu erhalten, muss ein sogenannter „individueller Sanierungsfahrplan“ (iSFP) zusammen mit einem Energieberater erstellt werden. Das Honorar des Beraters wird - eigentlich - mit dem Förderprogramm EBW zu 80 Prozent bezahlt, maximal bis zu 1300 Euro bei Einfamilienhäusern. Das wurde nun eingestellt.
Während also die Sanierung an sich weiterhin staatlich gefördert wird, wird der erste Schritt dahin es nicht mehr. Damit müssen Eigentümer und Eigentümerinnen entscheiden: Entweder sie bezahlen das Beratungshonorar aus der eigenen Tasche. Oder sie warten erstmal ab, bis geklärt ist, ob die Bafa-Förderung wieder startet.
Damit drohen nun Aufträge wegzubrechen. Werden Energieberater nicht mehr beauftragt, werden auch keine Sanierungsfahrpläne erstellt und keine Sanierungen mehr durchgeführt. Gesamte Branchen werden damit in ihrer Existenz bedroht.
Branchenverband der Energieberater: „Möchte man denn endgültig die Wirtschaft abwürgen?“
Davor warnte schon in der vergangenen Woche der Branchenverband GIH. Zwei von drei GIH-Mitglieder hätten in einer Umfrage den Förderstopp der Programme als existenzbedrohend beurteilt, so der Bundesverband Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker (GIH). In der Umfrage gab fast die Hälfte der Mitglieder an, dass die EBW-Förderung über 50 Prozent ihres Umsatzes ausmache. Über ein Viertel sagte sogar, dass die Förderung zwischen 60 und 100 Prozent ihres Umsatzes repräsentiere.
Ebenfalls abgefragt wurde, wie lange die Energieberater ungefähr noch mit Aufträgen versorgt seien, bevor sie vor leeren Büchern stünden. Demnach gaben fast 70 Prozent der Befragten an, dass sie nach maximal zwei Monaten keine Aufträge mehr hätten.
In der Umfrage wurde abschließend auch in einem Freifeld Platz für Kommentare gemacht. Ein Ausschnitt zeigt, wie dramatisch die Lage bei Energieberatern jetzt ist:
- „Anfragen für einen ISFP sind da, aber ohne Zuwendungsbescheid werde ich diese nicht bearbeiten können. Allein schon die mehrmonatige Wartezeit auf die Fördergelder für die ISFP-Erstellung wäre für mich als Einsteiger finanziell ohne Rückgriff auf private Rücklagen nicht ausgleichbar.“
- „Aufgrund der großen Verunsicherung bei der Kundschaft, gibt es inzwischen auch Stornierungen.“
- „Aufgrund des kurzfristigen Förderstropps der Energieberatung für Wohngebäude (iSfp) sind uns mehrere Projekte, in die bereits viel Arbeitsaufwand geflossen ist, weggefallen. Weitere Projekte (individuelle Sanierungsfahrpläne), die im Dezember 2023 erstellt werden sollten, sind ebenfalls weggefallen.“
- „Ausgerechnet die Beratung zu stoppen ist die größte Bremse für die Energiewende, die man sich nur vorstellen kann!“
- „Beständigkeit und klare Aussagen wären wünschenswert. Selbst gegenüber unseren Kunden sind wir nicht mehr glaubwürdig. Was wir heute beraten, ist morgen nicht mehr reell.“
- „Da unser Planungsbüro immer mit Angebot und Auftrag arbeitet, ist der derzeitige Stopp einem Umsatzeinbruch von 75 Prozent gleich zu setzen.“
- „Die Förderzuschüsse zum iSFP sind das Wichtigste, damit meine Kunden überhaupt sanieren. Ohne Förderung zum iSFP wird keiner einen iSFP mit vollen Kosten beauftragen. Der iSFP ist meine Haupteinnahmequelle, die Kunden warten auf die Aufhebung der Sperre.“
- „Es geht nicht nur um die Arbeitsplätze der EB [Energieberater, Anm. d. Red.], sondern um das gesamte Gewerbe. Vom Architekten bis zum Handwerker. Von den privaten Bauherren bis zur Wohnungswirtschaft. Möchte man denn endgültig die Wirtschaft abwürgen?“
Mit Material der dpa
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