Debatte um den Haushalt
Ende der Mütterrente: So viel weniger Rente hätten Rentnerinnen
Im Rahmen der Haushaltsdiskussionen Ende 2023 war die Beendigung der Mütterrente ein heißes Thema. Eine aktuelle Untersuchung beleuchtet nun die möglichen Auswirkungen auf Rentnerinnen.
Berlin – Erneut muss die Bundesregierung um den Haushalt 2025 ringen. Nachdem Anfang Juli die drei Koalitionsspitzen Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) stolz ihren Haushaltsentwurf präsentierten, geht es nun nach Ansicht des Finanzministers wieder zurück auf Los. Die neuen Haushaltstricks sind womöglich verfassungswidrig, es fehlen 17 Milliarden Euro.
Haushalt auf der Kippe: Kürzungen bei Rente und Bürgergeld erneut im Gespräch
Finanzminister Lindner hat erneut seine Forderung nach weniger Ausgaben, vor allem im Sozialetat, geäußert. Die zwei größten Posten dort: Die Rente und das Bürgergeld. Im Rahmen der Haushaltskrise Ende 2023 war schon mal über Kürzungen bei der Rente gesprochen worden, insbesondere bei der Rente mit 63 (die die FDP gerne abschaffen würde) sowie bei der Mütterrente. Eine aktuelle Studie der Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hat daher auch die Folgen dieser Abschaffung berechnet.
Was ist die Mütterrente?
Die Mütterrente wurde 2014 von der damaligen Koalition aus CDU und SPD eingeführt. Sie kommt ausschließlich Frauen zugute, die vor 1992 Kinder geboren haben. Vor der Einführung der Mütterrente 2014 gab es für Frauen, die beruflich kürzer getreten haben, um Kinder zu erziehen, pro Kind ein Jahr Kindererziehungszeit, das auf die Rente angerechnet werden konnte. Dies wurde mit der Reform um ein weiteres Jahr aufgebessert. 2019 wurde diese dann um weitere sechs Monate aufgestockt.
Nach Berechnungen des DIW gingen 2022 rund 13 Milliarden Euro aus der Rentenkasse auf die Mütterrente zurück. Das entspreche drei Prozent der Gesamtausgaben der Deutschen Rentenversicherung. Damit ist die Mütterrente eine der teuersten Reformen der vergangenen Jahre.
Das DIW hat berechnet, dass fast neun Millionen Rentnerinnen im Jahr 2022 von der Mütterrente profitiert haben. Das entspreche 86,5 Prozent aller Frauen über 65 Jahren. Die übrigen Frauen über 65, die keine Mütterrente beziehen, sind entweder kinderlos oder haben Kinder erst nach 1992 geboren.
Abschaffung der Mütterrente: Frauen hätten 107 Euro weniger Rente
Der Untersuchung zufolge bessert die Mütterrente die Renten dieser neun Millionen Frauen um rund 107 Euro pro Monat (brutto) auf. Dabei stellt sich eine zentrale Kritik an der Mütterrente als falsch heraus: Moniert wird immer wieder, dass die Mütterrente nicht treffsicher sei, da es unabhängig vom Einkommen der Frauen ausgezahlt wird und damit auch Gutverdienenden zugutekommt.
Das DIW stellt allerdings fest, dass die Mütterrente vor allem Frauen mit mittleren und niedrigen Einkommen unterstützt, da diese aufgrund der Tatsache, dass sie mehrere Kinder geboren und erzogen haben, häufiger von Altersarmut betroffen sind. „Frauen ab 65 Jahren weisen ein überdurchschnittliches Armutsrisiko von 19,4 Prozent auf, bei älteren Männern liegt das Armutsrisiko bei 16,2 Prozent“, so das DIW. Die Armutsrisikoquote liegt bei der Gesamtbevölkerung ungefähr bei 18 Prozent. Ohne die Mütterrente steigt demnach die Armutsrisikoquote von Frauen über 65 Jahren auf 22,3 Prozent.
Interessant ist dabei die Verteilung der Altersarmut unter den Frauen. So sind Frauen mit einem oder zwei Kindern am wenigsten von Altersarmut betroffen, stellt das DIW fest. Kinderlose Frauen weisen also ein höheres Armutsrisiko auf. Erst ab dem dritten oder vierten Kind steigt das Armutsrisiko von Frauen über 65 Jahren wieder an. „Die Mütterrente leistet einen deutlichen Beitrag zur Armutsrisikoreduktion für Gruppen, die ohnehin einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt sind“, schlussfolgern die Studienautorinnen und -autoren daher. Darüber hinaus würde die Abschaffung vor allem Frauen belasten, die geschieden oder verwitwet sind.
Abschaffung der Mütterrente wäre vermutlich verfassungswidrig
Die Mütterrente abzuschaffen würde also gut neun Millionen Menschen im Land eine zentrale finanzielle Stütze entziehen. Ganz nebenbei zweifeln die Autoren und Autorinnen an der Verfassungsmäßigkeit einer Abschaffung, da das in die Eigentumsrechte der Frauen eingreifen würde.
Zugleich zeigt die Mütterrente jedoch erneut auf, wie wichtig es wäre, die Erwerbstätigkeit von Frauen insgesamt zu steigern. Das DIW schreibt deshalb auch: Wenn man diese Ungleichheit schon früher angegangen hätte, hätte es den Rentenzuschlag für Mütter so nicht gebraucht. „Dafür ist es notwendig, Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur auszubauen und die Anreize im Steuersystem durch eine Reform des Ehegattensplittings und der Minijobs zu verbessern“, heißt es in dem Bericht.
Mütterrente reduziert Arbeit von Frauen – der Druck auf die Rentenkasse steigt
Des Weiteren habe die Mütterrente selbst auch einen negativen Einfluss auf die Beschäftigung von Frauen. „Neuere empirische Studien zeigen, dass Frauen aufgrund der Mütterrente ihre Beschäftigung und ihre Arbeitsstunden vor dem Renteneintritt reduziert haben. Dadurch steigt potenziell der finanzielle Druck auf die Rentenkasse“. Dies zeigt erneut den dringenden Handlungsbedarf bei der Stärkung der Frauenerwerbstätigkeit auf, da hier ein Kreislauf erschaffen wurde: Während fehlende Anreize für Frauenerwerbstätigkeit zur Einführung der Mütterrente geführt haben, begünstigt diese nun auch weniger Arbeit von Frauen im Rentenalter.
Dieses Thema geht die Ampel-Regierung auch schon an, zumindest hat sie das in ihrer Wachstumsinitiative angekündigt. So sollen Frauen durch die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 zu mehr Arbeit bewegt werden, genauso wie die Einführung einer Prämie für Teilzeitbeschäftigte, die ihre Arbeitszeit erhöhen.
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