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„Nährt Zweifel an einer Umsetzung“

Die Union plant massive Steuererleichterungen – doch es handelt sich um „viel Wunschdenken zur Weihnachtszeit“

Die CDU und SPD haben erste Punkte ihrer Wahlprogramme vorgestellt. Beide Parteien planen, den Bürgern steuerliche Vorteile zu gewähren. Aber wie kann das finanziert werden?

Berlin – Die SPD und CDU haben am vergangenen Wochenende erste Aspekte ihrer Wahlprogramme an die Öffentlichkeit gebracht. In beiden Programmen ist von steuerlichen Entlastungen die Rede: Beide Parteien wollen die Einkommenssteuer und die Stromsteuer senken, um die Strompreise für alle im Land günstiger zu machen. Doch während die SPD auch Steuererhöhungen für Vermögende und Erben vorsieht, will die Union auch diese Gruppen in Teilen entlasten. Ökonomen mahnen CDU und CSU daher zur Vorsicht und zur Vorlegung eines Konzeptes, wie diese Pläne finanziert werden können.

CDU-Plan für nach der Bundestagswahl: Steuerentlastungen und Bürgergeld-Reform

Der CDU-Chef Friedrich Merz kündigte einen grundlegenden Wechsel in der Wirtschaftspolitik an – denn eine wettbewerbsfähige Wirtschaft sei „die Voraussetzung für alles andere“. Den Unternehmen verspricht die Union im vorläufigen Wahlprogramm eine Unternehmenssteuersenkung auf maximal 25 Prozent sowie die Beseitigung von „überflüssigem Papierkram“. Die Stromsteuer und die Netzentgelte sollen sinken.

Die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz soll „deutlich“ erhöht werden. Der Soli, der inzwischen nur bei höheren Einkommen anfällt, soll ganz gestrichen werden. Das Bürgergeld in der jetzigen Form soll durch eine „neue Grundsicherung“ ersetzt werden. Sie soll für diejenigen gestrichen werden, die nicht bereit sind, Arbeit anzunehmen.

Friedrich Merz (l) und Olaf Scholz haben unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft des Landes

Die SPD will die Einkommensteuer „für 95 Prozent der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“ senken. Hingegen sollen die Bezieherinnen und Bezieher „der obersten ein Prozent der Einkommen“ einen höheren Beitrag leisten. Die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel will die SPD von sieben auf fünf Prozent senken. Höhere Steuern sollen auf große Erbschaften fällig werden, die Vermögensteuer soll „für Superreiche“ wieder erhoben werden. Unternehmen sollen durch den Abbau von Bürokratie und eine Senkung der Stromkosten entlastet werden. Möglich werden soll dies unter anderem durch eine Halbierung der Netzentgelte.

Tabelle zeigt Pläne von SPD und CDU: Union hat keine Gegenfinanzierung

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat die Pläne der beiden Parteien tabellarisch zusammengefasst und ihre Kosten berechnet:

BereichCDU/CSUSPD
Entlastung Einkommenssteuer für die Mitte-35 Mrd. Euro-15 Mrd. Euro
Erhöhung der Spitzensteuer-+7 Mrd. Euro
Entlastung durch höhere Entfernungspauschale-2,3 Mrd. Euro-
Steuerfreibetrag für Rentner-2,7 Mrd. Euro-
Steuerbefreiung für Überstunden-1 Mrd. Euro-
Senkung der Gewerbesteuer-20 Mrd. Euro-
Investitionsprämie für Unternehmen--20 Mrd. Euro
Abschaffung des Soli-13 Mrd. Euro-
Senkung der Umsatzsteuer-4 Mrd. Euro-4 Mrd. Euro
Senkung der Stromsteuer & Netzentgelte-10 Mrd. Euro-10 Mrd. Euro
Erhöhung der Kapitalertragssteuer-+7 Mrd. Euro
Erhöhung der Erbschaftsteuer-+3 Mrd. Euro
Erhöhung der Vermögensteuer-+2 Mrd. Euro
Bilanz-89 Mrd. Euro-30 Mrd. Euro

Klar ersichtlich aus der Tabelle: Beide Parteien haben ihre Pläne nicht ausreichend gegenfinanziert. Allerdings ist die Lücke bei der CDU deutlich größer: 89 Milliarden Euro will die Partei ausgeben und hat bisher keinen Vorschlag vorgelegt, woher das Geld kommen soll.

Denn die SPD will auch die Schuldenbremse reformieren, um mehr Spielraum für diese Maßnahmen zu haben. Die Union will laut Programm aber an der Schuldenbremse festhalten. Das Programm kritisieren die Ökonomen des IW: „Weil von Steuererhöhungen an anderer Stelle nicht die Rede ist, müssten Einsparungen dann das Gebot der Stunde sein“, sagt IW-Haushaltsexperte Tobias Hentze. „Die Antwort bleibt offen und nährt Zweifel an einer Umsetzung.“

Ökonom zerlegt CDU-Wahlprogramm: „Viel Wunschdenken zur Weihnachtszeit“

Auch an anderer Stelle hat es die Union mit Gegenwind zu tun. Der Ökonom Professor Jens Südekum von der Universität Düsseldorf schreibt in einem Post auf X: „Das CDU Programm reißt eine 100 Mrd Lücke bei den öff Haushalten. Schuldenbremse soll halten, keine Steuererhöhungen. Gegenfinanzierung allein durch Wachstumsimpulse des Programms.“ Seinen Berechnungen zufolge bräuchte es ein BIP-Wachstum von 10 Prozent, um das zu erreichen. „Viel Wunschdenken zur Weihnachtszeit“, so der Ökonom weiter.

Friedrich Merz hat auf die Kritik im ARD-Bericht aus Berlin reagiert und gesagt: „Wir weisen darauf hin, dass allein ein Prozent (Wirtschafts-)Wachstum - und das ist die Untergrenze dessen, was wir erreichen müssen - zehn Milliarden Euro höhere Staatseinnahmen bedeuten“, erklärte er. Außerdem seien die Kosten für das Bürgergeld explodiert und beliefen sich inzwischen auf fast 50 Milliarden Euro. „Wir werden dieses System Bürgergeld vom Kopf auf die Füße stellen, da werden sich zweistellige Milliardenbeträge einsparen lassen“. Allerdings ergeben zehn Milliarden Euro plus 50 Milliarden Euro - auch wenn diese Komplett-Einsparung völlig unmöglich ist - immer noch nicht 89 Milliarden Euro.

Bürgergeld-Reform der Union: Leistungen können nicht so einfach gekürzt werden

Unklar ist, ob die Pläne der Union, das Bürgergeld so zu reformieren, dass es weniger Geld kostet, auch gelingen kann. Immer wieder hat die CDU öffentlich gesagt, dass es keine Leistungen für Menschen geben soll, die eine Arbeit ablehnen. Dies ist aber verfassungsrechtlich nicht haltbar. 2019 hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass der Staat dafür Sorge zu tragen hat, dass Menschen mehr als das Existenzminimum zur Verfügung haben – auch, wenn sie sich weigern, eine Arbeit aufzunehmen. Zwar sind Leistungskürzungen dann möglich; mehr als 30 Prozent dürfen sie aber nicht betragen.

CDU und CSU wollen auch, dass die Ukrainer und Ukrainerinnen nicht mehr bei Ankunft direkt Bürgergeld erhalten, sondern wie alle anderen Geflüchteten nur Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dies soll aber nur für neu ankommende Geflüchtete gelten. Aktuell sind von den fast 4 Millionen arbeitslosen Bürgergeld-Empfängern im Land nach aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit 504.000 Menschen aus der Ukraine. Diese müsste die Union ihren eigenen Plänen zufolge weiterhin versorgen.

Union muss Geld zusammenkriegen: Schuldenbremse auf Länderebene reformieren?

Die Union wird also irgendwo anders das Geld noch sparen müssen, das ist sicher. Wo genau, will sie nicht sagen – außer sie will doch eine Reform der Schuldenbremse anstoßen. Merz hatte zuletzt Bereitschaft signalisiert, über Reformen der Schuldenbremse auf Länderebene zu sprechen.

Nach der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse dürfen Bund und Länder ihre Haushaltsdefizite grundsätzlich nicht mehr durch die Aufnahme von Krediten ausgleichen. Während für die Länder ein absolutes Verschuldungsverbot gilt, hat der Bund einen gewissen Spielraum, der es ihm erlaubt, bei einer schlechten Konjunktur Schulden zu machen. Dies könnte der Union die Möglichkeit geben, in Zukunft mehr Ausgaben – zum Beispiel für das Deutschlandticket – auf die Länder zu schieben, wenn diesen mehr Spielraum gegeben werde.

Rubriklistenbild: © Photothek/imago

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