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Automobilindustrie

Deutsche Elektroauto-Produktion: Rekord, Absatzproblem und „Verteilungskampf“

2024 produziert die deutsche Autoindustrie mehr E-Fahrzeuge denn je. Der sinkende Absatz torpediert den Rekord - der “Verteilungskampf” hat längst begonnen.

Berlin/München – Die E-Mobilität in Deutschland befindet sich in einem paradoxen Zustand: Während die Produktion von Elektrofahrzeugen Rekordhöhen erreicht, bleibt der Absatz im Inland hinter den Erwartungen zurück. Diese Entwicklung ist vor allem auf die Einstellung der Förderung durch eine Kaufprämie im Jahr 2023 zurückzuführen, die den Absatz von Elektroautos im laufenden Jahr deutlich nach unten drückt.

In Deutschland werden mehr Elektroautos denn je produziert

Laut aktuellen Daten des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA) wurden im Oktober in Deutschland 143.200 Elektrofahrzeuge produziert, was einem Anstieg von 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht. 

Der Elektroanteil an der gesamten Pkw-Produktion ist ebenfalls auf einen Rekordwert von 38 Prozent geklettert. Das zeigt, dass deutsche Hersteller wie Volkswagen ihre Produktionskapazitäten 2024 enorm in Richtung Elektroautos verschoben haben. Entgegen dem Hochlauf bei der Fertigung ist die Zuwendung der Kundschaft für Stromer gesunken.

E-Auto-Absatz hierzulande schrumpft – gesamte Neuzulassungen stagnieren

Der E-Auto-Absatz schrumpfte im vergangenen Monat neuerlich: Knapp 35.200 BEV-Modelle kamen nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) im November 2024 neu auf die Straße. Das sind fast 22 Prozent weniger als noch im November des Vorjahres, der Anteil dieser Antriebsgattung an allen Neuzulassungen betrug etwa 14 Prozent. 

Elektroauto-Produktion bei Volkswagen in Zwickau: 2024 wurden in Deutschland mehr Stromer montiert als je zuvor.

Insgesamt stagnierte der Neuwagenmarkt: Über alle Antriebe und Segmente hinweg wurden dem KBA zufolge 244.544 Pkw neu zugelassen – etwa so viele wie im Vorjahresmonat. Der VDA sieht sich damit in seiner Prognose für das Gesamtjahr bestätigt. Er geht für 2024 weiterhin von 2,8 Millionen neuen Autos hierzulande aus, was in etwa dem Resultat des Vorjahres entspricht. 

Deutscher Automarkt liegt 22 Prozent unter dem Volumen von 2019

„Der Vergleich zum Vorkrisenniveau fällt allerdings weiterhin deutlich negativ aus“, teilte der Verband mit: Der Gesamtmarkt für Neuzulassungen liege derzeit rund 22 Prozent unter dem Volumen von Januar bis November 2019. Experten gehen nicht davon aus, dass das Niveau von 2019 in naher Zukunft wieder erreicht wird und das wirkt sich auf die Einnahmen der Autobauer aus. 

Besonders auffällig ist der Rückgang bei den Neuzulassungen von Elektroautos, die in den ersten elf Monaten des Jahres um 26 Prozent gesunken sind. Im Gegensatz dazu stieg der Absatz von Plug-in-Hybriden um 9 Prozent.

Autoindustrie Deutschland: VDA betont positive Export-Entwicklung

Der Export von Fahrzeugen aus deutscher Produktion zeigt hingegen eine positive Entwicklung. Im laufenden Jahr stieg der Export um drei Prozent auf drei Millionen Autos, bleibt jedoch immer noch 9 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019 zurück. 

Von der Bildfläche verschwunden: Zehn große Automarken, die es nicht mehr gibt

Ein Simca 1100 GLS Baujahr 1972 auf einer Oldtimermesse
Simca – Die Geschichte von Simca (Société Industrielle de Mécanique et Carrosserie Automobile) begann 1934 als Lizenzfertiger von Fiat-Fahrzeugen in Frankreich. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden auch eigene Modelle produziert. Im Jahr 1978 wurde der Autobauer von Peugeot übernommen und die Marke Simca aufgegeben. Die noch existierenden Modellreihen wurden bis 1986 unter dem Markennamen Talbot verkauft. © Sebastian Geisler/Imago
Ein Oldsmobile Vista Cruiser
Oldsmobile – Hierzulande weitgehend unbekannt, gehörte Oldsmobile in den USA vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren zu den erfolgreichsten Marken. Ein bekanntes Modell war beispielsweise der Vista Cruiser (Foto): Ein markant gestalteter Kombi, von dem zwischen 1964 bis 1977 mehr als 360.000 Exemplare gebaut wurden. Anfang der 2000er-Jahre gingen die Verkäufe stark zurück, sodass die Mutter General Motors im Jahr 2004 die Produktion von Fahrzeugen der Marke komplett einstellte. © Pond5 Images/Imago
Ein NSU Prinz auf einem Oldtimer-Treffen
NSU Motorenwerke – Die Geschichte des Unternehmens begann in den 1870er-Jahren als Hersteller von Strickmaschinen. Später produzierte das Unternehmen Fahr- und Motorräder. Erst Ende 1958 kam mit dem Prinz das erste Automodell des Herstellers auf den Markt – es wurde in mehreren Generationen bis 1973 produziert. Bereits 1969 fusionierten NSU und Auto Union zur Audi NSU Auto Union AG, die 1985 wiederum in Audi umfirmierte – mit diesem Schritt verschwand auch der Name NSU. © CEPix/Imago
Ein Plymouth Superbird in einem Museum
Plymouth – Einst gehörte Plymouth zu den erfolgreichsten Automobilmarken der USA und war in den 1940er-Jahren sogar der zweitgrößte US-Hersteller – noch vor Ford. Anfang der 1960er-Jahre verlor die Marke jedoch rapide Marktanteile, bevor man ab 1965 mit Muscle-Car-Modellen wie dem Barracuda oder Road Runner kurzfristig wieder Boden gut machen konnte. Eines der bis heute legendärsten Modelle war der Plymouth Superbird (Foto): eine stark modifizierte Version des Road Runner. Das Modell mit dem gigantischen Spoiler fand jedoch Anfang der 1970er-Jahre kaum Kunden, weshalb weniger als 2.000 Exemplare gebaut wurden. Nach und nach verlor die Marke immer mehr ihre Identität. 2001 entschied die Mutter DaimlerChrysler schließlich, die Marke Plymouth einzustellen. © Pond5 Images/Imago
Eine Borgward Isabella auf einer Messe
Borgward – Zu den größten Verkaufserfolgen des Bremer Autobauers Borgward zählte die von 1954 bis 1962 gebaute Isabella (Foto). Doch bereits ab Mitte der 1950er-Jahren ging es mit dem Unternehmen wirtschaftlich bergab. Anfang der 1960er-Jahre führten die Probleme schließlich zum Untergang. Mitte der 2010er-Jahre wurden die Markenrechte nach China verkauft. Mit SUV-Modellen wurde schließlich ein Comeback-Versuch gestartet, der aber nach kurzer Zeit im Sande verlief. © Pond5 Images/Imago
Ein Daewoo Matiz auf einer Automesse
Daewoo – Mitte der 1990er-Jahre versuchte sich in Europa die koreanische Marke Daewoo zu etablieren – unter anderem mit dem Kleinstwagen Matiz (Foto). Allerdings war dem Hersteller kein Erfolg beschieden: Nachdem das Unternehm in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, wurde die Pkw-Sparte von einem Konsortium um General Motors übernommen. Ab 2005 wurden die Daewoo-Modelle (auch der Matiz) dann unter dem Namen Chevrolet verkauft.  © Papsch/Imago
Der 1.000.000 Trabant im Museum
Trabant – Obwohl der Trabant bereits in den 1960er-Jahren als veraltet galt, war er ein echter Verkaufsschlager – allerdings gab es in der ehemaligen DDR auch kaum Alternativen zu dem von Sachsenring produzierten Zweitakter. Geduld war nicht nur aufgrund der geringen Motorleistung, sondern auch wegen der durchschnittlichen Wartezeiten auf ein Fahrzeug von mehreren Jahren gefragt. Dennoch: Mehr als drei Millionen „Trabis“ liefen zwischen 1958 und 1991 vom Band. Das Foto zeigt das 1.000.000-ste Exemplar, das im November 1973 gebaut wurde. Mit dem Ende der DDR endete auch bald die Produktion des Trabis. © Eberhard Thonfeld/Imago
Ein Pontiac Firebird Trans Am, Baujahr 1984
Pontiac – Die US-Marke Pontiac war vor allem in den 1960er-Jahren sehr erfolgreich. Hierzulande kennen viele den Hersteller vor allem aus Serien und Filmen. Der schwarze Pontiac Firebird Trans Am (zweite Generation) mit dem riesigen Adler auf der Haube faszinierte die Zuschauer in „Smokey and the Bandit“ (1977). Die dritte Generation des Firebird (Foto) wurde in den 1980er-Jahren als Basis des Serien-Wunderautos K.I.T.T bekannt. Der große Erfolg früherer Jahre stellte sich dennoch nicht mehr ein: 2010 legte der General-Motors-Konzern die Marke Pontiac auf Eis. © Pond5 Images/Imago
Ein Saab 900 Cabrio Baujahr 1991
Saab – Das erste Pkw-Modell des Herstellers ging 1949 als Saab 92 in Serie. Wirklich große Stückzahlen produzierte der schwedische Autobauer zwar nie, dennoch gelten einige Baureihen wie der 900 (Foto zeigt die Cabrio-Version) als legendär. 1998 ging Saab eine Kooperation mit General Motors ein. Fortan wurden viele Gleichteile aus dem Konzernverbund eingesetzt, dennoch stellte sich auf lange Sicht kein wirtschaftlicher Erfolg ein. 2011 meldete Saab Insolvenz an.  © Sebastian Geisler/Imago
Ein Rover 75
Rover – Die Geschichte des englischen Automobilherstellers Rover geht bis ins Jahr 1896 zurück. Über viele Jahrzehnte konnten sich die Briten im Automobilgeschäft behaupten, bis das Unternehmen 1967 Teil der British Leyland Motor Cooperation wurde. Durch eklatante Fertigungs- und Qualitätsmängel ruinierte die Marke ihren Ruf – bis es Anfang der 1980er-Jahre durch eine Kooperation mit Honda wieder etwas bergauf ging. 1994 übernahm schließlich BMW die britische Marke – und versenkte dadurch Milliarden. 2000 zog der bayerische Autobauer die Reißleine und gliederte Rover wieder aus. 2005 folgte die Insolvenz. © Heritage Images/Imago

Diese Zahlen verdeutlichen zumindest, dass die deutsche Automobilindustrie international nicht auf dem absteigenden Ast ist, trotz eines Bündels an Problemen in der Heimat: Der Sektor steht vor der Aufgabe, seine Wettbewerbsfähigkeit im globalen Marktumfeld aufrechtzuerhalten.

Mehrere Herausforderungen für die deutsche Autoindustrie

Dabei muss nach Einschätzung von Experten deutlich effizienter gearbeitet werden: „Nur so bleibt sie international mittelfristig bis langfristig wettbewerbsfähig“, heißt es in einem Empfehlungspapier des vom Wirtschaftsministerium berufenen Expertenkreises Transformation der Automobilwirtschaft (ETA). „Es geht wirklich darum, mehr zu produzieren und die Kosten zu reduzieren“, sagte Ina Schaefer, die an TU Braunschweig Professorin für Softwaretechnik und Fahrzeuginformatik ist. 

Der Druck auf die Autobranche in Deutschland nahm zuletzt merklich zu: Volkswagen plant, aus Kostengründen Werke zu schließen, Rivale Ford verfolgt diese Strategie schon seit Jahren. „Es findet ein Verteilungskampf um die Zukunft der Automobilindustrie und deren Wertschöpfung statt“, befindet der ETA. 

Der globale Standortwettbewerb verschärfe sich zudem aufgrund umfassender staatlicher Investitions- und Subventionsprogramme, vor allem durch die USA und China. Deutschland ist ins Hintertreffen geraten. (PF mit Material der dpa)

Rubriklistenbild: © Uwe Meinhold/Imago

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