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In einem Land steigt der Absatz

Deutsche Autoindustrie plötzlich am Ende: „Habeck hat den Markt zerstört“

Die E-Mobilität in Deutschland tritt auf der Stelle, während Großbritannien den europäischen Markt anführt. Der entscheidende Faktor ist die gezielte Förderung. Habeck wird vom „Autopapst“ Dudenhöffer angegriffen.

London/Berlin - Deutschland erlebte 2024 eine Enttäuschung im E-Automarkt: Die Zahl der Neuzulassungen brach hierzulande um 27 Prozent ein. Großbritannien hingegen glänzt aktuell mit steigenden Zulassungen und führt nun den europäischen Markt an, wenn auch knapp: 381.970 Elektroautos im Vergleich zu 380.609 Modellen in der Bundesrepublik. Warum boomen Stromer auf der Insel, während sie in Deutschland stagnieren?

E-Auto-Förderung: Großbritannien mit klaren Vorgaben für Hersteller von Elektroautos

Die britische Erfolgsstrategie basiert auf klaren staatlichen Vorgaben: Autohersteller müssen einen festgelegten Anteil an Elektroautos verkaufen, was häufige Rabatte erforderlich macht. Diese Politik belebt den Markt: Verbraucher profitieren von günstigeren Preisen, während für Interessenten die Schwelle zum Kauf sinkt.

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht darin eine konsequente Strategie: „Die Briten hatten einen Plan und haben ihn umgesetzt.“ Wie in Deutschland spielen auch in Großbritannien Firmenwagen eine Schlüsselrolle, die E-Autos auf die Sprünge helfen: Durch attraktive Leasingangebote wird das finanzielle Risiko minimiert, was den Markthochlauf zusätzlich befeuert.

Deutschlands E-Auto-Absatz stagniert – „Habeck hat Markt zerstört“

In Deutschland herrscht hingegen Stillstand statt Wachstum. Für den Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) sei der Stopp der Umweltprämie Ende 2023 ein „folgenreicher Fehler“ gewesen. Branchenexperte Dudenhöffer manifestiert das Problem abermals an einer Person: „Robert Habeck hat den Markt zerstört“, erklärt der „Autopapst“ gegenüber Focus.de.

Tatsächlich hinterließ das Ende der Förderung ein Vakuum, das weder Autohersteller noch der Staat kompensierten. Ohne klare Kaufanreize zögern viele Verbraucher, gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, bei der Anschaffung eines Elektroautos.

Wirtschaftsminister Robert Habeck erhält erneut Gegenwind – es geht um den Stopp der E-Auto-Förderprämie.

Elektroauto-Wachstum in Großbritannien hat eine Kehrseite

Der britische Weg ist jedoch nicht ohne Schwächen: Die erzwungenen Rabatte belasten die heimische Industrie und schmälern die Rendite. Laut dem britischen Automobilverband haben die Maßnahmen 2024 zu Kosten von 4,5 Milliarden Pfund geführt.

Man kann von einer Zwickmühle sprechen: Noch mehr Rabatte, wie auch der britische Herstellerverband zugibt, sind kontraproduktiv und bringen die Hersteller in Schwierigkeiten. Eine Kaufprämie wiederum bittet Steuerzahler zur Kasse und eine weitere Alimentierung insbesondere im Premiumbereich ist in Zeiten des strapazierten Staatshaushalts schwer vermittelbar.

Dudenhöffer: Deutschland das „große Verliererland der Autoindustrie“

Schon länger schießt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer angesichts der E-Auto-Krise gegen die bisherige Bundesregierung: „Das größte Risiko für die Autoindustrie sind unsere Politiker“, sagte er kürzlich der Augsburger Allgemeinen. Hersteller und Autokäufer würden systematisch verunsichert. „Erst haben wir Elektroautos beworben, dann hat man die Kaufprämie eingestellt und den Stecker gezogen“, so Dudenhöffer. Gleiches gelte für die Debatte um das Verbrenner-Aus.

Die inländischen Werke seien im Vergleich zu den ausländischen Standorten immer weniger bedeutend, wie die Krise bei VW zeige. „Die deutschen Autohersteller haben rund 15 Millionen Autos weltweit verkauft, davon werden aber nur rund drei Millionen aus Deutschland exportiert“, so Dudenhöffer. Außerdem mache die Bundesrepublik „weniger als drei Prozent am weltweiten Automarkt aus“.

Von der Bildfläche verschwunden: Zehn große Automarken, die es nicht mehr gibt

Ein Simca 1100 GLS Baujahr 1972 auf einer Oldtimermesse
Simca – Die Geschichte von Simca (Société Industrielle de Mécanique et Carrosserie Automobile) begann 1934 als Lizenzfertiger von Fiat-Fahrzeugen in Frankreich. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden auch eigene Modelle produziert. Im Jahr 1978 wurde der Autobauer von Peugeot übernommen und die Marke Simca aufgegeben. Die noch existierenden Modellreihen wurden bis 1986 unter dem Markennamen Talbot verkauft. © Sebastian Geisler/Imago
Ein Oldsmobile Vista Cruiser
Oldsmobile – Hierzulande weitgehend unbekannt, gehörte Oldsmobile in den USA vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren zu den erfolgreichsten Marken. Ein bekanntes Modell war beispielsweise der Vista Cruiser (Foto): Ein markant gestalteter Kombi, von dem zwischen 1964 bis 1977 mehr als 360.000 Exemplare gebaut wurden. Anfang der 2000er-Jahre gingen die Verkäufe stark zurück, sodass die Mutter General Motors im Jahr 2004 die Produktion von Fahrzeugen der Marke komplett einstellte. © Pond5 Images/Imago
Ein NSU Prinz auf einem Oldtimer-Treffen
NSU Motorenwerke – Die Geschichte des Unternehmens begann in den 1870er-Jahren als Hersteller von Strickmaschinen. Später produzierte das Unternehmen Fahr- und Motorräder. Erst Ende 1958 kam mit dem Prinz das erste Automodell des Herstellers auf den Markt – es wurde in mehreren Generationen bis 1973 produziert. Bereits 1969 fusionierten NSU und Auto Union zur Audi NSU Auto Union AG, die 1985 wiederum in Audi umfirmierte – mit diesem Schritt verschwand auch der Name NSU. © CEPix/Imago
Ein Plymouth Superbird in einem Museum
Plymouth – Einst gehörte Plymouth zu den erfolgreichsten Automobilmarken der USA und war in den 1940er-Jahren sogar der zweitgrößte US-Hersteller – noch vor Ford. Anfang der 1960er-Jahre verlor die Marke jedoch rapide Marktanteile, bevor man ab 1965 mit Muscle-Car-Modellen wie dem Barracuda oder Road Runner kurzfristig wieder Boden gut machen konnte. Eines der bis heute legendärsten Modelle war der Plymouth Superbird (Foto): eine stark modifizierte Version des Road Runner. Das Modell mit dem gigantischen Spoiler fand jedoch Anfang der 1970er-Jahre kaum Kunden, weshalb weniger als 2.000 Exemplare gebaut wurden. Nach und nach verlor die Marke immer mehr ihre Identität. 2001 entschied die Mutter DaimlerChrysler schließlich, die Marke Plymouth einzustellen. © Pond5 Images/Imago
Eine Borgward Isabella auf einer Messe
Borgward – Zu den größten Verkaufserfolgen des Bremer Autobauers Borgward zählte die von 1954 bis 1962 gebaute Isabella (Foto). Doch bereits ab Mitte der 1950er-Jahren ging es mit dem Unternehmen wirtschaftlich bergab. Anfang der 1960er-Jahre führten die Probleme schließlich zum Untergang. Mitte der 2010er-Jahre wurden die Markenrechte nach China verkauft. Mit SUV-Modellen wurde schließlich ein Comeback-Versuch gestartet, der aber nach kurzer Zeit im Sande verlief. © Pond5 Images/Imago
Ein Daewoo Matiz auf einer Automesse
Daewoo – Mitte der 1990er-Jahre versuchte sich in Europa die koreanische Marke Daewoo zu etablieren – unter anderem mit dem Kleinstwagen Matiz (Foto). Allerdings war dem Hersteller kein Erfolg beschieden: Nachdem das Unternehm in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, wurde die Pkw-Sparte von einem Konsortium um General Motors übernommen. Ab 2005 wurden die Daewoo-Modelle (auch der Matiz) dann unter dem Namen Chevrolet verkauft.  © Papsch/Imago
Der 1.000.000 Trabant im Museum
Trabant – Obwohl der Trabant bereits in den 1960er-Jahren als veraltet galt, war er ein echter Verkaufsschlager – allerdings gab es in der ehemaligen DDR auch kaum Alternativen zu dem von Sachsenring produzierten Zweitakter. Geduld war nicht nur aufgrund der geringen Motorleistung, sondern auch wegen der durchschnittlichen Wartezeiten auf ein Fahrzeug von mehreren Jahren gefragt. Dennoch: Mehr als drei Millionen „Trabis“ liefen zwischen 1958 und 1991 vom Band. Das Foto zeigt das 1.000.000-ste Exemplar, das im November 1973 gebaut wurde. Mit dem Ende der DDR endete auch bald die Produktion des Trabis. © Eberhard Thonfeld/Imago
Ein Pontiac Firebird Trans Am, Baujahr 1984
Pontiac – Die US-Marke Pontiac war vor allem in den 1960er-Jahren sehr erfolgreich. Hierzulande kennen viele den Hersteller vor allem aus Serien und Filmen. Der schwarze Pontiac Firebird Trans Am (zweite Generation) mit dem riesigen Adler auf der Haube faszinierte die Zuschauer in „Smokey and the Bandit“ (1977). Die dritte Generation des Firebird (Foto) wurde in den 1980er-Jahren als Basis des Serien-Wunderautos K.I.T.T bekannt. Der große Erfolg früherer Jahre stellte sich dennoch nicht mehr ein: 2010 legte der General-Motors-Konzern die Marke Pontiac auf Eis. © Pond5 Images/Imago
Ein Saab 900 Cabrio Baujahr 1991
Saab – Das erste Pkw-Modell des Herstellers ging 1949 als Saab 92 in Serie. Wirklich große Stückzahlen produzierte der schwedische Autobauer zwar nie, dennoch gelten einige Baureihen wie der 900 (Foto zeigt die Cabrio-Version) als legendär. 1998 ging Saab eine Kooperation mit General Motors ein. Fortan wurden viele Gleichteile aus dem Konzernverbund eingesetzt, dennoch stellte sich auf lange Sicht kein wirtschaftlicher Erfolg ein. 2011 meldete Saab Insolvenz an.  © Sebastian Geisler/Imago
Ein Rover 75
Rover – Die Geschichte des englischen Automobilherstellers Rover geht bis ins Jahr 1896 zurück. Über viele Jahrzehnte konnten sich die Briten im Automobilgeschäft behaupten, bis das Unternehmen 1967 Teil der British Leyland Motor Cooperation wurde. Durch eklatante Fertigungs- und Qualitätsmängel ruinierte die Marke ihren Ruf – bis es Anfang der 1980er-Jahre durch eine Kooperation mit Honda wieder etwas bergauf ging. 1994 übernahm schließlich BMW die britische Marke – und versenkte dadurch Milliarden. 2000 zog der bayerische Autobauer die Reißleine und gliederte Rover wieder aus. 2005 folgte die Insolvenz. © Heritage Images/Imago

Neue Werke entstünden „vielleicht in Polen, Spanien, Amerika oder China, aber nicht mehr in Deutschland“. Die Bundesrepublik sei „das große Verliererland der Automobilindustrie“.

E-Auto-Absatz: „Autopapst“ erwartet weiteren Preissturz bei Elektroautos in Deutschland

Abgesehen davon können Neuwagenkäufer nach Einschätzung von Dudenhöffer im Jahr 2025 – wie in Großbritannien – auf steigende Rabatte zählen. Wegen drohender EU-Strafzahlungen hätten die Hersteller großes Interesse, mehr E-Autos zu verkaufen. Daher würde sich der preisliche Unterschied gegenüber Verbrennermodellen weiter verringern, glaubt der 73-Jährige.

Mit politischen Impulsen sei von der EU-Ebene zu rechnen, während in Deutschland wegen der Neuwahlen und der folgenden Regierungsbildung zunächst nicht mit einer erneuten staatlichen Förderung zu rechnen sei. Vor geraumer Zeit nannte Dudenhöffer das Fördermodell eines Landes als „Bilderbuchlösung“. (PF mit AFP/dpa)

Rubriklistenbild: © Bihlmayerfotografie/Political-Moments/Imago, Bildmontage: IPPEN.MEDIA

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