Verbände empört und besorgt
Ampel kürzt Ausgaben für Bahn und Radverkehr: „Es klingt wie ein schlechter Scherz“
Um beim Bundeshaushalt zu sparen, will die Ampel-Regierung auch Investitionen in den Güterverkehr eindampfen. Umweltverbände sind empört.
Berlin – Noch immer steht die Ampel-Koalition wegen ihrer Kürzungspläne im Haushalt 2024 gewaltig unter Druck. Da wären auf der einen Seite die Bauernproteste, die nun schon seit fast einer Woche für Chaos sorgen. Aber auch bei der Bahn gibt es Ärger – und nicht mehr nur, weil die Gewerkschaft GDL in einen mehrtägigen Streik getreten ist. Denn auch beim Schienenverkehr will die Regierung kürzen, um insgesamt 300 Millionen Euro.
EVG warnt: Tausende Arbeitsplätze durch Kürzungen gefährdet
Das stößt bei Verkehrsverbänden und Umweltorganisationen auf massig Kritik. „Wir appellieren dringend an die Haushaltspolitiker, diese Pläne noch einmal zu überdenken. Anderenfalls steht der Schienengüterverkehr in Deutschland am Abgrund und Tausende Arbeitsplätze sind gefährdet“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft EVG, Martin Burkert, am Donnerstag (11. Januar).
„Dass die Kürzungen im Verkehrshaushalt nahezu vollständig bei der Schiene abgeladen werden sollen, ist empörend und eine ziemlich miese Neujahrsbotschaft. Den Löwenanteil soll ausgerechnet der Schienengüterverkehr schultern. Genau der ist aber unverzichtbar für die Verkehrswende und eine realistische Chance, die Klimaziele zu erreichen“, heißt es weiter.
Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, sagte ebenfalls am Donnerstag, die Bundesregierung gefährde damit ihr selbstgestecktes Ziel, den Marktanteil der Schiene zu steigern. Greenpeace-Mobilitätsexpertin Marissa Reiserer sagte: „Die Kürzungspläne des Finanzministeriums klingen wie ein verkehrspolitischer Retroschocker aus den 60er Jahren: Verbesserungen für klimafreundlichen Radverkehr werden gestrichen, die dringend nötige Finanzierung der Bahn wackelt, aber Milliarden für den Bau immer weiterer Autobahnen sollen nicht angetastet werden. Das ist Verkehrspolitik von vorgestern.“
Der Bundestag muss noch über den Haushalt 2024 abstimmen. Die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses ist in der kommenden Woche geplant.
Kürzungen beim Radverkehr: „Klingt wie ein schlechter Scherz“
Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen, sprach von einem „gezielten Budget-Kahlschlag“ beim Schienengüterverkehr. Die Regierung wolle Güter von der Schiene zurück auf die Straße bringen. Bei den Trassen- und Anlagenpreisen, der Innovationsförderung und einer direkten Güterverkehrsinfrastrukturfinanzierung sollten fast 300 Millionen Euro beziehungsweise 54 Prozent gestrichen werden. „Wenn es dabei bleibt, steigen die CO₂-Emissionen an, während die güterverkehrspolitische Glaubwürdigkeit der Ampel unter den Nullpunkt sinkt.“
Auch gekürzt soll den Plänen der Regierung zufolge beim Radverkehr – was für noch mehr Ärger sorgt. Unter anderem soll ein Förderprogramm für Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen wegfallen, wie aus einer Vorlage des Finanzministeriums hervorgeht.
Der Bundesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, Frank Masurat, sagte: „Es klingt wie ein schlechter Scherz: Statt beim klimabelastenden Autoverkehr oder Regionalflughäfen zu sparen, will die Bundesregierung 2024 ausgerechnet beim Radverkehr den Rotstift ansetzen. 1,5 Millionen dringend benötigte Fahrradabstellplätze an Bahnhöfen werden weiterhin schmerzlich fehlen, wenn die Ampel, wie anscheinend vorgesehen, das Programm Fahrradparken an Bahnhöfen streicht.“ Mit Kürzungen von 44,6 Millionen Euro beim Sonderprogramm Stadt und Land werde die Bundesregierung den ohnehin quälend langsamen Ausbau der Radwege in den Kommunen zusätzlich behindern.
„Das wird den Frust und die Gefahren für Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland weiter verschärfen und ist ein zusätzlicher Rückschlag für den klimafreundlichen Verkehr der Zukunft“, kritisierte Masurat. „Wir brauchen die jährliche Fahrrad-Milliarde, die auch die Verkehrsministerkonferenz als notwendig definiert hat.“
Mit Material von dpa
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