Entlastungen für Landwirte
Bauernproteste: Ampel hält an Agrardiesel-Entscheidung fest – War alles umsonst?
Die Ampel-Koalition will weiter an der Streichung der Dieselsubventionen für die Landwirtschaft festhalten. Haben die Proteste der Bauern also nichts bewirkt?
Berlin – In den vergangenen Monaten haben unzählige Traktoren deutsche Straßen blockiert, in teilweise aggressiven Protesten wurde unter anderem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bedrängt. Der Grund: Das vom Bundestag beschlossene Ende der Agrardiesel-Subventionen trieb die Bauern auf die Straße. Ihre Kritik: Mangelnde Wertschätzung, überbordende Bürokratie, Überregulierung – und natürlich die finanzielle Belastung durch den Wegfall der Subventionen. Doch nach einigen schnellen Zugeständnissen will die Ampel-Koalition weiter an der Streichung der Dieselsubventionen für die Landwirtschaft festhalten. Haben die Proteste also nichts gebracht?
Ampel-Koalition kündigt Entlastungen für Landwirte an
Das lässt sich so nicht sagen – es werden nun zahlreiche weitere Entlastungen für die Landwirte geplant. Die Union aus CDU und CSU drohte mit einer Blockade des Wachstumschancengesetzes, wenn die Regierung den Bauern nicht entgegenkäme. Nun kündigte die Ampel in einer schriftlichen Protokollerklärung, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, die „zügige Umsetzung“ neuer Entlastungen für Landwirtinnen und Landwirte an.
Dazu zählen die Aussetzung der obligatorischen Flächenstilllegung für 2024, „zahlreiche Entlastungen“ im Steuerrecht, Bürokratieabbau für Agrarbetriebe sowie die Prüfung von Steuererleichterungen für alternative Kraftstoffe, sobald die EU-rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Landwirte: Lindner stellt Steuerentlastungen in Aussicht, Özdemir Bürokratieabbau
So stellte unter anderem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Landwirten eine kleinere Steuerentlastung in Aussicht. Der FDP-Chef kündigte am Mittwoch an, er wolle die im Jahr 2022 ausgelaufene Tarifglättung für landwirtschaftliche Betriebe wieder einführen. „Tarifglättung bedeutet, dass nicht ein Wirtschaftsjahr steuerlich herangezogen wird, sondern mehrere Jahre“, sagte Lindner in Berlin. Wenn in einem Jahr hohe Gewinne erzielt werden und in einem anderen nicht, verringert sich dadurch die Steuerlast. Lindner hatte an anderer Stelle gesagt, auf Sicht von drei Jahren schätze sein Ministerium die volkswirtschaftliche Wirkung der Tarifglättung auf 150 Millionen Euro Entlastung.
Und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will die überbordende Bürokratie, unter der die Landwirte leiden, abbauen. „Es soll da schnell vorangehen“, sagte Özdemir. „Manches ist schon auf dem Weg.“ Es gehe unter anderem darum, mehrfache Dokumentationspflichten abzuschaffen oder sich widersprechende Regelungen durch Vorgaben von EU und Bund. Die Bundesländer haben insgesamt 194 Vorschläge auf den Tisch gelegt, die der Bund jetzt prüfe und zu denen er eine Prioritätenliste aufstelle. Zudem werde erwartet, dass bei neuen Gesetzen keine neuen „Bürokratiemonster“ entstehen.
Bauernproteste: Auch EU bewegt sich – und kippt Umweltvorgaben
Auch auf EU-Ebene tut sich was – denn nicht nur in Deutschland sind die Landwirte sauer – auch in anderen europäischen Ländern wie Belgien oder Polen gab es teilweise heftige Proteste. Die EU-Kommission hat deshalb im Februar als Entlastung für europäische Bauern nicht nur den Vorschlag für ein Pestizidgesetz zurückgenommen, sondern zum Entsetzen der Umweltverbände auch eine Umweltauflage gelockert.
Rückwirkend zum 1. Januar wird die Vorgabe ausgesetzt, vier Prozent des Ackerlandes brachliegen zu lassen oder unproduktiv zu nutzen. Zudem wurde vor kurzem beschlossen, wieder Zölle auf Agrarprodukte aus der Ukraine zu erheben. Die Liste der Zugeständnisse von Seiten EU und Ampel ist also lang. Allerdings sind die von der Ampel-Regierung in Aussicht gestellten Entlastungen noch teilweise sehr schwammig formuliert.
Bauernpräsident sieht weiter „erheblichen Nachbesserungsbedarf“
Auch deshalb sind nicht alle sind mit den angekündigten Entlastungen für die Landwirte zufrieden: Die CSU-geführte Landesregierung von Bayern stimmte aus diesem Grund am Freitag gegen das Gesetz. Staatsminister Florian Herrmann (CSU) bezeichnete die Protokollerklärung im Bundesrat als „seltsamen Deal“ und „Mogelpackung“. Die Erklärung sei „eine Unverschämtheit“, sagte Herrmann. „Die Landwirtschaft muss sich bei dieser Bundesregierung verraten und verkauft führen.“
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, bewertete zuvor den Einstieg in die Gespräche mit der Bundesregierung über Entlastungsmaßnahmen für die Landwirtschaft zwar positiv. „Allerdings besteht noch erheblicher Nachbesserungsbedarf bei den einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen, um zu substanziellen und effektiven Entlastungen zu kommen, mit denen die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit unserer Betriebe sichergestellt werden kann.“
Dabei gehe es um steuerliche Entlastungen, Entbürokratisierung und den Abbau von Wettbewerbsnachteilen. „Wir dürfen das Thema Agrardiesel nicht aus den Augen verlieren“, so Rukwied weiter. Vor allem sei es wichtig, dass Ankündigungen und Prüfaufträge umgesetzt und ernsthaft angegangen werden. Der Bauernverband fordert weiterhin, die Streichung von Agrardiesel-Subventionen rückgängig zu machen.
Mit Material von Reuters, dpa und AFP
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