Eine Gruppe betroffen
Baerbock äußert Plan für das Ende der CO₂-Steuer – und fordert, Milliardäre „stärker in Verantwortung“ zu ziehen
Eine Zunahme von Elektroautos auf den Straßen führt zu geringeren Einnahmen aus der CO₂-Steuer. Die Grünen haben bereits Pläne für diesen Fall. Reiche könnten zur Kasse gebeten werden.
München – Es sind nurmehr Tage bis zur Bundestagswahl 2025. Die Spannung steigt, die Parteien versuchen ihre letzten Botschaften an die Wähler zu senden. Im WahlFORUM des Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA sprachen zuletzt der ehemalige Finanzminister Christian Lindner (FDP) und die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
„Gut, dass wir diese Steuern in Zukunft nicht bezahlen“ – Annalena Baerbock rechnet mit Reichensteuer
Auf eine spezielle Frage zum CO₂-Zuschlag ließ Baerbock durchblicken, Milliardäre stärker besteuern zu wollen. Durch IPPEN.MEDIA-Chefredakteur Markus Knall fragte einer der Leser: „Wenn jeder ein Elektroauto fährt, dann werden die Einnahmen der Mineralölsteuer und der CO₂-Zuschlag dadurch wegfallen. Mit welcher Steuer wird das ausgeglichen?“
Daraufhin sagte Baerbock: „Hier sieht man, dass das Leben komplex ist. Wenn man die Preise für alle herunterbringen will, dann ist es aus meiner Sicht gut, dass wir diese Steuern in Zukunft nicht mehr bezahlen.“ Die Grünen hätten bereits deutlich gemacht, dass sie die Lebenshaltungskosten entlasten wollen. „Deswegen wollen wir da keine neuen Steuern einführen“ – sondern die Milliardäre „stärker in die Verantwortung“ nehmen.
Auch sie würden von einem starken Staat profitieren, von einer starken Infrastruktur. Baerbock wies auf die Wichtigkeit dessen hin, die Infrastruktur, darunter Schulen und Krankenhäuser, finanzieren zu können.
CO₂-Steuer steigt weiter – Gleichzeitig fordert die Regierung mehr E-Autos auf den Straßen
Beim CO₂-Zuschlag, auch CO₂-Bepreisung oder CO₂-Steuer genannt, handelt es sich um einen von der Bundesregierung geschaffenen Anreiz zum Umstieg auf klimafreundlichere Technologien. Das große Ziel dahinter: Bis 2045 will Deutschland klimaneutral werden. Um das zu erreichen, ist eine großflächige Senkung des CO₂-Ausstoßes notwendig. Die gesetzliche Grundlage dafür bildet das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), das die Bepreisung der CO₂-Emissionen aus fossilen Brennstoffen festlegt. Unternehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, müssen einen CO₂-Preis bezahlen.
Für Bürger schlägt sich diese Entwicklung vor allem an der Tankstelle nieder. Erst zum 1. Januar 2025 ist der CO₂-Preis von 45 Euro pro ausgestoßener Tonne auf 55 Euro gestiegen. Bekannt sind diese Erhöhungen bereits seit 2020. Ab 2027 startet dann ein neues, marktbasiertes EU-Emissionshandelssystem für Verkehr und Wärme.
Die Bundesregierung selbst gab dazu an, dass die Preise für Benzin im Schnitt um drei Cent und für Diesel um 3,1 Cent pro Liter steigen können. Allerdings hängt die genau Erhöhung am Ende auch von Faktoren wie dem Ölpreis ab. Täglich schwanken die Preise an Tankstellen um bis zu acht Cent (Benzin) beziehungsweise neun Cent (Diesel). 15.000 Kilometer Fahrleistung können durch den erhöhten CO₂-Preis pro Jahr also ein Plus von 50 Euro bedeuten. Weil die Bundesregierung gleichzeitig anstrebt, innerhalb der nächsten Jahre Hunderttausende von Elektroautos auf die Straßen zu bringen (und gleichzeitig die Verbrenner von den Straßen zu verbannen) ist die Frage nach massiv fehlenden Summen aus der CO₂-Bepreisung mehr als berechtigt.
Reichensteuer als Ausgleich für CO₂-Steuer – Milliardäre stellen Forderung
Bei den Grünen ist die Besteuerung für Superreiche schon seit Monaten Wahlkampfthema. Das Thema polarisiert – innerhalb der Wirtschaft kommt dabei häufig die Kritik auf, dass eine spezielle Reichenbesteuerung die Abwanderung aus Deutschland beschleunigen könnte. „Eine Vermögenssteuer für Reiche kann den Standort Deutschland für Familienunternehmer gänzlich unattraktiv machen“, hatte zum Beispiel Frank Becker, geschäftsführender Gesellschafter des Schuh- und Autopflegeproduktherstellers Salzenbrodt gegenüber dem Handelsblatt gesagt.
Dagegen gibt es längst viele Millionäre, die sich selbst für eine höhere Besteuerung eingesetzt haben. Erst beim Weltwirtschaftsforum in Davos hatten 370 Millionäre und Milliardäre einen entsprechenden offenen Brief verfasst. Extremer Reichtum könne politischen Einfluss kaufen und sei eine „Bedrohung für die Demokratie“. Die bisherige Politik habe zur „schlimmsten Ungleichheit seit hundert Jahren“ geführt.
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