Lindner und Scholz
Heimliche Handschlag-Absprache beim Rentenpaket II – „Da kommt Lindner nicht mehr raus“
Das Rentenpaket lässt weiter auf sich warten. Große Änderungen stehen allerdings nicht aus. Darauf hatte sich die Regierung bereits im Hintergrund geeinigt.
Berlin – Seit fast zwei Wochen ringt die Ampel-Koalition um die finale Abstimmung über das Rentenpaket II. Am achten Mai hätte sie stattfinden sollen, einen Tag vorher aber hatte die FDP diesen Plänen den Riegel vorgeschoben. Ein FDP-Staatssekretär habe das Rentenpaket bei einem entsprechenden Treffen am 7. Mai einfach von der Tagesordnung gestrichen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) soll dabei eine entscheidende Rolle gespielt haben. Der hatte sich dann zu einem Krisengipfel mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) getroffen – und das Treffen hatte es in sich.
Rentenpaket kommt im Mai – und zwar unverändert
Nach aktuellem Stand sieht es so aus, als würde das Rentenpaket II keine Veränderungen mehr durchmachen. Am Montagabend hatten sich die Staatssekretäre der Ampel mit dem Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) getroffen, um die Tagesordnung für die entsprechende Kabinettssitzung vorzubereiten. Wie die Bild unter Berufung auf Insider berichtete, kam das Rentenpaket dabei nicht noch einmal zur Sprache.
Blockiert Finanzminister Lindner das Paket weiter? Kurz vorher hatte Lindner in Brüssel einen Beschluss des Rentenpakets in der laufenden Woche verneint. Allerdings soll es nur noch eine Frage der Zeit sein. Schon bei ihrem Krisengipfel Anfang Mai hätten Scholz und Lindner vereinbart, dass das Rentenpaket im Mai unverändert durch das Kabinett geht.
Unverändert, das heißt: Das Rentenpaket II soll ein zentrales Versprechen der SPD umsetzen, nach dem Rentenniveau auf 48 Prozent im Vergleich zum Durchschnittseinkommen gesichert werden soll – und das bis 2039. Gleichzeitig hatte auch die FDP eine Kernforderung durchgesetzt, und zwar die Einführung einer kapitalgedeckten Altersvorsorge, auch genannt Aktienrente. Konkret heißt das, dass der Staat jährlich Aktien im Wert von Milliarden Euro erwirbt. Aus den Gewinnen will die Regierung dann die Beitragssteigerungen bei der Rente abfedern.
Und zuletzt sollen die Beiträge von aktuell 18,6 Prozent bis 2035 auf 22,3 Prozent steigen.
FDP im Sparmodus – Angriff auf die „Rente mit 63“
Der Grund für diese Blockadehaltung der FDP: Das Rentenpaket ist Christian Lindner zu teuer. Zu viele Ministerien liegen mit ihren Vorstellungen vom Haushalt weit über dem von Lindner veranschlagten Niveau, aufgrund seiner rigorosen Haltung zur Schuldenbremse ist er auf Sparkurs. Erst im April hatte die FDP auf ihrem Parteitag einen Maßnahmenkatalog für die „Wirtschaftswende“ beschlossen, der unter anderem vorsah, dass der Staat drei Jahre lang keine neuen Sozialleistungen einführen sollte. Außerdem knüpfte die Partei ihre Zustimmung zum Rentenpaket an die Bedingung, dass weitere Maßnahmen zur Konsolidierung der Rentenkasse beschlossen würden.
Außerdem rückte die FDP bereits der Rente mit 63 zu Leibe. „Wir müssen bei der Rente mit 63 die Realität zur Kenntnis nehmen“, kommentierte der rentenpolitische Sprecher der FDP, Pascal Kober. „Sie ist teuer und schadet dem Arbeitsmarkt.“ Der FDP zufolge müssen die „Rentenkosten runter“. Dies müsse sich auch in den parlamentarischen Beratungen zum Rentenpaket II widerspiegeln. Die Rente mit 63 setze „Fehlanreize, die wir uns nicht leisten können“, zitierte die Nachrichtenagentur AFP aus einem entsprechenden Beschlussentwurf der FDP.
Das hatte der FDP deutliche Kritik eingebracht. „Es ist unglaublich und unseriös, dass die FDP einmal mehr geplante sozialpolitische Vorhaben torpediert und für parteipolitische Macht- und Ränkespiele missbraucht“, kritisierte etwa die Vorstandsvorsitzende vom Sozialverband Deutschland, Michaela Engelmeier, gegenüber den Funke-Zeitungen. Die Stabilisierung des Rentenniveaus sei zu wichtig, um auf ihre Kosten „Machtspiele“ zu treiben. Stattdessen müsse die FDP das Wohl „aller Bürger“ im Blick haben.
Die „Rente mit 63“ sorgt immer wieder für Missverständnisse, da sie nur für eine begrenzte Zielgruppe galt und jüngere Generationen ohnehin nicht mehr auf sie zugreifen können.
Geheimer Scholz-Handschlag – Lindner deutet Einlenken an
Durch einen Insider will die Bild erfahren haben, dass Christian Lindner sich per Handschlag mit Olaf Scholz auf die aktuell bekannte Version des Rentenpakets II geeinigt habe. „Aus der Sache kommt Christian Lindner nicht mehr raus“, zitierte das Blatt einen Liberalen. Koalitionskreise hätten den Handschlag bestätigt, Sprecher der FDP hätten auf ein Statement verzichtet. Die Entscheidung zum Rentenpaket muss demnach entweder am 22. oder am 29. Mai fallen. Andernfalls wäre das „absolute Mindestmaß an notwendigem Vertrauen zerstört“.
Der Bundeskanzler schien bereits Anfang Mai zuversichtlich, dass Lindner dieses Versprechen einhalten würde. „Das Rentenpaket kommt, und es kommt im Mai“, hatte Scholz im Nachgang des Lindner-Eklats am 8. Mai erklärt. Und am Mittwoch (15. Mai) ließ Lindner gegenüber den Funke-Zeitungen eine Bemerkung fallen, die darauf hindeuten könnte, dass die Einigung mit Scholz tatsächlich stattgefunden hatte. „Das Kabinett kann das Rentenpaket II im Lauf des Mai beschließen“, sagte Lindner. Damit sei die Debatte „über die Zukunft der Rente“ allerdings nicht beendet. (Laernie mit Material von AFP)
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