Manipulierte Anzüge
Skispringen: Norweger haben betrogen - Desaster mit Ansage und massiven Folgen
Norwegen hat dem Skispringen einen massiven Schaden zugefügt. Die manipulierten Anzüge werden den Sport verändern und müssen Konsequenzen haben - ein Kommentar.
Trondheim - Der 8. März wird in die Geschichte des Skispringens eingehen. Statt einer sehenswerten Weltmeisterschaft ein würdiges Ende zu verleihen, stürzt der Gastgeber eine ganze Sportart ins Chaos. Wintersport-Redakteur Tobias Ruf ordnet ein und kommentiert.
Was mit losen Gerüchten über angebliche Manipulationsvideos begann, endete am Samstagabend mit der Bestätigung, dass Norwegen bei der WM im eigenen Land betrogen hat. Zwar wollte Skispringen-Chefcoach Magnus Brevig am Samstagabend nicht von Betrug reden und sprach nur von einem „Regelverstoß“. Schaut man sich das Vorgehen aber genauer an, ist nichts anderes passiert als vorsätzlicher Betrug - mit einer kriminellen Energie, die fassungslos macht.
Skispringen: Manipulation - Norweger nähen nachts die Anzüge um
Zum Verständnis: Die Anzüge werden deutlich vor dem Wettkampf kontrolliert. Sie enthalten an den wichtigsten Stellen Mikrochips. Ist die Kontrolle bestanden, darf man die Anzüge wieder mitnehmen und am folgenden Tag im Wettkampf einsetzen. Per Chip wird dann geprüft, ob es sich um die vorab kontrollierten Anzüge handelt. Im Ziel kommt es nur noch zu stichprobenartigen Nachkontrollen. Diese ergaben am Samstag, dass die Norweger ein nicht zulässiges steifes Band in den Anzug eingenäht hatten, um die Tragfähigkeit in der Luft zu verbessern. Um die Manipulation festzustellen, mussten die Anzüge aufgeschnitten werden!
Zum Vorgehen: In der Nacht von Freitag auf Samstag trifft sich ein kleines Team um Cheftrainer Brevig offensichtlich zum heimlichen Nähen in Trondheim. Durch einen Türschlitz wird gut sichtbar gefilmt, wie bereits gechippte Anzüge mit der Nähmaschine bearbeitet werden. Jenes Video wird anonym in Umlauf gebracht und sorgt für massive Unruhe. Noch während des Wettkampfs wollen Österreich, Slowenien und Polen ein Startverbot für Norwegen erzwingen. Das wird zunächst abgewiesen, anschließend aber alle Norweger disqualifiziert.
Skispringen: Skandal um Anzüge - Sportlicher Leiter mit wilden Aussagen im TV
Der sportliche Leiter Jan Erik Aalbu wird während der Liveübertragung in der ARD zu den Videos befragt. Er will weismachen, dass es sich bei den Anzügen um jene Anzüge handle, die man am 13. März beim Weltcup in Oslo springen wolle. Herr Aalbu sollte aber genau wissen, dass es die Chips erst vor Ort gibt. Und wer nichts Illegales tut, macht dies nicht mitten in der Nacht vor so einer wichtigen WM-Entscheidung - nach anstrengenden Tagen in Trondheim.
Die Aussagen des sportlichen Leiters werden noch am Abend vom Cheftrainer abgeräumt. „Wir haben einen Regelverstoß begangen“, sagte Brevig vor Journalisten. Am Sonntag gab Aalbu dann auf einer Pressekonferenz zu, dass betrogen wurde. „Wir haben betrogen und damit alle Skisprungfans enttäuscht, auch uns selbst. Ich möchte mich bei den anderen Teams, den Springern, den Sponsoren und den Fans entschuldigen. Wir werden der Sache auf den Grund gehen“, sagte er auf einer Pressekonferenz. Neben der Disqualifikation drohen den Norwegern weitere Konsequenzen. Wie diese aussehen, ist noch offen. Der Verlust aller weiteren WM-Medaillen ist aber sehr unwahrscheinlich.
Skandal mit Ansage - Ein klares Konzept mit massiven Sanktionen muss her
Was aber bereits feststeht, ist der massive Schaden, den der Gastgeber dem gesamten Skispringen zugefügt hat. Der Fan will sportlichen Wettkampf sehen - fair und ehrlich. Seit Jahren wird im Skispringen über die Anzüge diskutiert. Der normale Zuschauer und auch viele meiner Kollegen und ich haben längst den Überblick verloren. Und die Schnauze voll, dass der nach außen so sympathisch wirkende Sport im Inneren immer mehr verkommt.
Für die Protagonisten aus Norwegen muss der 8. März Konsequenzen auf internationaler Bühne haben. Ein einfaches ‚Entschuldigung und weiter so‘ könnte den angerichteten Schaden irreparabel machen. Zudem ist der Weltverband FIS gefordert. Die Thematik um die Anzüge muss gelöst werden. Ein klares Konzept mit massiven Sanktionen muss her - angelehnt an die strengen Anti-Doping-Regeln. Denn der Skandal von Trondheim hat den Charakter von systematischem Doping. (Quelle: chiemgau24.de, truf)