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Michael Rösch im Interview

Biathlon-WM: Unfassbare Lautstärke, schmutziger Schnee und deutsche Schwachstellen

Biathlon: Von Stille kann keine Rede sein - Eurosport-Experte und Co-Kommentator Michael Rösch rechnet mit überragender Stimmung bei der WM in Nove Mesto.
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Biathlon: Von Stille kann keine Rede sein - Eurosport-Experte und Co-Kommentator Michael Rösch rechnet mit überragender Stimmung bei der WM in Nove Mesto.

Michael Rösch begleitet die Biathlon-WM 2024 in Nove Mesto als Experte und Co-Kommentator für Eurosport. Im Vorfeld spricht er über die Besonderheiten des Austragungsorts, die Chancen der Deutschen und derzeitige Sorgenkinder.

Nove Mesto - Die Biathlon-WM 2024 beginnt am Mittwoch mit der Mixed-Staffel. Voller Vorfreude blickt Michael Rösch auf das Saisonhighlight voraus. Der ehemalige Weltklasseathlet und heutige Experte für Eurosport gibt tiefe Einblicke in das, worauf sich die Biathlon-Fans bis zum 18. Februar freuen dürfen.

Herr Rösch, bei der Biathlon-WM in Oberhof haben Sie für die spätere Weltmeisterin Denise Herrmann-Wick ihr berühmtes goldenes Sakko angezogen. Ist es schon in Ihrem Koffer für Nove Mesto?

Michael Rösch (40): Das goldene Sakko bleibt eine einmalige Angelegenheit. Das habe ich zu Ehren von Denise angezogen. Ich habe etwas anderes für Nove Mesto vorbereitet. Ob es zum Einsatz kommt, werden wir sehen.

Wem im deutschen Team könnte diese besondere Ehre zuteil kommen? Wo sehen Sie das größte Medaillenpotenzial?

Rösch: In den Staffeln hat die deutsche Mannschaft sehr gute Chancen und in der laufenden Saison schon starke Resultate eingefahren. Damit meine ich die geschlechtsspezifischen Staffeln. Mit Ausnahme der Single-Mixed in Antholz liefen die Mixed-Staffeln eher enttäuschend. In den individuellen Rennen haben wir eine breite Anzahl an Kandidaten. Wobei ich hier zwischen den Formaten unterscheiden will.

Was meinen Sie genau?

Rösch: Im Kampf gegen die Uhr tun sich die deutschen Athleten leichter, als es in den Massenstarts und Verfolgern der Fall ist. Man muss nur auf die Ergebnislisten schauen. Fast alle Podestplätze wurden im Sprint und im Einzel erzielt.

Biathlon-WM 2024: „Das liegt den aktuellen DSV-Athleten nicht“

Woran liegt das?

Rösch: Ich sehe zwei Komponenten. In erster Linie ist das abhängig vom einzelnen Athleten. Nicht jeder mag das Duell Mann gegen Mann oder Frau gegen Frau. Da ist es laut, hektisch, viel Trubel geschieht um einen herum. Das liegt den aktuellen DSV-Athleten nicht. Ich selbst habe auch mal einen Verfolger eröffnet. Das ist ein komplett anderes Gefühl. In Einzel und Sprint hingegen gestaltet sich die Ausgangslage ganz anders. Man läuft sein eigenes Rennen. Da passen die Abläufe und die Grundeinstellung. Den zweiten Grund sehe ich in der Ausbildung. Die norwegischen Männer beherrschen diese Duell-Situationen mit weitem Abstand. Sie kommen aufgrund der hohen Leistungsdichte schon in jungen Jahren in diese Situationen, entsprechend routiniert gehen sie damit um.

Kommen wir zu konkreten Namen – welche DSV-Herren kämpfen um Edelmetall?

Rösch: Bei den Herren sehe ich Philipp Nawrath, Johannes Kühn, Benedikt Doll und auch Philipp Horn im Sprint als Anwärter aufs Podest. Natürlich muss alles passen. Der Sprint ist in meinen Augen die eigentliche Königsdisziplin im Biathlon. Zweimal schießen und zehn Kilometer laufen – das beherrschen viele, entsprechend hoch ist die Leistungsdichte. Bei guten Sprintergebnissen ist dann auch die Ausgangslage im Verfolger gut. Hier würde mich eine deutsche Medaille bei den Herren aber überraschen - so auch im Massenstart. Im Einzel gehören die guten Schützen Roman Rees und Justus Strelow zum Favoritenkreis.

Doll hatte zuletzt aber schwache Rennen gezeigt – der Schießstand war das große Problem …

Rösch: Das hat für die WM nichts zu bedeuten. Benni ist ein so erfahrener Athlet, der mit solchen Situationen schon oft konfrontiert war. Er hat schon zwei Sprints in dieser Saison gewonnen, der hat den Biathlon nicht verlernt. Wenn er in der Pause zwischen Antholz und der WM gut abgeschaltet hat, rechne ich mit einem starken Benni Doll in Nove Mesto.

Wie schaut es bei den Damen aus?

Rösch: Eine gesunde Franziska Preuß kann in jedem Rennen aufs Podest laufen. Vanessa Voigt ist als sehr gute Schützin eine Kandidatin für eine Medaille im Einzel. Edeljoker ist Janina Hettich-Walz, die sich super entwickelt hat und für Überraschungen sorgen kann.

Zwei Drittel der Saison sind gelaufen. Wo steht Biathlon-Deutschland?

Rösch: In der erweiterten Weltspitze. Bis ganz nach oben fehlt es noch an Konstanz, insgesamt sehe ich aber eine positive Entwicklung. Vier Herren und drei Damen sind in den Top 15 des Gesamtweltcups und damit auch automatisch für den WM-Massenstart qualifiziert. Diese Bilanz kann sich sehen lassen. Nichtsdestotrotz fehlt auf Norwegen bei den Herren oder Frankreich bei den Damen doch noch ein gutes Stück.

Welche Rolle spielen dabei die Veränderungen im Trainerteam?

Rösch: Keine Kritik an den vorherigen Trainern, aber der neue Input und die internationale Komponente tun Biathlon-Deutschland gut. Der Sport hat sich unheimlich entwickelt in den letzten Jahren. Sverre und Uros, aber auch der ehemalige Langläufer Jens Filbrich, bringen neue Perspektiven ein. Es geht um so viele Details, da kann jeder neue Ansatz ein Gewinn sein. Man muss sich ja nur international umschauen. In Norwegen geht man schon lange den Weg mit Trainern aus anderen Nationen. Und deutsche Coaches sind im Biathlon ein echter Exportschlager.

Biathlon-WM 2024: Das ist für einen Athleten unbezahlbar

Kommen wir zurück zur WM. Was erwartet uns in Nove Mesto?

Rösch: Ich habe den Dezibel-Messer eingepackt (lacht). Die Lautstärke, die die Fans dort erzeugen, ist unglaublich. Es ist als Athlet unbezahlbar, dort seinen Sport ausüben zu dürfen. Ich freue mich tierisch auf diese WM.

Wie sieht es mit den äußeren Bedingungen aus?

Rösch: Die Strecke ist anspruchsvoll. Man hat viele lange Anstiege, das unterscheidet sich zu einigen Strecken im Weltcup. Wind ist in Nove Mesto oft auch ein Faktor, das macht es am Schießstand nicht leichter.

Der Schnee in Nove Mesto gilt als ‚speziell‘. Warum?

Rösch: Nove Mesto liegt auf gut 600 Metern Höhe. Je nach Wetterentwicklung, kann es dort relativ mild sein. Die Rennen finden später statt als im Weltcup, auch das verändert die Verhältnisse. Die Strecke besteht fast komplett aus Kunstschnee, man hat dort ein riesiges Schneedepot. In und um Nove Mesto wird noch viel mit Kohle geheizt, das macht den Schnee eher schmutzig. Nicht falsch verstehen – die Strecke wird in gutem Zustand sein. Die Bedingungen sind aber speziell. Entsprechend wichtig ist die Arbeit im Team der Skitechniker.

Es fahren einige Sorgenkinder zur WM. Die französischen Herren laufen ihrer Bestform meilenweit hinterher. Wie kann so etwas passieren?

Rösch: Rein analytisch ist das schnell erklärt. Quentin Fillon Maillet, Emilien Jacquelin und Fabien Claude haben am Schießstand deutlich nachgelassen. Läuferisch ist es nur leicht zurückgegangen. Kommen wir zur Ebene, die nicht analytisch ist. Die Dynamik innerhalb der Mannschaft befindet sich seit Saisonbeginn im Abwärtsstrudel. Man kommt dann an einen Punk, an dem man Dinge erzwingen will. Jacquelin ist das beste Beispiel. Der hat in der Lenzerheide ein Tempo vorgelegt, das er nicht halten konnte. Dann bricht er nach dem zweiten Schießen ein und die Frustration wird nur noch größer. Das Potenzial dieser Mannschaft ist weiter hoch, aber da hilft wohl nur ein kompletter Reset.

Marketa Davidova war jahrelang Teil der Weltspitze. Jetzt steht ihre Heim-WM an und sie steckt in der Formkrise.

Rösch: Auch bei ihr ist der Schießstand das Problem. Bei ihr sehe ich die Ausgangslage aber anders. In Teilzeiten hat sie auch in dieser Saison gezeigt, was in ihr steckt. Sie ist mit dem WM-Druck schon in die Saison gestartet. Jetzt ist die Erwartungshaltung geringer. Im Biathlon kann es innerhalb weniger Wochen schnell gehen – oft auch in Wettkampfpausen. Wenn sie die Leichtigkeit zurückfindet, ist sie bei der WM eine Kandidatin für eine Überraschung.

Werden wir wieder eine Dominanz von Johannes Thingnes Boe erleben, wie es in Oberhof der Fall war?

Rösch: Ich traue es ihm zu. Er kann gezielt auf einen Saisonhöhepunkt hinarbeiten. In Antholz hat er mir gut gefallen. Aber teamintern hat er starke Konkurrenz. Einzig Sturla Holm Laegreid schwächelt gerade ein wenig, alle anderen haben klares Siegpotenzial. Bei den Damen ist der Favoritenkreis riesig. Da gibt es um die 15 Athletinnen, die gewinnen können. Es wird eine spannende WM, auch Überraschungen sind bei Großereignissen natürlich immer möglich.

Quelle: chiemgau24.de

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