DSV-Athletin im Interview
Biathlon: „Dann ist man machtlos“ - Voigt über schwere Zeiten und Widerstandskraft
Vanessa Voigt startete furios in die vergangene Biathlon-Saison. Es folgte ein abruptes Ende. Im Interview mit chiemgau24.de spricht sie über schwere Tage, Machtlosigkeit und Widerstandsfähigkeit im Leistungssport.
Großer Arber - Dass Biathlon eine Achterbahn der Gefühle sein kann, zeigt das Beispiel von Vanessa Voigt. Der Saisonstart im vergangenen Winter war höchst erfolgreich. Die Thüringerin lief in zwei Einzelrennen aufs Podest, in Hochfilzen gewann sie mit der deutschen Staffel. Im Gesamtweltcup lag sie zwischenzeitlich auf dem dritten Rang.
Zum Jahreswechsel änderte sich alles. Voigt wurde bei ihrem Heimweltcup in Oberhof nur 68. im Sprint, den Einzel in Ruhpolding beendete sie auf dem 70. Platz. Kurz darauf verkündete sie das vorzeitige Saisonende - es war nicht ihr erster Rückschlag. Im Interview mit chiemgau24.de spricht die 28-Jährige über einen turbulenten Winter, graue Tage und Nehmerqualitäten.
Biathlon: Vanessa Voigt im Interview - „Vor Weihnachten gemerkt, dass etwas nicht stimmt“
Frau Voigt, eine schwere Zeit liegt hinter Ihnen. Wie geht es Ihnen heute?
Vanessa Voigt: Danke, es geht mir gut. Die Vorbereitung lief nach meinen Vorstellungen und ich fühle mich sehr gut. Im Schießen bin ich schon voll im Plan, läuferisch will ich bis zum Winter noch zulegen.
Sie mussten die vergangene Saison bereits im Januar beenden. Was waren die Gründe?
Voigt: Ich habe bereits beim letzten Weltcup vor Weihnachten gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Das wurde dann immer schlimmer und hat dazu geführt, dass ich einen Schlussstrich ziehen musste. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass ich eine Lungenentzündung hatte.
Wie schwer ist dieser Schritt gefallen?
Voigt: Das war natürlich keine leichte Entscheidung, ich konnte mich mit ihr aber recht schnell arrangieren. Klar lag ich im Gesamtweltcup auf Kurs und die WM stand auch vor der Tür. Aber mein Körper hat nicht mitgespielt und ich wollte die Olympiasaison nicht riskieren. Daher war das vorzeitige Saisonende folgerichtig.
Sie hatten im vergangenen Sommer von mentalen Problemen gesprochen. Wie sehr hat sich die Situation rund um ihr Saisonende auf den Kopf ausgewirkt?
Voigt: Das war keine einfache Situation. Wenn der Kopf will, der Körper aber nicht kann, ist man in gewisser Weise machtlos. Man merkt, wie sehr man auf Ärzte angewiesen ist. Hinzu kommt, dass Geduld nicht zu meinen größten Stärken gehört.
Biathlon: Voigt zeigt Nehmerqualitäten - „Habe gelernt, mit Rückschlägen umzugehen“
Wie sind Sie aus dieser schwierigen Phase gekommen?
Voigt: Mein Umfeld hat mir enorm viel Halt gegeben. Zudem arbeite ich seit der WM 2023 in Oberhof mit jemanden im mentalen Bereich zusammen, das war in dieser Phase sehr wichtig für mich. Und letztlich konnte ich die Situation mit gewissem Abstand gut einschätzen und den Fokus immer wieder auf die Olympiasaison richten.
Sie mussten mehrere schwere Zeiten in ihrer Karriere durchleben. Zählen Nehmerqualitäten zu ihren größten Stärken?
Voigt: Ich habe durchaus gelernt, mit Rückschlägen umgehen zu können. Allerdings kann man die Situationen nicht miteinander vergleichen, jeder Rückschlag ist anders. Grundsätzlich habe ich gemeinsam mit meinem Umfeld aber einen guten Weg gefunden, um mit schwierigen Phasen entsprechend umgehen zu können.
In einem Video mit ihrem Sponsor Viessmann haben Sie gar von einem möglichen Karriereende gesprochen. Wie konkret waren diese Gedanken?
Voigt: In den ersten Wochen war alles grau, da gingen mir viele Gedanken durch den Kopf. Man entdeckt dann auch das Leben abseits des Sports und merkt, dass es auch schön ist, sich nicht jeden Tag messen zu müssen und immer zu funktionieren. Letztlich waren diese Gedanken aber Teil des Erholungsprozesses. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich mehr Positives als Negatives aus dieser Zeit mitgenommen habe.
Wann haben Sie mit der Vorbereitung auf die neue Saison begonnen?
Voigt: Ich habe im März mit einem reduzierten Programm angefangen. Im April habe ich das Pensum dann gesteigert und bin im Mai dann mit dem Team in die reguläre Vorbereitung gestartet. Dabei habe ich den Fokus zunächst daraufgelegt, gesundheitlich stabil zu bleiben und die Trainingsbelastung anzunehmen. Das ist mir auch dank der Unterstützung meiner Teamkolleginnen und des gesamten Trainer- und Betreuerteams gut gelungen.
Beim City-Biathlon in Dresden und bei den deutschen Meisterschaften waren Ihre schnellen Schießzeiten auffällig. Ist das ein zentraler Punkt, an dem Sie arbeiten?
Voigt: Ich befinde mich hier gerade in einer Probierphase. Ziel ist es, schneller den ersten Schuss zu setzen. Wie und ob ich das dann in den Winter mitnehmen, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. (Quelle: chiemgau24.de, truf)