Abfahrtssperren entlang Tauernautobahn wirkungslos
Dauerstau wegen Tunnelbaustelle – Gemeinden drohen mit Blockade
„Es ist nur noch ein Horror“, sagt Kuchls Bürgermeister Thomas Freylinger, seit dem Beginn der Winterferien wälzt sich täglich eine Urlauberlawine durch die kleinen Orte entlang der Tauernautobahn. Der Grund: Wegen der Sanierung von fünf Tunnels der A10 steht nur eine Fahrspur in Richtung Skigebiete zur Verfügung. Zu wenig für Zigtausende Urlauberfahrzeuge. Abfahrtssperren wie im Sommer wirken nicht, da die meisten Wintertouristen das Ziel „Salzburg“ haben und damit abfahren dürfen. Jetzt drohen die Gemeinden dem Verkehrslandesrat. Der scheint resigniert zu haben, „den massiven Verkehr können wir auf zwei einspurigen Straßen nicht lösen“.
Salzburg – Der Autobahnbetreiber Asfinag hatte es genauso vorhergesagt: Zu Weihnachten werde die Tauernautobahn – wie eigentlich jedes Jahr – überlastet sein, eine Fahrspur in nur einer offenen Tunnelröhre werde den Verkehr naturgemäß nicht schaffen. Schon am 23. Dezember brauchte man für die rund 20 Kilometer zwischen Hallein und dem Ende der Tunnelbaustelle beim Pass Lueg fast vier Stunden statt normalerweise 20 Minuten. Logisch, dass alle Navigationsgeräte die parallel verlaufende Bundesstraße anzeigten, die allerdings ab Hallein ebenso hoffnungslos verstopft war. Lkw-Fahrverbot und Abfahrtsperren halfen nichts, noch dazu ist bei „Ziel Salzburg“ das Abfahren von der Autobahn erlaubt, und die anvisierten Skipisten der Urlauber liegen nun mal im Land Salzburg. Die mit der Asfinag vereinbarten Abfahrtskontrollen brachten also de facto nichts, das Land hatte einen mehrere hunderttausende Euro teuren, privaten Sicherheitsdienst erst gar nicht bestellt.
Die Wut der Anliegergemeinden stieg mit jedem Tag, und die Reisekarawane scheint nicht abzureißen. Anders als im Sommer kommen im Winter auch zahlreiche Tagesskifahrer und Skibusse aus Bayern und Österreich dazu, die schon am frühen Morgen in die Skigebiete unterwegs sind und am Abend wieder nach Hause fahren.
„Wir müssen zuhause bleiben, Urlauber gehen vor“
In den „sozialen Medien“ wurde der Unmut von Tag zu Tag größer. „Gestern suchten sich die Urlauber auch den Weg über den Halleiner Friedhof und alle möglichen Seitenstraßen, die fahren Wege, wo man eigentlich am Weg in die Skigebiete nichts zu suchen hat“, so ein Betroffener, ein anderer schreibt: „Die Urlauber sollen auf der Autobahn bleiben, wir Bürger von Hallein und den anderen Gemeinden müssen das ausbaden. Wir sollen uns zu Hause einsperren, denn der Urlauber geht vor“. Auch deutsche Urlauber kommentierten fleißig mit und quittierten die Beschwerden der Einheimischen mit „Jammern auf höchstem Niveau, den Österreichern wäre es wohl am liebsten, wenn die Touris zu Hause bleiben und die Kohle einfach so überweisen“, Einheimische kontern mit: „Touristen haben auf den Hauptrouten zu bleiben und nicht die Dörfer zu verstopfen, sodass nicht einmal Einsatzfahrzeuge durchkommen“.
Bürgermeister drohen Verkehrslandesrat
Nach fünf Tagen Dauerstau reicht es nun auch den Bürgermeistern von Kuchl und Golling, nach der Stadt Hallein die am meisten betroffenen Gemeinden. Mit einem Beschwerdebrief haben sie sich an den zuständigen Verkehrslandesrat Stefan Schnöll gewandt, der die Verantwortung gerne auf den Autobahnbetreiber schieben möchte, „es ist eine Baustelle der Asfinag“. Tatsächlich musste das Land die Baustelle zur Sanierung der technisch in die Jahre gekommenen Tunnels genehmigen, dass eine Fahrspur in nur einer offenen Röhre und eine einspurige Bundesstraße den Urlauberverkehr nicht werden aufnehmen können war allen klar, dass viele plötzlich auf Bus oder Bahn umsteigen war wohl mehr Wunschdenken als Realität.
Verkehrsgipfel, mit welcher Lösung?
Die Bürgermeister fordern wieder einmal einen Verkehrsgipfel mit der Asfinag und der Polizei, eine Mautbefreiung vom Walserberg bis Eben im Pongau und „komplette Durchfahrtsperren“ durch die Gemeinden, wie sie zu Beginn der Herbstferien schon einmal getestet wurden, damals bei vergleichsweise sehr wenig Verkehr. Bei den Abfahrtssperren verlangen die Gemeinde, dass die Ausnahme nicht „Ziel Salzburg“ sondern eben „Ziel Golling“ oder „Ziel Kuchl“ heißen müsste. Schnölls Sprecher reagierte bereits ablehnend und meinte, Autofahrer mit einem Ziel im Land Salzburg nicht abfahren zu lassen sei rechtlich schlichtweg nicht möglich.
Das ficht die beiden Bürgermeister nicht an, sie sehen „das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben zum Erliegen gekommen“, auch die Einsatzorganisationen seien behindert, wobei ein realer Fall nicht bekannt ist. Sollte das Land die Verordnung nicht „radikal überarbeiten“ drohen die Gemeinden mit „eigenständigen Maßnahmen, um zumindest den Verkehrskollaps auf den Gemeindestraßen zu verhindern“. Soll heißen, die Gemeinden wollen dann alle Straßen abseits der Bundesstraße sperren, wer das überwachen soll, ist unklar.
hud