Promed warnt - WHO fordert Infos und Maßnahmen
Erinnerungen an Covid-19: Unbekannte Lungenerkrankung in China - Klinik mit Kindern überfüllt
Gesundheitsexperten der Welt blicken in dieser Tage gespannt und aufmerksam nach China. Eine Häufung nicht diagnostizierter Lungenentzündungen unter Kindern sorgt für Aufsehen, erste Krankenhäuser melden überfüllte Stationen. Die WHO reagiert nervös, ein Bericht von Promed erinnert an Covid-Pandemie.
China - Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat von China Informationen zum gehäuften Auftreten von Lungenentzündungen bei Kindern im Norden Chinas gefordert. China solle zusätzliche Informationen über die Erkrankungen und ihre Ausbreitung sowie Laborergebnisse zur Verfügung stellen, hieß es in einer Mitteilung der WHO in der Nacht auf Donnerstag.
WHO: „Maßnahmen zur Verringerung des Risikos“
Die WHO forderte zudem bereits, dass die chinesische Bevölkerung „Maßnahmen zur Verringerung des Risikos“ erreicht. Darunter nannte sie unter anderem Impfungen wahrzunehmen, Abstand von Kranken zu halten, bei Krankheitssymptomen zu Hause zu bleiben, Masken zu tragen und regelmäßig die Hände zu waschen.
„Wir haben auch um weitere Informationen über die jüngsten Trends bei der Verbreitung bekannter Krankheitserreger wie Influenza, Sars-CoV-2, RSV und Mycoplasma pneumoniae sowie über die aktuelle Belastung der Gesundheitssysteme gebeten“, teilte die WHO auf X, ehemals Twitter, mit.
WHO statement on reported clusters of respiratory illness in children in northern China
— World Health Organization (WHO) (@WHO) November 22, 2023
WHO has made an official request to #China for detailed information on an increase in respiratory illnesses and reported clusters of pneumonia in children.
At a press conference on 13… pic.twitter.com/Jq8TgZjWNX
Kliniken „mit kranken Kindern überfüllt“
Verschiedene Medien hatten über eine Häufung nicht diagnostizierter Lungenentzündungen unter Kindern in der Region berichtet. The Telegraph beruft sich zum Beispiel auf Berichte aus China, dass Kliniken „mit kranken Kindern überfüllt“ seien. Vor allem Krankenhäuser in der Hauptstadt Peking und Liaoning hätten mit einem enormen Zustrom von an Lungenentzündung erkrankten Kindern zu kämpfen.
In einem Pekinger Kinderkrankenhaus sahen Journalisten der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag ebenfalls etliche kranke Kinder. Eine Mutter, die nur ihren Vornamen Zhang nannte, brachte ihren neunjährigen Sohn in die Klinik, bei dem eine bakterielle Lungenentzündung diagnostiziert wurde. „In letzter Zeit haben sich wirklich viele Kinder damit angesteckt“, sagte sie. „Natürlich macht mir das Sorgen!“
Liegt es an der Jahreszeit?
Die achtjährige Tochter der 42-jährigen Li Meiling hat sich mit demselben Erreger angesteckt. Im Winter sei es nun einmal normal, „dass es mehr Fälle von Atemwegserkrankungen gibt“, sagte die Mutter. „Das liegt an der Jahreszeit.“ Chinas Hauptstadt Peking erlebt gerade einen starken Kälteeinbruch. Bis Freitag sind Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt vorhergesagt.
Bereits am 13. November hatten chinesische Behörden eine Pressekonferenz abgehalten, in der sie über eine Zunahme von Atemwegsinfekten in der Volksrepublik berichtet hatten. Es handelt sich demnach um Grippeviren und Erreger bakterieller Erkrankungen, die vor allem Kinder betreffen.
Laut WHO ist bisher noch unklar, ob diese mit dem allgemeinen Anstieg von Atemwegserkrankungen - etwa von Corona und Influenza - in China zusammenhängt.
Epidemie „nicht diagnostizierter Lungenentzündung“
Promed (weltweites Meldesystem für neu auftretende Krankheiten und Ausbrüche) spricht mittlerweile von einer Epidemie „nicht diagnostizierter Lungenentzündung“ bei Kindern. Dieser Bericht deutet auf einen weitverbreiteten Ausbruch einer undiagnostizierten Lungenentzündung hin. „Es ist überhaupt nicht klar, wann dieser Ausbruch begann, da es ungewöhnlich wäre, dass so viele Kinder so schnell betroffen wären“, heißt es in einem Bericht. In einer Anmerkung des Herausgebers heißt es: Vieles deute darauf hin, dass es „in den Schulen zu einer Exposition gekommen“ wäre.
Möglicherweise steht der Ausbruch jedoch in Verbindung mit Mycoplasma pneumoniae, auch als „Wanderpneumonie“ bekannt. Darauf verwies auch Chinas nationale Gesundheitsbehörde. „Es ist die erste Welle von Mycoplasma pneumoniae-Infektionen seit der Aufhebung der meisten Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 zu Beginn dieses Jahres“, sagte ein Direktor eines medizinischen Zentrums für Kinder bei Peking. Seit Anfang Oktober wirke die Welle besonders heftig.
Die genaue Ursache dieser rätselhaften Epidemie bleibt bisher unbekannt.
Erinnerungen an Covid-19-Pandemie
Die aktuelle Lage ruft zwangsläufig Erinnerungen an den Jahreswechsel 2019/2020 hervor, als Fälle einer rätselhaften Atemwegserkrankung aus China gemeldet wurden - auch damals gab Promed eine entsprechende Warnung heraus. Diese entwickelten sich später zu der weltweiten Covid-19-Pandemie. Damals wurde China kritisiert, dass es mit den ersten Covid-19-Fällen, die in der Stadt Wuhan auftraten, nicht ausreichend transparent umgegangen sei. Knapp vier Jahre später sieht sich die WHO erneut zur akuten Sorge veranlasst: Eine unbekannte Lungenerkrankung greift in China um sich und befällt vorrangig Kinder.
Die nationale Gesundheitskommission Chinas führt die Zunahme der Erkrankungen im Land auf die Verbreitung der Erreger nach Aufhebung der Corona-Maßnahmen zurück. Auch in anderen Ländern wie Deutschland hatte es danach besonders starke Wellen von Erkältungskrankheiten gegeben. China hatte während der Corona-Pandemie extrem strenge Restriktionen verhängt. Während der Rest der Welt längst versuchte, mit dem Virus zu leben, verfolgte China noch bis Anfang Dezember 2022 eine Null-Covid-Strategie mit Lockdowns, täglichen Massentests, strenger Kontrolle, Kontaktverfolgung und Zwangsquarantäne.
Weil sich das Virus dennoch immer schneller ausbreitete, die Wirtschaft stark in Mitleidenschaft gezogen wurde und es zu Protesten kam, hob Peking die Regeln schließlich abrupt auf. Seither gibt es wie in anderen Ländern auch deutliche Nachholeffekte, also heftige Infektionswellen - nicht nur bei Corona, sondern auch anderen Atemwegserkrankungen.
An vielen Schulen fiel der Unterricht aus, weil offenbar auch Lehrer von der Lungenentzündung betroffen sind. Generell seien aber vor allem Kinder betroffen. Weitreichende Informationen über Krankheitsbilder bei Erwachsenen liegen nicht vor.
mz

