Österreichische Volkspartei vs. Alpenverein
Keine neuen Gipfelkreuze mehr? Kontroverse um Kreuze auf den Tiroler Bergen
Nachdem in Italien schon seit einigen Tagen hitzig über Gipfelkreuze diskutiert wird, hat die Debatte nun auch Tirol erfasst. Der Präsident des Österreichischen Alpenvereins findet, dass keine neuen Kreuze aufgestellt werden sollen. Kritik an der Aussage kommt von der ÖVP.
Von Benedikt Mair
Innsbruck – Berggipfel seien neutrales Gebiet, auf denen sich Menschen aller Religionen wohl fühlen müssen. Und genau deshalb sollen dort auch keine neuen Kreuze aufgestellt werden. Mit dieser Aussage hat Marco Albino Ferrari, Redaktionsleiter des italienischen Alpenvereins CAI, in seinem Heimatland unlängst eine heftige Debatte ausgelöst. Inzwischen wird diese auch in Tirol geführt.
Der Präsident des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV), Andreas Ermacora, vertritt eine ähnliche Meinung wie sein Kollege in Italien. Das habe aber weniger religiöse Gründe. „Der Alpenverein hat ja schon vor 100 Jahren beschlossen, keine neuen Wege und Hütten mehr zu bauen“, sagt Ermacora gegenüber dem ORF Tirol. „Die Alpen sind erschlossen. In der Satzung wird die Erhaltung der Ursprünglichkeit und Schönheit der Bergwelt genannt. Deshalb hat der damalige Hauptausschuss schon in den 1980-er und 1990-er Jahren beschlossen, keine neuen Gipfelkreuze mehr aufzustellen. Es gibt genug. Die Gipfelkreuze sind ein Kulturgut. Jeder hat eine andere Beziehung dazu. Der religiöse Hintergrund steht bei uns aber an zweiter oder dritter Stelle.“ Zwei Anträge für das Aufstellen neuer Kreuze am Berg habe es in den vergangenen Jahren beim Alpenverein gegeben – beide seien abgelehnt worden.
Minister Totschnig: „Aus Landschaftsbild nicht wegzudenken“
Kritik am Präsidenten des ÖAV gibt es vom für die Regionen zuständigen Bundesminister Norbert Totschnig. Der ÖVP-Politiker vertritt die Meinung, dass Gipfelkreuze „Teil unserer christlichen Tradition und alpinen Kultur“ seien. „Wie die Kirche in jedem Dorf ihren fixen Platz hat, sind Gipfelkreuze aus unserem alpinen Landschaftsbild nicht mehr wegzudenken“, sagt Totschnig.
Klubobmann Wolf (ÖVP): „Teil der Tiroler Identität“
Der Klubobmann der ÖVP im Tiroler Landtag, Jakob Wolf, bezeichnet die Kreuze auf den Bergen als „Teil der Tiroler Identität“. Sie seien nicht nur markante Orientierungspunkte oder Symbole für die bewältigte Herausforderung bei der Besteigung des Gipfels, sondern würden auch Tradition und Glaube repräsentieren. „Ich bin deshalb klar gegen ein Verbot für das Aufstellen von neuen Gipfelkreuzen“, sagt Wolf. „Denn durch diese Symbolik wird unsere Identität und Verbundenheit mit den Bergen manifestiert. Ein derartiges Verbot würde für mich einem Bruch unserer alpinen Traditionen gleichkommen.“
„Angriff auf Tourismus und Kultur“
Kein Verständnis für Ermacoras Aussagen zeigt auch Tirols Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser. „Dies ist ein völlig unnötiger Angriff auf die Tiroler Kultur und zugleich auch tourismusschädigend“, befindet Walser. Die Gipfelkreuze seien für viele Gäste untrennbar mit Bergerlebnissen verbunden und gehörten damit zum Urlaub in Tirol. Ermacoras Argumente gingen „völlig ins Leere – weder das Argument der Erschließung, noch jenes der Sicherheit rechtfertigen diese Aussagen“, kritisiert Walser.
Seniorenbund: „Jahrhundertelange Tradition“
Auch der Tiroler Seniorenbund hat sich in einer Aussendung zur Debatte geäußert. „Unser Land ist christlich geprägt und das Aufstellen von Gipfelkreuzen hat eine jahrhundertelange Tradition“, sagt Obfrau Patrizia Zoller-Frischauf. Es solle auch weiterhin möglich sein, dass Vereine oder Privatpersonen ein neues Kreuz auf einem Berg errichten.
Dieser Text stammt von der Tiroler Tageszeitung.