„Skimpflation” in der Lebensmittelindustrie
Schlechtere Qualität - gleicher Preis: bei diesen Lebensmitteln solltet Ihr genau hinsehen
Die Preise für Lebensmittel steigen. Doch Unternehmen haben noch andere Möglichkeiten, ihre Gewinnmargen zu erhöhen. Eine nennt sich „Skimpflation“. Was sich dahinter verbirgt und welche Produkte zuletzt davon betroffen waren, erfahrt Ihr hier.
Wenn bei Lebensmitteln an guten Zutaten gespart wird und diese dann trotz schlechterer Inhaltsstoffe genauso viel kosten, nennt man das „Skimpflation“. Das englische Wort „to skimp“ heißt“ knausern“ oder „einsparen“. In der Praxis bedeutet das, dass beispielsweise Kartoffelpuffer mit weniger Kartoffeln, aber mehr Wasser hergestellt oder statt Sahne Kokosfett verwendet wird.
Finanzielle Effekte lassen sich zwar nicht konkret beziffern, doch Hersteller sichern sich durch solche Rezepturänderungen kräftige Einsparungen. Immerhin sparen sie an wertvollen (und meist teureren) Zutaten: So werden beispielsweise Rahm oder Rapsöl durch günstigere Alternativen, Füllstoffe oder Aromen ersetzt.
Davon ist dann nicht nur das Portemonnaie der Verbraucher betroffen, schlechtere Rezepturen können auch die Gesundheit betreffen, wenn Hersteller zum Beispiel statt Sonnenblumenöl Palmöl verwenden, das mehr gesättigte Fettsäuren und unerwünschte Fettschadstoffe enthält.
Die Hersteller sind dabei nicht um Ausreden verlegen und berufen sich auf „Neue Rezepturen“ oder es wird sogar eine „Verbesserte Rezeptur“ ausgelobt.
Bei diesen Produkten hat sich die Qualität verschlechtert
| Produkt | Alte Variante | Neue Variante | Bemerkungen |
| Rügenwalder Mühle/ Veg. Würste | 9 % Eiklar getrocknet | 8 % Eiklar getrocknet | kein Johannisbrotkernmehl mehr |
| Granini versch. Säfte, z.B. Mango | Fruchtgehalt: 30 % | Fruchtgehalt: 24 % | darf nicht mehr Nektar heißen |
| Ja! Kartoffelpuffer | mit 91 % Kartoffeln | mit 79 % Kartoffeln | höherer Wasseranteil |
| Erasco Kartoffelcremesuppe | mit 26 % Kartoffeln | mit 12 % Kartoffeln | 13 % rehydrierte Kartoffeln |
Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg (aktualisiert am 20.11.2023)
Auch Arla hat bei seinem Mischstreichfett Kærgården den Anteil an Butter und Rapsöl reduziert und stattdessen noch mehr Wasser hinzugefügt. Aldi Nord reduziert bei seiner gefüllten Schokolade Amandes von Moser Roth das Marzipan; von 45 auf 38 Prozent schrumpft der Anteil.
Andere Hersteller – wie beispielsweise Nestlé bei seinen Cini Minis – benutzen immer noch Palmöl statt Sonnenblumenöl, obwohl letzteres wieder in ausreichenden Mengen zu Preisen wie vor dem Krieg in der Ukraine am Weltmarkt erhältlich ist.
Wie erkenne ich Skimpflation?
Das ist schwierig. Verbraucher müssten alte und neue Zutatenlisten miteinander vergleichen, doch kaum jemand kennt die Rezepturen. Es hilft nur, sich gut zu informieren und genau auf die Inhaltsstoffe zu achten, insbesondere dann, wenn das Produkt mit „Neuen Rezepturen“ beworben wird.
Tipp
Insbesondere bei Hinweisen wie „Neue Rezeptur“ oder gar „Verbesserte Rezeptur“ empfiehlt sich ein prüfender Blick auf die Zutatenliste. Bei diesen Lebensmitteln könnte sich die bisherige Produktqualität verschlechtert haben oder der Gehalt an wertgebenden Inhaltsstoffen verringert worden sein. Auch Mogelpackungen tragen hin und wieder solche Label.
Das Phänomen ist nicht gänzlich neu
Bereits 2018 hat die Verbraucherzentrale Hamburg bei einem Vergleich bekannter Fertiglebensmittel geringfügige bis gravierende Verschlechterungen der Rezeptur festgestellt und sie in einer Übersicht zusammengefasst.
Anlass für den damaligen Produktcheck war die neue Rezeptur für den Schokoaufstrich Nutella, für den Hersteller Ferrero seit 2018 weniger Kakao und dafür mehr Magermilchpulver verwendet. Ein beauftragtes Labor ermittelte in der alten Variante der Schokocreme einen Kakaoanteil von etwa 8,4 Prozent und im neuen Nutella nur noch rund 7,4 Prozent.
Kaum Handhabe - Hersteller berufen sich auf „Wünsche“ der Kundschaft
Lebensmittelkontrolleure haben bezüglich Skimpflation nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten und können nur aktiv eingreifen, wenn Verstöße durch Irreführung und Täuschung offensichtlich werden.
Erhält die Lebensmittelüberwachung Kenntnis über sinkende Qualität der Produkte, wird diesen Beschwerden nachgegangen. Bei Untersuchungen im Labor geht es um eine korrekte Kennzeichnung der Inhaltsstoffe sowie um einen Abgleich der Mengenangaben auf der Packung mit dem tatsächlichen Inhalt.
Durch Skimpflation wollen Lebensmittelkonzerne meistens Rohstoffkosten sparen. Dabei sind die Produzenten oft um keine Ausrede verlegen, wenn sie Stellung zu einer Rezepturänderung nehmen sollen. Wie ein roter Faden zieht sich laut der Verbraucherschützer die Begründung durch die Firmen-Statements, dass sie mit den Änderungen die Wünsche der Kunden berücksichtigen würden.
Besonders lukrativ: „Skimpflation“ in Verbindung mit „Shrinkflation“
Nicht selten geht „Skimpflation“ mit „Shrinkflation“ - also reduzierte Packungsmenge bei gleichbleibendem Preis - einher. Die Kombination aus beiden „Mogelpackungen” ist für die Hersteller besonders lukrativ, denn so verbessern sie Ihre Gewinnmargen gleich doppelt: Sie sparen bei den Zutaten und verlangen obendrein mehr Geld pro 100 Gramm.
as/VerbraucherService Bayern/Verbraucherzentrale