Meinung
Baller-Spaß oder Spaß-Bremse: Zeit, zum Feuerwerk Stellung zu beziehen
Kaum ist das Fest der Liebe vorbei, wartet schon der nächste Knaller auf uns: Silvester. Und damit spaltet sich die Menschheit in genau zwei Lager, nämlich Befürworter und Gegner von Feuerwerk. Grautöne gibt es hier nicht. Es scheint, man müsse sich ganz klar positionieren. Und egal, für welche Seite man sich entscheidet, es bläst einem der eiskalte Wind der Gegenseite entgegen. Ein Kommentar.
Da haben wir zum einen die Fans, die ab dem 28. Dezember die Geschäfte stürmen und mit einem kindlich strahlenden Lächeln kistenweise Knaller, Batterien, Raketen und Böller in ihre Kofferräume laden. Das ganze Jahr über wurde auf diesen einen Tag gewartet, an dem man endlich mal so richtig rumballern darf. Vorausgesetzt, man ist volljährig. Aber auch die Kleinen blicken mit großen Augen und voller Neid auf ihre Mamas und Papas, wenn diese ihre Feuerzeuge an Zündschnüre halten, während sie selbst mit frustrierend mickrigen Knallerbsen die ersten Versuche machen.
Diese Tradition darf man nicht auch noch verbieten
Nach den entbehrungsreichen Corona-Verbots-Jahren will sich auch keiner mehr einschränken und man denkt sich angesichts der aktuellen Krisen: Jetzt erst recht! Im Moment des Knalls scheint die ganze böse Welt vergessen zu sein. Bäm! Und was gibt es Schöneres, als beim geselligen Beisammensein mit guten Freunden das Neue Jahr mit einem bunten Kunstwerks-Bumm begrüßen zu können? Nicht vergessen darf man auch, dass ganze Existenzen am Feuerwerk hängen, die man schließlich mit dem Kauf von Böllern sichert. Man tut also gleichzeitig noch etwas Gutes. Außerdem ist es eine alte Tradition, das war schon immer so und das bleibt auch so, das lässt man sich nicht verbieten. Punkt.
Volle Krankenhäuser, tonnenweise Müll, verschreckte Tiere - was soll‘s?
Katerstimmung herrscht hingegen meist schon kurz nach Mitternacht in den Krankenhäusern, wo Verbrennungen und abgetrennte Gliedmaßen behandelt werden. In Zeiten von Personalmangel mag man nicht daran denken, welche Folgen Verzögerungen bei der Behandlung haben könnten. Und auch die Straßenreinigung hat die Folgetage viel von den Spaß-Resten zu beseitigen, die quer über Gassen und Gärten verteilt herumliegen. Und da wären wir auch schon bei den Gegnern, die Befürworter nennen sie Spaßbremse.
Man muss es zugeben: Die Argumente derer, die Feuerwerk ablehnen oder sogar am liebsten verbieten würden, wiegen schwer: Verletzungsgefahr, Umweltverschmutzung, unnötiges Geld-Verballere und natürlich die Tiere. Während sich Hundebesitzer mit ihren Gefährten im Keller verbarrikadieren, können sich die Wildtiere kaum vor dem erschreckenden Lärm und den Lichteffekten schützen. Die Folgen sind Angst und Verwirrung. Der Böllerhölle zu entkommen, scheint für Menschen und Tiere, die das nicht wollen, fast unmöglich. Tja, das müssen die wohl aushalten, oder?
Der Feinstaub-Zeigefinger
Kurz nach Mitternacht werden wieder viele die übliche Warnung der Wetter-App auf ihre Smartphones bekommen: „Die Luftqualität ist deutlich schlechter als gestern um diese Zeit.“ Dabei zeigt die geografische Karte das Gebiet knallrot anstelle von sonst blau oder grün. Als Hauptschadstoff wird dann Feinstaub genannt. Das Umweltbundesamt erklärt in einer soeben erschienenen Publikation, „dass am ersten Tag des neuen Jahres die Luftbelastung mit gesundheitsgefährdendem Feinstaub vielerorts so hoch ist wie sonst an keinem anderen Tag im ganzen Jahr.“ Im Durchschnitt werden in der Silvesternacht rund 1500 Tonnen Feinstaub freigesetzt, das entspricht einem Prozent der insgesamt in Deutschland freigesetzten Menge in einem ganzen Jahr. Und da kommt schon der erhobene Zeigefinger: Feinstaub reizt nicht nur kurzfristig die Atemwege, sondern kann auch zu Langzeitschäden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs führen.
Spaß oder Vernunft: Wo steht Ihr?
Während NABU, PETA und viele andere Organisationen ein generelles Verbot des Verkaufs von Feuerwerkskörpern fordern, denken sich die Fans: Als nächstes werden die uns noch den Sekt zum Anstoßen verbieten, so gesundheitsschädlich wie der ist. Aber die eine Nacht wird schon nicht zu Krebs führen. Und wer zu blöd dazu ist, einen Böller richtig anzuzünden, ist selbst schuld, wenn er sich verletzt. Es lebe die Freiheit! Nun ja, liebe Fans, es ist schon ein bisschen schwierig, diesen ewigen Ablehnern mit ihren doch fundierten Gründen nur ein einziges Argument entgehen setzen zu können, nämlich: Es macht einfach Spaß. Genügt das?
Liebe Leser, nun ist es auch wieder an Euch, eindeutig Stellung zu beziehen und sich von der Gegenseite entweder als ignorant, realitätsfern und egoistisch oder als engstirniger Verbotsfanatiker beschimpfen zu lassen. Gehört Ihr nun zur Spaß- oder zur Vernunft-Fraktion? Eines ist sicher: Das Thema lässt keinen kalt. Zumindest nicht an Silvester und Neujahr. Danach wird sich der Bruch, der durch die Gesellschaft und sogar durch manche Familien und Beziehungen geht, auch schnell wieder geschlossen haben. Spätestens ab dem 2. Januar ist jeder sowieso nur noch mit dem eigenen inneren Schweinehund und den guten Vorsätzen beschäftigt. Prost!
mf