Studie zu Kompaktwagen
Verbrenner oder Elektroauto? VDI-Experte: „Wir müssen weg von der Verbotspolitik“
Eine VDI-Studie zeigt: Elektroautos und Hybrid-Fahrzeuge sind klimaschonender als Verbrenner. Allerdings erst nach mindestens 65.000 Kilometern – und nur unter bestimmten Umständen.
Düsseldorf/Berlin – Ottos Erbe ist Geschichte. Der Verbrennermotor, den Nicolaus August Otto im 19. Jahrhundert entwickelt hatte, hat wohl bald ausgedient. Ab 2035 dürfen in der EU keine neuen Diesel- oder Benzinautos mehr zugelassen werden, denn sie gelten als klimaschädlich. Eine aktuelle Studie vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) zeigt: In der Tat sind Elektroautos und Hybridfahrzeuge deutlich klimafreundlicher als Verbrennerautos. Aber erst in der Langzeitbetrachtung – und nur unter bestimmten Umständen.
Elektroautos und Hybridfahrzeuge starten mit CO2-Gepäck
Demnach ist laut der aktuellen Ökobilanzstudie des VDI die Nutzung eines Elektroautos erst dann klimaschonender als die eines Verbrennerautos, wenn es mindestens 65.000 Kilometer gefahren und ausschließlich mit Ökostrom geladen wurde. Denn bis dahin habe ein E-Auto eine Menge CO2-Gepäck an Bord, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz des VDI in Düsseldorf: „E-Autos und Hybridfahrzeuge starten durch die ressourcenintensive Herstellung der Antriebstechnologie bei ihrer Ökobilanz mit einem ökologischen Rucksack. Die ressourcenintensive Batterieproduktion findet fast ausschließlich in Asien statt, dabei fallen große Mengen CO2 an“, sagt Joachim Damasky, Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik.
Batterieproduktion in Deutschland: „Mehr in die Wertschöpfung investieren“
Wird ein Elektroauto nicht nur mit Ökostrom, sondern mit dem üblichen Energiemix geladen wird, muss es sogar mindestens 90.000 Kilometer fahren, um insgesamt klimafreundlicher als Benziner oder Diesel zu sein. „Die Ergebnisse zeigen, dass wir in vielen Bereichen einen erheblichen Handlungsbedarf haben“, so VDI-Präsident Lutz Eckstein. Einerseits müsse die Produktion grünen Stroms vorangetrieben werden. „Zum anderen müssen wir wieder mehr in die Wertschöpfung in Deutschland und Europa investieren, insbesondere im Bereich der Batterie- und Zellfertigung.“ Erst eine grüne Produktion der Batterien und ihrer Vormaterialien reduziere den ökologischen Fußabdruck und mache die E-Mobilität wirklich klimafreundlich.
Für die Studie haben die Ingenieurinnen und Ingenieure mehrere Kompaktautos untersucht, wie etwa VW ID.3, VW Golf, Ford Focus oder das Hybridmodell Toyota Corolla. Autos mit Wasserstoff-Brennstoffzelle wurden gar nicht berücksichtigt. Grund: „Diese werden zumindest im Pkw-Bereich in den nächsten zehn bis 20 Jahren keine Rolle spielen“, so Eckstein.
Experte: Elektroauto mit kleiner Batterie „ist das Mittel der Wahl“
„Ein Elektrofahrzeug mit kleiner Batterie ist das Mittel der Wahl“, so VDI-Experte Damasky. Doch E-Mobilität allein reiche nicht aus, um die Klimaziele der Politik zu erreichen. „E-Fuels spielen dabei ergänzend eine entscheidende Rolle“, so Damasky. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, die mithilfe von Strom hergestellt werden. Sie können auch in Bestandsfahrzeugen mit Verbrennermotoren zum Einsatz kommen. E-Fuels in den benötigten Mengen zu produzieren, ist aktuell noch ein Problem und erfordert nach Experteneinschätzung noch Jahre der Forschung. Gefördert wurde in der EU indes zuletzt eher die batteriebetriebene Elektromobilität.
Verbrenner-Verbot Thema beim Europawahlkampf?
„Wir leben in einer Zeit, in der Technologieoffenheit eingeschränkt wird“, so VDI-Präsident Lutz Eckstein. „Wir müssen weg von der Verbotspolitik.“ Sein Kollege Joachim Damasky glaubt gar: Zum Verbrenner-Verbot in der EU sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. „Das wird noch Thema im Wahlkampf vor der Europawahl.“ Tatsächlich hatte der CSU-Politiker Manfred Weber, der Europaabgeordneter der konservativen EVP ist, kürzlich via X (Twitter) gefordert: „Wir sollten das in dieser Legislaturperiode beschlossene Verbrenner-Verbot nach der Europawahl rückgängig machen. Wir müssen diese von Rot und Grün betriebene Entscheidung, die zu massiven Wettbewerbsnachteilen für die EU führt, heilen.“
Rubriklistenbild: © Gerasimovi/imago