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Erdogans Wirtschaftsmanöver

Starökonom Acemoglu erwartet „schwierige Tage“ für die Türkei:

Die Armut steigt in der Türkei weiterhin. Inzwischen braucht eine vierköpfige Familie das Dreifache des Mindestlohns, um über die Runden zu kommen - und es wird immer schlimmer.

Ankara – Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte im Vorfeld der Türkei-Wahl im Mai Wohlstand versprochen, sollte er als Sieger hervorgehen. Ein „Jahrhundert der Türkei“ versprach er seinen Wählern damals. Die Realität sieht dagegen anders aus. Die sogenannte „Armutsgrenze“ liegt nach Berechnungen der Gewerkschaft „TÜRK-İŞ“ inzwischen bei 39.733 TL.

Vierköpfige Familie braucht 40.000 TL zum Überleben

Das bedeutet, eine vierköpfige Familie braucht so viel Geld, damit sie über die Runden kommt. Darin sind Kosten wie Lebensmittel, Miete, Energie und Kleidung gemeint. Familien, die unter dieser Grenze liegen, können einen Teil dieser Kosten nicht mehr bezahlen und gelten daher als „arm“. Bedenkt man, dass der Mindestlohn in der Türkei gerade einmal 15.000 TL beträgt, sieht man, wie schwierig die Lebensbedingungen in der Türkei geworden sind.

Einen Anstieg gab es auch bei der sogenannten „Hungergrenze“, die die Lebensmittelkosten für eine ausgewogene Ernährung für eine vierköpfige Familie bemisst. Die liegt inzwischen bei 12.198 TL. Grund dafür sind stark ansteigende Lebensmittelpreise. Laut „TÜRK-İŞ“ sind die Lebensmittelpreise in den ersten 8 Monaten des Jahres um 50,02 Prozent gestiegen. In den vergangenen 12 Monaten mussten die Menschen sogar 107,89 Prozent mehr für Lebensmittel ausgeben.

In der Türkei wächst die Armut zunehmend.

Auch die offiziellen Zahlen zeigen, dass die Wirtschaftskrise nach den Wahlen weiter anhält. Die Inflation liegt nach Zahlen des Statistikamtes TÜIK bei 47, 83 Prozent. Das unabhängige Wirtschaftsinstitut gibt die Inflationszahlen sogar mit 122, 88 Prozent an. Weder der neue Finanzminister Mehmet Simsek noch die neue Präsidentin der Notenbank, Hafize Gaye Erkan, konnten an den miesen Wirtschaftszahlen bislang etwas ändern. Sie hatte zuletzt massiv die Leitzinsen erhöht.

Zinsen anheben und Inflation eindämmen

Der türkisch-aremnische Starökonom Daron Acemoglu vom Massachusetts Institute of Technologie (MIT) sieht die Maßnahmen der türkischen Regierung als nicht ausreichend an und schlägt einen Vier-Punkte-Plan vor. „Die erste besteht darin, die Zinssätze anzuheben und die Realzinsen über Null zu bringen, um die Inflation einzudämmen“, schreibt Acemoglu auf dem Kurznachrichtendienst „X“ (vormals Twitter).

Stärkung der Demokratie und Meinungsfreiheit

„Zweitens muss gleichzeitig ein Prozess zu institutionellen Reform eingeleitet werden. Auch das ist sehr wichtig. Es sollte mit der Stärkung der Meinungsfreiheit und der demokratischen Rechte beginnen. Aber auch Strukturreformen, die sich direkt auf die Wirtschaft auswirken, sind sehr wichtig“, so Acemoglu

Der Wirtschaftsprofessor schlägt als dritten Schritt vor, Ressourcen aus dem Ausland zu holen, um damit die Inflation zu bekämpfen. Zudem sollten mit dem Geld die Unternehmen und Banken in der Türkei gestärkt werden. Acemoglu sei sich aber nicht sicher, ob die Wirtschaftsbehörden ausländisches Kapital richtig einsetzen würden. „Während der vorherigen Amtszeit von Mehmet Şimşek gab es viele Ressourcen, die nicht richtig genutzt wurden. Das war die Zeit, in der die Produktivität der Türkei am niedrigsten war“, schreibt der Ökonom.

Armut bekämpfen

Der MIT-Professor fordert als vierten Punkt dafür zu Sorgen, dass die Armut nicht zunimmt. „Mit ausländischen Ressourcen und fundierten institutionellen Reformen müssen wir sowohl die Investitionen erhöhen als auch das soziale Sicherheitsnetz stärken“. Allerdings sei er sich nicht sicher, ob die Regierung hierbei die richtige Politik verfolgt.

Am Ende seiner Posts auf dem Kurznachrichtendienst gibt Acemoglu allerdings ein ernüchterndes Urteil ab. „Ich denke, die Türkei und das türkische Volk stehen vor schwierigen Zeiten“.

Rubriklistenbild: © IMAGO/Tolga Ildun

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