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Fragen und Antworten
Trump, Rohstoffe und Unabhängigkeit – Was die Überraschung bei der Grönland-Wahl bedeutet
Grönland hat ein neues Parlament gewählt. Das ist in normalen Zeiten keine Nachricht von globalem Rang. In der Ära Trump ist aber wenig normal.
Update vom 12. März: Die Wahl in Grönland hat einen unerwarteten „Erdrutschsieg“ erbracht, wie der dänische Rundfunk DR meldet: Die beiden langjährigen Regierungsparteien sind abgestürzt, gewonnen hat die sozialliberale Partei Demokraatit mit 29,9 Prozent der Stimmen – mehr als 20 Prozentpunkte mehr als noch 2021. Geworben hatte Demokraatit mit Steuersenkungen oder auch einer 32-Stunden-Arbeitswoche.
Auch der neue Stimmenkrösus ist für eine Unabhängigkeit von Dänemark. Allerdings in deutlich vorsichtigem Tonfall: Jede Entscheidung müsse zwar in Richtung Selbstständigkeit führen, erklärte die Partei dem Sender. Bevor man sich allerdings von Dänemark lossage, müsse das Ausbildungsniveau auf der Insel steigen und auch die Wirtschaft „markant“ vorbereitet sein. Das sind keine kurzfristigen Projekte.
Vielleicht noch wichtiger: Einem simplen Beitritt zu den USA hat Demokraatit im Wahlprogramm eine auch in der Wortwahl sehr klare Absage erteilt. „Grönland steht nicht zum Verkauf. Nicht heute. Nicht morgen. Niemals“, heißt es dort.
Rechnerisch möglich wären nun Koalitionen der Demokraatit mit der bisherigen Ministerpräsidentenpartei Inuit Ataqatigiit (zusammen 17 von 31 Sitzen) oder mit der Partei Naleraq, die ebenfalls stark zulegte (18 von 31 Sitzen) – allerdings für eine schnelle Loslösung von Dänemark trommelt. Als Drei-Parteien-Bündnis wäre theoretisch auch eine Zusammenarbeit mit der sozialdemokratischen Siumut und der unabhängigkeitsspektischen konservativen Atassut denkbar. Die wichtigsten Informationen im Überblick:
Trump, Rohstoffe und Unabhängigkeit – Worum es bei der Grönland-Wahl geht
Hintergrundbericht zur Grönland-Wahl: Gut 56.000 Einwohner hat Grönland, 31 Sitze zählt das Parlament in der Hauptstadt Nuuk. Normalerweise interessiert die Wahl international kaum. Aber es sind keine normalen Zeiten: Donald Trump ist wieder US-Präsident, das Eis schmilzt und legt Bodenschätze frei, die internationale Sicherheitsordnung wackelt - und auf einmal steht Grönland im Fokus.
Trump erklärte in seiner ersten Kongress-Rede in der neuen Amtszeit, die USA würden Grönland bekommen, auf dem einen Weg oder dem anderen. Fürs Erste versucht er es mit hochtrabenden Versprechen. Sollte Trump vom Äußersten – einer Invasion – absehen, wird die Wahl 2025 am Dienstag (11. März) eine große Rolle für Grönlands Zukunft spielen. Das Wichtigste im Überblick:
Grönland wählt – wie unabhängig von Dänemark ist die Insel?
Wie ist der Status Quo auf Grönland? Grönland war lange Zeit eine nahezu rechtlose Kolonie Dänemarks. Ein tiefer Einschnitt kam mit dem Zweiten Weltkrieg. Das vom deutschen NS-Regime besetzte Dänemark verlor die Kontrolle über die Insel. Die USA versorgten Grönland und bauten Militärbasen. Ein Kaufangebot der Vereinigten Staaten schlug Kopenhagen nach Kriegsende aus – doch die ersten Weichen in Richtung Abkapselung von Dänemark waren gestellt.
Große Politik – im Grönlandformat: Ministerpräsident Mute B. Egede spricht ins Megafon, Siumut-Chef Erik Jensen hält bei einer Anti-Diskriminierungsdemo die Landesfahne.
Nach dem Krieg investierte Dänemark in Grönlands Infrastruktur. Seit 1979 ist Grönland mit der „Heimverwaltung“ teilautonom, nach und nach wanderten Verwaltungsaufgaben in die Hauptstadt Nuuk. 2009 folgte mit der Selvstyre, der „Selbstverwaltung“, die nächste Stufe der Unabhängigkeit. Es gilt aber weiterhin die „Rigsfælleskab“, die „Reichsgemeinschaft“: Grönland gehört zu Dänemark. Und Dänemark bezahlt einen „Bloktilskud“, einen festgelegten Unterstützungsbetrag. Anders als noch in der „Heimverwaltung“ erhöht die Übernahme von weiteren Aufgaben nicht mehr Grönlands Zuschuss aus Dänemark. Das hat den Enthusiasmus beim Ausbau der Eigenständigkeit gedämpft.
Grönland-Wahl: Parteien und Ergebnisse
Welche Parteien treten zur Grönland-Wahl an – und was wollen sie? Grönland hat ein – bis auf lose Kooperationen – von Dänemark unabhängiges Parteiensystem. Allerdings ein recht überschaubares. Sechs Parteien treten zur Parlamentswahl an, fünf davon haben bereits 2021 Sitze erobert.
Partei
Ergebnis 2021
Ausrichtung
Inuit Ataqatigiit
37,4%
links
pro Unabhängigkeit
Siumut
30,1%
sozialdemokratisch
pro Unabhängigkeit
Naleraq
12,3%
zentristisch
klar separatistisch
Demokraatit
9,3%
sozialliberal
vorsichtig pro Unabhängigkeit
Atassut
7,1%
konservativ
unabhängigkeits-skeptisch
Qulleq
neu
populistisch
klar separatistisch
Dass die neue Regierung weiter eine Unabhängigkeit anstreben wird, scheint so gut wie klar. Umfragen zeigen immer wieder eine große Mehrheit im Land für die Loslösung von Dänemark. Wie schnell und entschieden die vorangetrieben wird – das ist die große Frage. Offen ist auch, ob Trumps Avancen die Wählermeinung beeinflussen. Aus Kopenhagen hatte es zuletzt Warnungen gegeben, die USA würden ein komplett unabhängiges, allianzfreies Grönland nicht tolerieren.
Aktuell bilden die beiden größten Parteien, Inuit Ataqatigiit (Gemeinschaft des Volkes, IA) und Siumut, die Regierung. Eine Koalition der IA mit der schärfer unabhängigkeitsgesinnten Naleraq war 2022 nach nur einem Jahr geplatzt. Amtsinhaber Mute B. Egede ist vor der Wahl Favorit auf den Posten als Regierungschef.
Er wollte Berichten zufolge ein breites Regierungsbündnis ins Auge fassen – was schon wegen der nötigen Kompromisse für einen eher vorsichtigen Kurs sprechen könnte. Nicht ausgeschlossen, dass eine größere Koalition ohnehin nötig wird. Eine Umfrage das Marktforschungsunternehmen Verian aus dem Februar sah die Regierungsparteien geschwächt (31 Prozent IA, rund 22 Prozent Siumut), die selbstständigkeitskritische Demokraatit verdoppelt, Naleraq am anderen Endes des Spektrums zumindest erstarkt (+ vier Prozentpunkte).
Grönlands Wahl und die Unabhängigkeit: Wo die Probleme liegen
Grönland will unabhängig werden – wo ist das Problem? Für Grönlands Weg zur Unabhängigkeit gibt es weniger politische Hürden – Dänemark betonte gerade zuletzt immer wieder Grönlands in der „Selbstverwaltung“ bereits verbrieftes Selbstbestimmungsrecht – als wirtschaftliche. Rund 4 Milliarden Dänische Kronen (540 Millionen Euro) plus Kosten für Polizei und Verteidigung überweist Kopenhagen nach Regierungsangaben jedes Jahr, in etwa der halbe Haushalt Grönlands. Ein schwer zu ersetzender Betrag.
Hinzu kommen praktische Probleme. „Auch die Dänen sind daran interessiert, dass Grönland etwas eigenständiger wird. Grönland hätte auch längst mehr Eigenständigkeit haben können, wenn es sich dafür entscheiden würde“, sagte der Arktisexperte Michael Paul von der Stiftung Wissenschaft und Politik zuletzt IPPEN.MEDIA. Allerdings lasse sich mit 56.000 Einwohnern schwer „ein Staat machen“: „Insbesondere bei einem niedrigen Bildungsgrad wie in Grönland. Insofern braucht es Finanzierungsquellen; da liegt der Bergbau nahe. Und die Bevölkerung muss befähigt werden, den eigenen Staat zu übernehmen.” All das wird aber Zeit brauchen.
Warum interessiert sich Trump überhaupt für Grönland? „Wir wissen, dass Donald Trump 2019 von einem Freund darüber informiert worden ist, dass auf Grönland eine der weltgrößten Fundstätten an Metallen und Seltenen Erden ist”, erläuterte Paul. Davon abgesehen hätten die USA schon sieben Mal Angebote für den Kauf Grönlands abgegeben. Die Gründe seien immer dieselben: „Die strategische Lage und die Ressourcen.“ Letztere könnten durch den Klimawandel zunehmend leichter zugänglich werden.
Trump erzürnt Grönland mit „Einmischung“ – pro US-Äußerungen vor der Wahl nicht mehr populär
Wie reagiert Grönland auf Trump? Nicht nur in Dänemarks Politik ist von „Wahleinmischung“ die Rede. Grönlands Ministerpräsident Egede hat Trump kurz vor dem Wahltag in außergewöhnlichen harschen Worten eine Abfuhr erteilt. „Wir verdienen Respekt, und ich kann nicht erkennen, dass der amerikanische Präsident den zuletzt erwiesen hat“, sagte er dem Sender DR. Trump sei „unberechenbar“.
Der Regierungschef steht mit der Haltung nicht allein da. Auch sein Finanzminister Erik Jensen vom Koalitionspartner Siumut warf Trump bereits „mangelnden Respekt“ für Grönland und dessen Demokratie vor. Und der Politikwissenschaftler Ulrik Pram Gad sah im Gespräch mit DR wenig Zuspruch für einen Anschluss an die USA unter den Parlamentsparteien. „Naleraq, die am Anfang vermutlich am positivsten eingestellt war, ist in Sachen dieser US-Verbindung bereits wesentlich leiser geworden.“
Donald Trumps Kabinett: Liste voller skandalöser Überraschungen
Die Siumut kritisierte diese „unklare Haltung“ zuletzt scharf – wobei ein Siumut-Abgeordneter zuvor sogar nach Washington gereist war, um mit Trumps Grönland-Ideengeber Andy Ogles zu sprechen. Populär sind solche Aktionen offenbar nicht mehr. IA-Politikerin Aaja Chemnitz nannte Trumps jüngste Versprechungen an Grönland schlicht „verzweifelt“. Sorge bereitet allerdings mögliche Einflussnahme von außen: Die kleine Wahl wäre ein vergleichsweise leichtes Ziel. Anfang Februar verbot Grönland anonyme und ausländische Spenden an Parteien und Politiker. (fn)